„Gaza-Deal“ wird weder Frieden noch Befreiung bringen.
- Andrea J.
- vor 13 Stunden
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Nachdem sich Israel und die palästinensische Hamas dazu bereit erklärt haben, den ersten Teil eines von der USA vorgelegten „Friedensabkommens“ umzusetzen, wurden mittlerweile alle noch lebenden Geiseln mit palästinensischen Gefangenen ausgetauscht. Das Abkommen wurde aber im Wesentlichen ohne Israel und Hamas gemacht. Unterzeichnet wurde die „gemeinsame Friedenserklärung für den Gazastreifen“ (1) von Vertretern der USA, Ägyptens, Katars und der Türkei, die sich im Dokument zu „Garantiemächten“ der Vereinbarung erklären lassen. Trumps „Friedensplan“ sieht einen vollständig kolonial kontrollierten Gaza-Streifen unter Führung eines durch die USA geleiteten Kabinetts vor. Gleichzeitig wird der zionistische Siedlungsbau im Westjordanland aggressiv weitergeführt und der Libanon und Teile Syriens weiter (und wieder) bombardiert. Das derzeitige Abkommen bestätigt vor allem eines: ein freies, unabhängiges und selbstbestimmtes Palästina kann nur gegen den Imperialismus und seinen zionistischen Vorposten erkämpft werden.
Das „Friedensabkommen“ und sein Charakter
Abkommen und Verhandlungen innerhalb von Kriegen und bewaffneten Kämpfen sind auch immer ein Messgrad für die Verfasstheit der jeweiligen Kriegsparteien und deren Kräfte. Dass der Trump-Plan weder eine offene, vollkommene Besatzung des Gaza-Streifens, noch eine langfristige Vertreibung der Palästinenser vorsieht, ist ein Zeichen für die Widerstandsfähigkeit der palästinensischen Befreiungsbewegung und die Kraft der Solidaritätsbewegungen in allen Ländern der Welt. Trotz zwei Jahren Völkermord konnte der zionistische israelische Staat weder die Kapitulation der Kräfte der palästinensischen nationalen Befreiungsfront erzwingen, noch die palästinensische Bevölkerung von deren Unterstützung abbringen. Gleichzeitig hat sich in den vergangenen zwei Jahren auch gezeigt, dass keines der arabischen Nachbarländer auf Seiten Palästinas in den Verteidigungskrieg eingetreten ist, was die Hegemonie und den Einfluss des Imperialismus, insbesondere der USA, in diesen Ländern untermauert. Ägypten forderte nun sogar die Stationierung von US-Truppen im sogenannten „Nahen Osten“ (2). Israel, obwohl es sich international immer weiter isolierte, konnte in den letzten zwei Jahren in einigen Punkten seine Position sogar verbessern: die Schwächung der Hisbollah im Libanon, eine Erweiterung der Besetzung der Golan-Höhen, großer Einfluss auf die Regierung in Damaskus, oder auch die Ausdehnung des Siedlerkolonialismus im Westjordanland. Gleichzeitig stellten sich jedoch die zionistischen Träumereien der Vernichtung des palästinensischen Widerstandskampfes und vollständigen Vertreibung aller Palästinenser als Illusion heraus.
Das imperialistische Abkommen sieht in seiner ersten Phase einen Teilrückzug der israelischen Armee vor. Gleichzeitig sollen auch mit dieser Vereinbarung mehr als 50 Prozent Gazas durch die zionistischen Besatzer kontrolliert werden. In den weiteren Phasen (die jedoch noch nicht unterzeichnet sind) soll eine „Übergangsregierung“ eingesetzt werden, ein sogenanntes „unpolitisches palästinensisches Komitee“, das sich aus „qualifizierten Palästinensern und internationalen Experten“ zusammensetzen und „unter Aufsicht und Kontrolle eines internationalen Übergangsgremiums“ stehen soll, dessen Vorsitz und Leitung US-Präsident Trump innehaben soll (3). Ebenso solle der ehemalige britische Premierminister Tony Blair eine gewisse Rolle dabei spielen – ein harter Vorschlag, wenn man sich der Geschichte des ehemaligen kolonialen „britischen Mandatsgebiets Palästina“ erinnert... Nach dem Trumpschen „Friedensdeal“ sollen alle wirtschaftlichen und politischen Belange der Palästinenser in Gaza fremdbestimmt und im wesentlichen durch die „westlichen“ Imperialisten entschieden werden – was einer vollständig kolonialen Kontrolle entspräche. Gleichzeitig ist aber auch nicht davon auszugehen, dass dieser Plan eins zu eins und „einfach so“ durchgesetzt werden kann, da sich ein Großteil der Palästinenser zumindest politisch nicht fremdverwalten lassen wird.
