(Korrespondenz aus dem Betrieb)
Ich bin Arbeiter in der Autoindustrie und arbeite in einem der größten Motorenwerke der Welt. In diesem Steyrer Betrieb arbeiten über 4.400 Menschen.
Da im Zuge von Covid die Schichtübergänge getrennt wurden, sodass sich die Arbeiter verschiedener Schichten nicht mehr treffen, gab es eine Schichtzeitverkürzung. Die Betriebsleitung „erlaubte“ damit auch, dass man 15 Minuten früher gehen dürfe – bezahlt. Das hört sich im ersten Moment sehr gut an. Davon darf man sich aber nicht täuschen lassen, denn die 15 Minuten gelten nur dann, wenn man die erforderten Motoren in der verbleibenden Arbeitszeit schafft. Wenn dies nicht geschafft wird, muss man die 15 Minuten weiterarbeiten und kann nicht früher gehen.
Die Verkaufszahlen von den Elektroautos gehen derzeit scheinbar zurück, daher müssen wir wieder mehr Verbrennermotoren produzieren. Seit Jahresbeginn hat sich bei unserem Band, ich meine hier eine Produktionskette, die Stückzahl von 560 auf 630 pro Schicht erhöht. So wurde unsere Arbeit eigentlich nur intensiviert, denn die 15 Minuten, die wir ja (wenn es passt) früher gehen können, erhöhen unsere Leistung und wir arbeiten deswegen noch schneller. Der Betrieb spart sich somit eigentlich mehr Arbeiter und erpresst uns indirekt. Auch unsere Gewerkschaft hat hier nichts dagegen. Sie erwähnen diese Arbeitsintensivierung mit keiner Silbe. Weder im Betrieb, noch in den Gewerkschaftszeitungen.
Auch innerhalb der Arbeitsgruppe und Schicht ist das jetzt problematisch. Viele Kollegen können da nicht mehr mithalten und es entsteht eine Unstimmigkeit und Zwist, weil die Schicht dann nicht früher gehen kann. Deswegen ist dieses neue „Zuckerl“ auch eine Spaltungsmethode, die Kollegen schaukeln sich gegenseitig auf. Aber ein Großteil der Kollegen hat das falsche Spiel der Betriebsführung durchschaut. Wir müssen hier auf jeden Fall zusammenhalten und dürfen uns das nicht gefallen lassen. Einzelne, die sich dagegen auflehnen, sind gleich weg vom Fenster. Wenn wir uns aber zusammenschließen und geschlossen dagegen auftreten, können wir uns gegen diese „Zuckerl“ wehren.
Bildquelle: Industriegebiet Steyr by Christoph Waghubinger CC 3.0
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