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„Setz dich hin, du Oaschloch!“ - Silvester-Repression in Wiener Gemeindebau


(Lokalbericht aus Wien/Floridsdorf)



In der Silvesternacht wurde ein „repressives Vorgehen“ der Polizei angekündigt. Nun wurden Videos von einem Einsatz in einem Wiener Gemeindebau veröffentlicht, in denen zu sehen ist wie die Polizei Jugendliche schikaniert und schlägt.


Die Polizei sagt zum Einsatz im Dr. Franz-Koch-Hof, einem neueren Gemeindebau in Wien-Floridsdorf, dass Jugendliche Böller geworfen hätten, einige auch in Richtung Polizei. Einige Videos, die über die „Sozialen Netzwerke“ verbreitet wurden, zeigen aber was sich wirklich in der Mitterhofergasse abgespielt hat: Nach dem Feuerwerk sieht man um die 30 Polizisten mit Masken (sind das Zivilpolizisten?), Schlagstöcken, Helmen und sogar Schildern. Es muss ein wirkliches Großaufgebot gewesen sein, das in den Gemeindebau mobilisiert wurde.


Ein Jugendlicher beschwert sich. Ein Polizist mit Helm und Schild geht ihn an: „Setz dich sofort hin, du Oaschloch!“, und schubst ihn gegen ein paar Steinstufen. Danach sieht man, wie er ihn an der Kehle packt. Ein anderer Jugendlicher fordert: „Ich möchte sofort ihre Dienstnummer haben!“ Der Polizist mit dem er redet wirft ihn stattdessen auf den Boden und reißt ihm das Handy aus der Hand. Das Video endet an dieser Stelle. Im Netz tauchten auch mehrere Fotos von Verletzungen bei den Jugendlichen auf: blutende Schürf- und Rissquetschwunden auf der Stirn und am Finger. Nichts davon ist lebensbedrohlich, aber es zeigt klar die Gewalt, die gegen Jugendliche angewendet wurde, die für die Bevölkerung keine größere Bedrohung dargestellt haben als zu Böllern. Die Polizei lässt die Muskeln spielen, und zeigt „wer der Chef ist“. Kuschen vor dem Staat, das soll hier beigebracht werden.


So ein Vorgehen von der Polizei kommt natürlich überhaupt nicht überraschend. Über einen Monat haben sich die Monopolmedien mit Alarmartikeln überschlagen, dass sich die Polizei auf „Silvester-Krawalle“ vorbereitet (Die Rote Fahne berichtete). Diese hetzerische Stimmung wurde gezielt verbreitet, und genutzt um die Befugnisse der Polizei über den bisherigen Rahmen auszuweiten: So wurden zu Silvester zusätzliche 1.000 Polizisten eingesetzt, 500 davon alleine in Wien. Außerdem wurde in der Hauptstadt heuer zum ersten Mal eine Durchsuchungsverordnung erlassen, also die Erlaubnis, Rucksäcke und Taschen zu kontrollieren. Die Schikanen in dem Park zeigen, was die Folge solcher Hetzkampagnen ist, nämlich mehr Repression und Gewalt durch staatliche Behörden.


Die Polizei betont jetzt, dass es Beschwerden nur „in den sozialen Medien“ gegeben hätte, und nicht an der offiziellen Stelle für Polizeigewalt. Offensichtlich wollen sie das Videomaterial als unglaubwürdig hinstellen. Fälle, die an die offizielle Prüfstelle gemeldet werden, haben zur Folge, dass die Polizei gegen sich selbst ermitteln würde. Deshalb wundert es auch nicht, dass so gut wie keine Beschwerde jemals durchkommt, etwas das demokratische Organisationen und Personen seit Jahren kritisieren.


Dass einige Wenige sich von der Polizei immer noch ein „härteres Vorgehen“ wünschen, und sich von dieser Hetzkampagne mitreißen lassen, ist einem gegenseitigen Ausspielen der Bevölkerung durch die Herrschenden geschuldet. „Mich betrifft es ja nicht, solange ich mich an die Regeln halte“ – dieses Argument verschließt die Augen davor, dass es genau solche Momente sind, welche demokratische Rechte der Bevölkerung insgesamt zunehmend einschränken. Mit verschärften Gesetzen und zunehmender Aufrüstung nach innen, bereitet sich die Polizei auf Protest und Widerstand vor.


Als Vorwand braucht es offensichtlich auch keine eine reale Bedrohung. Und wenn es keine wirklichen „Silvester-Krawalle“ gibt, fährt die Polizei eben mit einem Großaufgebot in einen Arbeiter- und Migrantenbezirk und schikaniert dort die Menschen. Das wirkliche „Verbrechen“ der Jugendlichen war dabei natürlich nicht das Böllern, sondern ihre große Menge: Drei Verhaftungen, aber ganze 200 Identitätsfeststellungen hat es in dem Gemeindebau an dem Abend gegeben. Ziel solcher Aktionen ist das Zusammenkommen von größeren Gruppen zu kriminalisieren, selbst wenn sie zu offensichtlich harmlosen Zwecken zusammenkommen. Und das ist de facto eine weitere Einschränkung der Versammlungs- und Bewegungsfreiheit. Um diese Rechte zu verteidigen – und ja, auch um das Recht zu Feiern zu verteidigen – war der Protest der Jugendlichen gegen die Schikane im Dr. Franz-Koch-Hof gerechtfertigt und muss verteidigt werden.








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