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Hände weg von der Ukraine!

Mit dem Einmarsch russischer Truppen in der Ukraine begann die offene militärische Intervention ausländischer Großmächte im Land. Dem vorangegangen ist ein hohes Niveau an politischen und militärischen Provokationen von Seiten der USA und EU gegenüber Teilen der Bevölkerung der Ukraine und dem russischen Imperialismus. Dieser Krieg, der ein Kampf ausländischer Großmächte auf dem Rücken des ukrainischen Volkes ist, verschärft die Lage der Bevölkerung, deren Interesse sowohl in der Ablehnung der faschistischen Junta in Kiew, der NATO-Expansion nach Osten, als auch des Einmarsches russischer Truppen liegt.


Nun im Gleichklang mit NATO und EU ausschließlich von einer „Aggression Russlands“ zu sprechen, wäre zu einseitig und würde die vorangegangenen Entwicklungen und Kriegsprovokationen durch die westlichen Mächte ignorieren. Die NATO, ein Militärbündnis unter Führung der USA, dehnte sich schon in den letzten Jahrzehnten immer weiter nach Osten aus, mit dem Ziel der Einkreisung des russischen Konkurrenten. Bereits 2008 wurde auch der Ukraine eine Integration in die NATO in Aussicht gestellt, jedoch noch unter ganz anderen Voraussetzungen wie heute. Mit dem faschistischen Putsch 2014 im Zuge der sogenannten „Maidan-Bewegung“ wurden durch den Westen „Tatsachen“ geschaffen und eine pro-westliche Regierung mit Unterstützung von offen nationalsozialistischen Kräften (wie das Azov-Bataillon und dem „Rechten Sektor“) ins Amt geputscht. Heute stehen mehr als 150.000 NATO-Soldaten permanent an der russischen Grenze bereit. Mit Wirtschaftssanktionen soll das Volk drangsaliert und von der Überlegenheit des Westens „überzeugt“ werden. Der Druck von Seiten der USA und EU sollte nun die NATO-Integration der Ukraine durchboxen. Mithilfe der faschistischen Junta in Kiew wurden radikale Wirtschaftsliberalisierung und der Ausverkauf des Landes vorangetrieben. Die sogenannten „abtrünnigen“ Volksrepubliken in der Ostukraine stellten sich 2014 gegen die faschistischen Machthaber und die Westintegration des Landes. Sowohl Präsident Poroschenko, als auch der jetzige Präsident Selenskyj versuchten über ethnische Zugehörigkeit die Bevölkerung in der Ukraine zu spalten, den Hass gegen die russische Bevölkerung zu schüren und damit eine Legitimation für den Krieg gegen die „Volksrepubliken“ Donezk und Lugansk zu schaffen. Zur Vorbereitung von kriegerischen Auseinandersetzungen und um einen Keil zwischen den Bevölkerungen in den „Volksrepubliken“ und der Ukraine zu schlagen, wurden schon vor einem Jahr zahlreiche Seiten, Gruppen und Konten durch Facebook und andere Internetgiganten gesperrt, um eine unabhängige Medienberichterstattung aus dem Donbass zu unterbinden. Facebook begründete das im Tenor der westlichen Kriegstreiber damit, dass „pro-russische Propaganda“ verbreitet würde (1). Die Kriegsvorbereitungen durch den Westen zeigen sich aber auch in der militärischen Aufrüstung der Ukraine. Alleine 2021 investierten die USA 160 Millionen Dollar nur in die als „Militärhilfe“ gelieferten Kriegsgeräte, weitere finanzielle Militärhilfen sind da noch nicht mitgerechnet. In den letzten Wochen vor der gegenwärtigen Entwicklung des Konflikts, schickten die USA darüber hinaus noch weitere 6.000 Soldaten in ihre osteuropäischen NATO-Stützpunkte. Darüber hinaus wurden faschistische und neonazistische Milizen als Kampfverbände in die ukrainische Armee eingegliedert, also in jene Armee, die derzeit vom Westen bejubelt und als „Verteidiger der Ukraine“ gefeiert wird. In Anbetracht all dessen kann man durchaus sagen, dass die hauptsächliche Verantwortung für die aktuelle Lage in der Ukraine bei den USA und der EU liegt, welche die Grundlagen für einen militärischen Konflikt in der Ukraine gelegt und provoziert haben.


