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Serbien: Erneut Massenproteste gegen Lithiumabbau

Aktualisiert: 12. Aug.



Umweltzerstörung für „Grüne Mobilität“ ?


Am Samstag, den 10. August wurden in ganz Serbien Massenproteste organisiert. Bereits in den vergangenen Tagen kam es in vielen Städten im ganzen Land zu Protesten, bei denen die Demonstrierenden Gesetze forderten, die geologische Forschung und Lithiumgewinnung in ganz Serbien dauerhaft verbieten sollen. Die Menschen wehren sich gegen das vor einigen Wochen unterzeichnete Abkommen zwischen der EU und Serbien zum Lithiumabbau. Bereits vor zwei Jahren gab es eine große Protestbewegung gegen den geplanten Lithiumabbau im Jadar Tal. (Wir berichteten: Link) Nach monatelangen Straßenblockaden durch die Bevölkerung musste Präsident Vucic Zugeständnisse machen und verabschiedete eine Verordnung, die den Abbau von Lithium und in Serbien verbietet. Das serbische Verfassungsgericht hob nun diese Entscheidung wieder auf und die serbische Regierung unterzeichnete im Juli das Abkommen mit der EU.


Vor allem Deutschland hat Ambitionen die Abhängigkeit vom chinesischen Lithium zu reduzieren. Wenige Tage vor der Unterzeichnung des Kooperationsabkommens mit der EU hat Serbien dem britisch-australischen Bergbauunternehmen Rio Tinto erneut grünes Licht für die Erschließung des Lithiumvorkommens gegeben. Die Schauspielerin Jelena Stupljanin, welche Teil der Protestbewegung ist, betonte in ihrer Rede, dass es notwendig ist einen Kampf für saubere Luft, sauberes Wasser und sauberes Land zu führen, denn der wahre Reichtum läge in gesunden Nahrungsmitteln und Land, das jedoch wolle die Regierung einem ausländischen Unternehmen übergeben und hob hervor „Jadar gehört uns“.(1)


Das geplante Bergwerk soll nach Schätzungen des Unternehmens Rio Tinto jährlich etwa 58.000 Tonnen Lithium produzieren. Die Gewinnung des Rohstoffs, der für die Herstellung von Batterien, vor allem auch für Elektroautos benötigt wird, bedeutet für die Umwelt schwere Schäden, wogegen sich große Teile der Bevölkerung Serbiens stellen. Rio Tinto ist kein unbeschriebenes Blatt, dieses Unternehmen ist für das größte Grubenunglück in Lassing/Österreich verantwortlich. Bei diesem Grubenunglück im Jahr 1998 starben zehn Menschen, weil Rio Tinto den Grubenbau illegal zu nahe an der Erdoberfläche und bis unter verbautes Gebiet vorangetrieben haben soll. Zudem gab es keine aktuellen Pläne der Grube und die Rettungsmannschaften konnten sich nur nach den Aussagen der Bergleute richten. In Australien lies das Unternehmen eine 46.000 Jahre alte Kulturstätte der Aborigines sprengen, um das dortige Eisenbergwerk zu erweitern.

 


Welche Umweltschäden beim Lithiumabbau entstehen


Zur Herstellung von einem Kilo Lithium werden 2000 Liter Wasser benötigt. Zudem werden viele Chemikalien zum Lösen des Lithiums eingesetzt, die inklusive der nicht benötigten Schwermetalle in die Umwelt gelangen. Das Grundwasser wird kontaminiert und das Trinkwasser gefährdet, zudem könnte der Grundwasserspiegel bei derart hohem Verbrauch generell sinken. Bei der Gewinnung aus Hartgestein, wie hier in Serbien, werden täglich etwa 1.000 Tonnen Schwefelsäure eingesetzt, die entstehenden giftigen Abwässer verpesten die Flüsse Jadar und Korenita. Da das Jadar Tal ein Überschwemmungsgebiet ist, können Toxine über diese beiden Flüsse in die Donau, Sava und Drina gelangen. Zudem ist das Grundwasser durch Arsen gefährdet.


Jadar Fluss

Was bedeutet die Mine für die Bevölkerung


Der Ausverkauf im Jadar Tal, genauer gesagt im Dorf Gornje Nedeljica, hat schon begonnen. Verlassene Häuser mit verwilderten Gärten stehen zwischen Bauernhöfen und den umherlaufenden Schafen. Rote Schilder mit der Aufschrift „Betreten verboten“ und Absperrungen verdeutlichen, dass Rio Tinto die Grundstücke und Gebäude schon gekauft hat. Angeblich zum dreifachen des üblichen Preises. Bei vielen Häusern fehlt das Dach – das Bergbauunternehmen zahlt noch mehr, wenn die ehemaligen Eigentümer das Dach abdecken – eine Strategie, die an psychologische Kriegsführung erinnert, um auch jene, die noch da sind unter Druck zu setzen. Laut Umweltnetzwerk Mars sa Drine muss Rio Tinto von insgesamt 335 Eigentümern die insgesamt 600 Hektar Land kaufen. Die Bevölkerung des Jadar Tals lebt von ihrem Land, Felder, die bestellt werden, Schafe die durch die Landschaft ziehen. „Dieses Land gehört unseren Kindern, wir sind auf diesem Land aufgewachsen und werden auf diesem Land sterben – wir sind nicht interessiert an ihren Profiten!“ meint ein betroffener Landwirt aus Gornje Nedeljica.(2)

 


Bekämpfung des Klimawandels oder Spekulation auf Megaprofite?


Ist es wirklich das Bestreben der Herrschenden und der Unternehmen sich für Umwelt- und Klimaschutz einzusetzen? Die Kapitalisten streben nach neuen Märkten und Möglichkeiten Profit zu generieren – und mit Lithium kann sehr viel Profit generiert werden, hat sich doch der Preis für eine Tonne Lithiumcarbonat von 12.600 US-Dollar im Jahr 2021 auf wahnwitzige 68.100 US-Dollar im Jahr 2022 erhöht. Zwar sinkt der Preis gerade, das wird sich jedoch ob einer größeren Nachfrage sehr rasch wieder ändern. Den Herrschenden geht es weder um Umweltschutz noch um den Schutz der Bevölkerung vor umweltschädlichen Belastungen, die durch Monopolkonzerne weltweit verursacht werden. Den Langzeitfolgen solchen Raubbaus werden erst die nächsten Generationen ausgeliefert sein, da diese heute noch gar nicht beurteilt werden können.

 


(2) Euronews

 

Quelle: ORF, RTS, Euronews

 

Bildquelle:

Fluss Jadar, Tiefkühlfan, CC BY 4.0

Tagebau, public domain, Pixabay


 

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