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Lobau-Camp gewaltsam geräumt – Protest geht weiter!


Am 1. Februar wurde das seit fünf Monaten bestehende Protestcamp an der Hausfeldstraße gewaltsam durch die Polizei geräumt. Das Camp richtete sich vorwiegend gegen den Bau des Lobautunnels und der -Autobahn, sowie gegen die geplante Stadtstraße. 48 Aktivistinnen und Aktivisten wurden festgenommen, am Abend kam es zu einer Solidaritätsdemonstration.


Während der Räumung, die um 8 Uhr früh begann, wurde das Gebiet rund um das Camp großflächig abgesperrt. Der Autoverkehr wurde umgeleitet und die Wiener Linien hielten nicht im näheren Umfeld des Camps. Dabei wurde in den öffentlichen Verkehrsmitteln eine “Betriebsstörung” als Grund angegeben, die sich nur als Vorwand dafür herausstellte, solidarische Personen von der Hinreise abzuhalten. („U2, 26, 85A, 95B, 97A Betriebsstörung”) Der öffentliche Verkehr wurde damit zu einem Teil der Repressionsmaßnahmen gegen den Protest. Von Seiten der Wiener Linien wurde bekannt gegeben, dass die „Betriebsstörung“ auf Anweisung der Polizei erfolgt ist. Dass hier Polizei und öffentlicher Verkehrsdienst Hand in Hand arbeiten zeigt, dass weder der öffentliche Verkehrsdienst, noch andere Teile des Staatswesens „neutral” sind, sondern auf Weisung arbeiten und gegebenenfalls auch für die Durchsetzung politischer Interessen und Repression gegen die Bevölkerung eingesetzt werden. Die Polizeipräsenz beim Einsatz war enorm, ganz offensichtlich war das Motto „Koste es was es wolle”. Trotz der Versuche Solidarität zu verhindern, kamen hunderte Unterstützerinnen und Unterstützer, um gegen die Räumung zu demonstrieren.


Die Zuständige MA28, Verkehrsstadträtin Ulli Sima, wie auch Bürgermeister Ludwig betonten schon während der Räumung, dass sie sich „eine friedliche Lösung” gewünscht hätten. Was war aber nun diese „friedliche Lösung”? Schlagstöcke, Pfefferspray und Festnahmen mit Handschellen, laut Informationen aus dem Umfeld der Besetzerinnen und Besetzer wurde auch eine 12-jährige festgenommen! Ebenso betonten Ludwig und Sima während der Räumung: „Wir haben als Stadt Wien auf sämtlichen Ebenen seit Oktober versucht, in Gespräche mit den Besetzerinnen und Besetzern zu kommen. Es gab dazu unzählige Angebote, leider ohne Erfolg.” Die Aktivistinnen und Aktivisten des Lobau-Camps betonen in ihren Aussendungen jedoch, dass es nie zu wirklichen Verhandlungen gekommen ist, sondern Sima lediglich über einen „geordneten Abzug” reden wollte. Auf Twitter schrieb „System Change, not Climate Change”: „Es ist nachweislich falsch, dass ‚Gesprächsangebote erfolglos‘ blieben @BgmLudwig! Erst am 23.01. war eine LobauBleibt -Delegation im Rathaus bei Ulli Sima. Sie war nicht zum offenen Dialog über Alternativen bereit.” Dass hier von Seiten der “roten” Stadtregierung die “Gesprächsangebote” betont werden ist natürlich Augenauswischerei, da es ja den Demonstrierenden nicht um das Camp an sich, sondern um die Verhinderung der Stadtstraße geht. Da sind Gespräche wie und wann man “geordnet abzieht” ein schlechter Scherz und gehen am Anliegen des Protests vorbei (was natürlich auch die Taktik einer Frau Sima ist). Dieser Aspekt wurde in den Mainstream-Medien natürlich nicht erwähnt. Man kann Protestierenden nicht vorwerfen, dass sie „nicht zu Verhandlungen bereit gewesen“ wären, wenn die Grundlage für die Verhandlung die Forderungen des Protests außer Acht lässt.


Nicht nur die “rote” Stadtregierung zeigte, was sie vom Protest gegen die Erhöhung des Transitverkehrs hält, auch die FPÖ ließ keinen Zweifel übrig, dass sie vollkommen auf Seite der Monopolkonzerne und Repressionsorgane steht. In der Presseaussendung der FPÖ zur Camp-Räumung forderte FPÖ-Landesparteisekretär Stumpf, dass die jungen Leute „in ein Erziehungscamp gesteckt werden, in dem man ihnen Manieren beibringt”. Die Presseaussendung wurde betitelt mit „Stumpf zu Lobau-Räumung: Linke Chaoten sollen vom Protestcamp ins Erziehungscamp”. Damit ist natürlich gemeint, dass Widerständige zu Gehorsam und Unterwürfigkeit unter die Kapitalinteressen gezwungen werden sollen. Die FPÖ gibt sich ganz offensichtlich nur dann den Mantel der „Protestpartei“, wenn sie auch politisches Kapital daraus schlagen kann.


Nicht wenige äußerten sich nach der Räumung in eine Richtung, dass die Räumung ohnehin nur eine Durchsetzung gefällter Beschlüsse war und somit „rechtsstaatlich“. Diese Argumentation ist vollkommen im Sinne der Herrschenden. „Gesetzte“ und „Beschlüsse“ sind nicht in Stein gemeißelt, sondern eine Frage von Interessen und Kampf. Das Atomkraftwerk Zwentendorf war beschlossen, sowie fertig gebaut, und trotzdem konnte die Inbetriebnahme durch den breiten Volksprotest verhindert werden. Die Forderungen und Interessen der Unterdrückten und Ausgebeuteten wurden und werden nie „einfach so“ umgesetzt, sondern benötigen Auseinandersetzung, Hartnäckigkeit und Kampf. Somit richtet sich die gewaltsame Räumung des Protestcamps natürlich gegen die demokratischen Interessen der Arbeiter und des Volkes, denn wir dürfen nicht die Herrschenden darüber entscheiden lassen, welcher Protest und wann ein Protest „legitim“ oder „nicht legitim“ ist. Von linksliberaler Seite kam im Zuge der gewaltsamen Räumung die Forderung auf, dass die Polizei auch bei den Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen mit solch einer Gewalt durchgreifen solle. Würde man diese Forderung ernst nehmen, würde man „Protest“ gegen „Protest“ ausspielen und den Herrschenden einen Legitimationsgrund für mehr Repression und Gewalt geben.


Noch am Abend der Räumung gab es vor der SPÖ-Zentrale in Wien eine Demonstration mit über 1.000 Teilnehmenden, die sich mit der Besetzung solidarisierten. Die Demonstrierenden sind sich einig: der Protest wird wegen der Räumung nicht stoppen, sondern wird weitergeführt. Die gewaltsame Räumung des Camps, angeordnet durch die Wiener Stadtregierung, wird nicht verhindern können, dass sich zahlreiche Menschen gegen den Bau der Stadtstraße, Lobautunnel und -Autobahn stellen und dieser Protest sollte unterstützt werden. Im Gespräch mit der „Roten Fahne“ brachten mehrere Demonstrierende ihre Forderung zum Ausdruck, dass alle inhaftierten Aktivistinnen und Aktivisten umgehend freigelassen und sämtliche mit der Räumung zusammenhängenden, bereits ausgesprochenen Strafen aufgehoben werden müssen!


Bilder als Slideshow


Bildquellen:

Twitter: @Markus Sulzbacher, @Lukas Hammer, @System Change, not Climate Change

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