Dass nun von Seiten der „westlichen“ Regierungen von „Solidarität“ mit und „Souveränität“ der Ukraine gesprochen wird, ist vor allen Dingen heuchlerisch. Denn „Solidarität“ bedeutet vor allem die Unterstützung der ukrainischen Machthaber, welche die Souveränität für Bares an den Westen verkauften. Die Herrschenden in Österreich stimmen in den Kriegskurs der NATO ein, und ihr gesamtes politisches Personal versucht sich darin zu übertrumpfen die Neutralität für beendet zu erklären. Wenn es um nackte wirtschaftliche Interessen geht, wird die Neutralität als „nicht angemessen“ dargestellt. Österreich ist sechstgrößter Auslandsinvestor in der Ukraine, die Raiffeisenbank oder die Erste Bank zählen überhaupt zu den wichtigsten Banken im Land. So macht beispielsweise die Raiffeisenbank International 40% ihres Gewinns alleine in Russland und der Ukraine, es versteht sich von selbst, dass die gegenwärtige Entwicklung auch diese Kapitalgruppen in, salopp formuliert, eine gewisse „Unruhe“ versetzt. Die vorgespielte „Solidarität“ ist demnach eine „Solidarität“ mit den Kapitalinteressen der österreichischen Monopolkonzerne. Diese „Solidarität“ ist ein Legitimierungsversuch zur Verletzung der Souveränität der Ukraine. Auch der russische Imperialismus verletzt die Souveränität des Landes und spricht der Ukraine das nationale Selbstbestimmungsrecht ab, wobei er ebenso auf die Spaltung von Ukrainern und Russen in der Ukraine abzielt. Putin erklärte, dass die ukrainische Nation ein vom russischen Revolutionsführer Lenin „erdachtes Konstrukt“ sei, also „ganz und gar von Russland erschaffen“ (2), womit durch großrussischen Chauvinismus die Entsendung von sogenannten „Friedenstruppen“ legitimiert werden soll. Russland hat seit 2014 die „Volksrepubliken“ Donezk und Lugansk nicht anerkannt, begründete dies heuchlerisch mit dem Minsker Abkommen und das man das deswegen nicht machen könne. Nun soll die Anerkennung der beiden Republiken den diplomatischen Rahmen für die Entsendung von Truppen und damit für die militärische Intervention schaffen. Schon Ende Jänner hat die Rote Fahne darauf hingewiesen, dass sich eine militärische Auseinandersetzung wahrscheinlich über die Frage der Ostukraine zuspitzen wird. (Hier zum Artikel: Ukraine: Droht ein neuer Krieg?)


Sowohl dem russischen, als auch den „westlichen“ Imperialisten ist eine unabhängige Widerstandsbewegung und der Kampf für nationale Selbstbestimmung ein Dorn im Auge. Die Volksrepubliken im Donbass entstanden auf Grundlage des Widerstands der Bevölkerung gegen den faschistischen Maidan-Putsch und die Perspektive einer Zwangseingliederung in NATO und EU. Die nun erfolgte Anerkennung der Volksrepubliken durch Russland soll den unabhängigen Charakter des Kampfes zurückdrängen und die Volksrepubliken zu einem Aufmarschgebiet des russischen Imperialismus machen. Obwohl der Einfluss Russlands im Donbass durch den fast acht Jahre andauernden Krieg gestiegen ist, sagte der Anführer der Volksrepublik Donezk, Denis Puschilin, noch nach der Anerkennung von Seiten Russlands: „Wir wollen uns auf unsere eigenen Kräfte verlassen“, was zeigt, dass auch jetzt eine etwaige Einschätzung der Volksrepubliken als „vollkommen von Russland beherrscht“ falsch wäre. Auch die Tatsache, dass die ukrainische pro-westliche Regierung das Donbass-Gebiet bereits vor der Anerkennung durch Russland als „russisch besetzt“ (3) eingestuft hat, zeigt, dass es sich um ein Manöver handelt, um die Verschleierung und Vernichtung des unabhängigen Widerstands in der Ostukraine voranzubringen. Ansonsten wäre die aktuelle Entsendung russischer Truppen auf Teilen des Gebiets der Ostukraine nichts „Neues“, sondern die selbe Politik wie seit Jahren. Und das zu behaupten traut sich aktuell niemand, es wäre schlichtweg absurd.