Auffallend ist, dass im sogenannten „Friedensabkommen“ de facto keine der Forderungen der im Sommer 2024 unterzeichneten „Pekinger Erklärung“ vorkommt. Diese Erklärung wurde durch die verschiedenen Fraktionen der Palästinenser unterzeichnet und das Treffen fand unter der Schirmherrschaft des chinesischen Sozialimperialismus in Peking statt. Das neue imperialistische „Friedensabkommen“ ist auch deshalb wichtig für US-Präsident Trump, weil er damit den chinesischen Einfluss in der Region zurückzudrängen und zu begrenzen versucht. Denn der chinesische Einfluss ist nicht nur in Palästina gewachsen, sondern auch in Israel: „Trotz großer Worte treibt China ungerührt weiter Handel mit Israel und ist nach den USA dessen zweitgrößter Wirtschaftspartner sowie größter Importeur.“ (4)
Kräfte der palästinensischen nationalen Front gegen Fremdbestimmung
Die Kräfte der palästinensischen nationalen Front erklärten bereits vergangenen Freitag, den 10. Oktober, ihre Gegnerschaft zu einer politischen Fremdherrschaft in Gaza. In der gemeinsamen Erklärung von Hamas, dem palästinensischen Islamischen Jihad und der Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP) wurde festgestellt: „Wir bekräftigen unsere Ablehnung jeglicher ausländischer Vormundschaft und betonen, dass die Verwaltung des Gazastreifens und seiner Institutionen eine interne palästinensische Angelegenheit ist, über die direkt von der nationalen Komponente unseres Volkes entschieden werden muss.“ (5) Diese Haltung gegen die Pläne des Imperialismus verteidigt das Recht auf Selbstbestimmung der unterdrückten Völker und Nationen und damit auch ein wesentliches Interesse des palästinensischen Volkes.
Israelische Aggression gegen das Westjordanland und den Libanon geht weiter.
Während in allen Mainstream-Medien die Geiselfreilassung minutiös dokumentiert und kommentiert wird, ist die Frage des Westjordanlands, ebenso wie die vermehrte Aggression Israels im Libanon kaum eine Schlagzeile wert. Die imperialistischen Medien jubeln vom „Frieden“, während Israel bereits seine nächste Aggression gegen den Libanon vorbereitet und seinen Plan zur weiteren Annexion palästinensischen Gebiets im Westjordanland fortsetzt. Auch diese nicht ins Zentrum gerückten Tatsachen müssen Teil der Charakterisierung des derzeitigen „Friedensplans“ sein, welcher je nach konkreter Umsetzung auch eine Möglichkeit der vorübergehende Erholung und Reorganisierung der antiimperialistischen und antizionistischen Kräfte darstellen kann.
Gaza wurde zu einem riesigen Flüchtlingslager gemacht.
Gaza, vor dem Beginn des Völkermordes vor zwei Jahren oft als „Freiluftgefängnis“ bezeichnet, wurde nun zum Massenflüchtlingslager gebombt und seine Bevölkerung von der Einfuhr internationaler Hilfsgüter abhängig gemacht. 98,5 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Flächen in Gaza sind zerstört, sowie rund 70 Prozent aller Gebäude. In einem Bericht eines palästinensischen Bauern schreibt dieser: „Als Israel die Vernichtung palästinensischer Agrarflächen abgeschlossen hatte, begann es, kommerzielle Lastwagen, jedoch keine Hilfsgütertransporte, nach Gaza zuzulassen. Die Märkte wurden mit Produkten überschwemmt, deren Verpackungen mit hebräischen Aufschriften bedeckt waren.“ (6) Gleichzeitig wurde ein großer Teil des Tunnelsystems (das für die Palästinenser in Gaza sowohl einen ökonomischen Faktor, als auch einen Faktor der Bewegungsfreiheit außerhalb der Kontrolle der Besatzer einnimmt) bei bisherigen Bombardements zerstört. Der Rest soll laut Medienangaben nun durch die israelischen Besatzer zerstört werden (7), was ebenfalls dem Ziel dient, Gaza einer vollständigen kolonialen Kontrolle zu unterwerfen. Dass die Palästinenser weiterhin sowohl auf den Abzug aller Besatzungskräfte, als auch einer politischen Selbstbestimmung beharren ist vollkommen legitim und notwendig, um dem Ziel eines freien Palästinas näher zu kommen. Die souveräne Ausübung der politische Macht durch die revolutionären und nationalen Kräfte Palästinas ist letztendlich auch die Voraussetzung für die Zerschlagung des imperialistischen Einflusses und seiner Kontrolle in der Ökonomie – also auch seiner ökonomischen Unabhängigkeit und Selbstbestimmung.
Der nationale Befreiungskampf konnte nicht zerschlagen werden.
Obwohl die Kräfte der nationalen Widerstandsfront unter sehr schwierigen Ausgangsbedingungen kämpfen, konnte der Befreiungskampf nicht zerschlagen werden – ein wichtiges Zeichen für die Völker der Welt! Es kann davon ausgegangen werden, dass innerhalb der Zeit des Waffenstillstandes eine gewisse Zeit der Reorganisierung der Kräfte der Palästinenser notwendig sein wird. Solange aber die Interessen Palästinas gegen Imperialismus und Zionismus verteidigt werden, wird der Kampf weitergeführt werden – so wie es schon die letzten Jahrzehnte bewiesen haben!
(1) orf.at: „Abkommen für Gaza-Waffenruhe“
(2) aljazeera.com: „Egypt: ‚We need American engagement, even deployment on the ground‘
(3) welt.de; „Das sind die 20 Punkte von Trumps Friedensplan“
(4) Le Monde Diplomatique, Ausgabe September 2025, „Was sagt China zu Gaza?“
(5) aljazeera.com: „Palestine factions refuse foreign guardianship on Gaza as truce takes hold“
(6) aljazeera.com: „Gaza will be in the shadow of famine as long as we cannot plant our land.“
(7) of.at: „Israel plant Zerstörung aller Hamas-Tunnel im Gazastreifen“
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