Die aktuelle Lage zeigt einerseits den Kampf zwischen den imperialistischen Großmächten USA, EU und Russland, der auf dem Rücken des ukrainischen Volkes ausgetragen wird. Andererseits hat die Bevölkerung in der Ukraine eine faschistische Junta an der Macht, wird nun teilweise von russischen Truppen besetzt und hinter der Türe lauert die NATO. Ganz offensichtlich liegt es nicht im Interesse der Bevölkerung sich auf die eine oder andere Seite der ausländischen Intervention, oder der Regierung zu schlagen, sondern für nationale Souveränität und Selbstbestimmung zu kämpfen und die Solidarität in der Bevölkerung zu stärken.


Vergleiche mit der sogenannten „Krim-Annexion“ durch Russland, wie sie die Monopolmedien derzeit häufig verwenden, sind natürlich falsch und dienen einer ideologischen Kriegsmobilisierung der jeweils eigenen Bevölkerung. Der wesentliche Unterschied liegt darin, dass die Krim nie ukrainisch war, sondern tatsächlicher Teil Russlands und seiner Geschichte. Sie wurde erst unter Chruschtschow als „Geschenk“ der ukrainischen Verwaltung innerhalb der Sowjetunion zugeschlagen. Sich auf das Beispiel der Krim als „Beweis“ für die Aggression Russlands zu berufen, war Teil der jahrelangen westlichen Kriegspropaganda gegen den imperialistischen Konkurrenten Russland und hatte nie mit dem Wohl der Bevölkerung der Krim zu tun.


Dass Russland nun militärisch neue Tatsachen schaffen möchte und aggressiv versucht vor allem die Ostukraine unter seine Kontrolle zu bringen, hat nicht nur politische, sondern auch ökonomische Gründe. Der Donbass als Herz der Kohleproduktion und des Bergbaus, wie auch die Stahlproduktion in der Zentralukraine stellen Begehrlichkeiten Russlands dar, selbst wenn viele der Produktionsstätten durch den jahrelangen latenten Krieg zerstört wurden oder in überaus schlechtem Zustand sind. Die Ukraine ist trotz des andauernden Krieges heute der elft größte Stahlproduzent der Welt. Die militärischen Niederlagen der USA und ihrer NATO-Verbündeten in Afghanistan und die daraus erzwungene Konzentration des US-Imperialismus, stellte eine Erleichterung und mehr Handlungsspielraum für Russlands Herrschende dar. Die Krise in der sich die hegemoniale Supermacht USA befindet, zwingt sie dazu, sich vermehrt auf strategische Ziele zu fokussieren, was unter anderem durch die 2021 von der NATO festgelegte Gleichsetzung Chinas mit Russland als „wichtigste Bedrohung“ dokumentiert wird. Immer mehr konzentriert die USA ihre Truppen im südostasiatischen Raum, was eine längerfristige militärische Auseinandersetzung in der Ukraine unwahrscheinlich macht, es sei denn die europäischen NATO-Verbündeten würden sich militärisch stärker involvieren. Danach sieht es derzeit aber noch nicht aus, wenn sie auch einen solchen Schritt offensichtlich vorbereiten. Gleichzeitig würde eine offene militärische Intervention des Westens die Krise, in der die Imperialisten der USA und EU stecken, weiter vertiefen.


Die USA nutzte die Kriegshetze gegen Russland um Druck auf EU-Länder wie Deutschland zu verstärken und Projekte wie Nord Stream 2 zu verhindern. Auch die Länder der EU versuchen den Angriff Russlands für die Propagierung eines „gemeinsamen Feinds“ der „alle bedroht“ zu nutzen und damit die eigene politische Krise im Inneren besser in den Griff zu bekommen. Die militärische Niederlage in Afghanistan setzte Deutschland vermehrt unter den Druck der USA, da Deutschland zwar in seinen imperialistischen Interessen aggressiver sein muss, jedoch derzeit nicht imstande ist größere militärische Operationen alleine zu führen. Auch das spricht gegen eine militärische Intervention in der Ukraine. Die verstärkte Krise des US-Imperialismus versucht Russland nun also für sich zu nutzen, um seinen Einfluss in Osteuropa wieder auszudehnen. Dafür ist die Ostukraine, die mehrheitlich russisch bevölkert ist, vor allem auch propagandistisch und politisch elementar, um sich als tauglicher Schutzherr der osteuropäischen Völker gegen die Bestrebungen von USA und EU zu präsentieren. Russland wird versuchen, den Osten der Ukraine (also die Ukraine östlich des Dnjepr-Ufers) langfristig zu besetzen bzw. ihn als Basis für eine langfristige Kontrolle über die gesamte Ukraine zu nutzen. Politisch wäre es für Russland schwierig die Westukraine auf Dauer zu halten, da die russlandfeindliche Stimmung bedeutende Teile der Bevölkerung umfasst und erheblichen, langfristigen Widerstand zur Folge hätte. Die von der ukrainischen Regierung nun mobilisierten irregulären sogenannten „Territorialverteidigungskräfte“, die mit 10.000 militärischen Gewehren ausgestattet wurden, rekrutieren sich vor allem im Westen und haben den Auftrag eine Art von „Partisanenkrieg“ zu entwickeln. Ein ausgedehnter russischer Vormarsch in den Westen der Ukraine ist folglich nur zu erwarten, wenn Russland seine Truppen davor (durchaus auch im Laufe des Konflikts, oder während eines „Waffenstillstands“) massiv verstärkt. Bisher aber entwickelte sich der ganze Vorstoß in diesem Sinne: Die Invasion erfolgte vor allem von Norden und Süden, sowie teilweise über den Osten. Hingegen wurden westlich des Dnjepr nur bei der Einkreisung Kiews russische Truppenbewegungen registriert, ansonsten nur Fernwaffenaktivitäten. Daher läuft das derzeitige russische Vorhaben wohl darauf hinaus, den Westen der Ukraine über eine starke militärische Präsenz und politische Macht die sich auf den Osten des Landes stützt, einer Regierung zu unterwerfen, die im Dienste des russischen Imperialismus steht, nicht aber auf eine Teilung oder vollständige Besatzung des Landes (die nur ausgeweitet werden würde, wenn es militärisch absolut notwendig ist).


In Zeiten der verschärften Krise des Kapitalismus und des Krieges entstehen Umgruppierungen und Umbrüche, die jeweils großes Potential für den Kampf der unterdrückten Völker und Nationen offenlegen und der Entwicklung ihren Stempel aufzudrücken. Russland muss, um im Krieg eine ausreichende politische Unterstützung in der Bevölkerung zu entwickeln, Teile der ostukrainischen Bevölkerung für sich gewinnen. Die Unterstützung des antiimperialistischen und unabhängigen Kampfes in der Ukraine, die Solidarität mit den Völkern Osteuropas und am Balkan gegen imperialistische Einmischung, richtet sich gegen die Bestrebungen sowohl der hauptsächlichen Kriegstreiber USA und EU, als auch gegen die imperialistischen Ziele Russlands. Die antiimperialistische und antimilitaristische internationale Solidarität zu verstärken, sie lebendig zu entwickeln und ihr einen politischen Ausdruck zu verleihen, ist in diesem Zusammenhang wesentlich dafür, den Kampf der Völker zu einer starken Kraft gegen Kriegstreiberei zu machen.


(1) netzpolitik.org

(2) kurier.at

(3) rnd.de


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