Brasilien – Staatlicher Terror gegen die revolutionäre Bauernbewegung am Jahrestag des Massakers von Corumbiara
- Hannes L.
- vor 11 Minuten
- 3 Min. Lesezeit

Am 8. August verübten die Militärpolizei einen schweren Angriff auf eine Siedlung der kämpfenden Bauern im Gebiet Valdiro Chagas im Bundesstaat Rondônia. In dem live-gestreamten Angriff schossen die bezahlten Mörder aus Militärhubschraubern auf die Häuser der Familien, die das Land dort besetzt halten. Die „Liga der armen Bauern“ (LCP), die die Landbesetzung organisiert hat, berichtet von Dutzenden die aus ihren Häusern vertrieben wurden und ebensovielen Verletzten, sowie von einem ermordeten. „Genosse Caviar“, wie er genannt wurde, fiel dem staatlichen Terror zum Opfer.
Der Angriff wurde durch das Spezialoperation-Batallion der brasilianischen Militärpolizei (BOPE) durchgeführt. Dieses verbreitete den feigen Angriff selbst auf der Social Media Plattform TikTok. Sie bezeichnete die LCP als „terroristische Organisation“ und sprach davon einen Bauern „neutralisiert“ zu haben. Schon seit Monaten wird die Siedlung belagert. Denn die mächtigen lokalen Großgrundbesitzer wollen sich das Land, das die armen und landlosen Bauern dort zum Leben brauchen selbst unter den Nagel reißen. Zuerst wurden zu diesem Zweck bezahlte Banden angeheuert, die im Volksmund „guaxebas“ genannt werden. Nun hat die Militärpolizei hochoffiziell diese Gangster bei ihrer Drecksarbeit abgelöst. Ein weiteres brisantes Detail: während des mörderischen Angriffst war der brasilianischen Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva, der sich selbst gerne als „Verteidiger der Bauern“ inszeniert, im Bundesstaat Rondonia zu Gast. Der brasilianische Staat zeigt damit sehr offen, wie er als Durchsetzer der Interessen der Großgrundbesitzer, des „Latifundiums“, handelt.
Die LCP ist eine landesweite Organisation der armen und landlosen Bauern, die die Agrarrevolution führt. Das Land, das in den Händen einer kleinen aber mächtigen Klasse der Großgrundbesitzer konzentriert ist wird von den Bauern besetzt und getreu der Losung „Das Land denen die es bebauen und von ihm leben“ unter ihnen aufgeteilt mit dem Ziel der Vernichtung des halbfeudalen Großgrundbesitzes. Die LCP schrieb zu den neuen Ermordungen: „Diese feigen Mörder im Dienst der Großgrundbesitzer, die das Land der Vereinigung rauben, sind fehlgeleitet wenn sie denken dass sie mit Morden, Verhaftungen und Repression den Kampf um Land aufhalten können. Im Gegenteil, all diese Attacken zeigen dass der Kampf der Agrarrevolution bestand hat und mehr und mehr voranschreitet. Wenn die Großgrundbesitzer, ihre bewaffneten Gangs und die „guaxebas“ ihrer Militärpolizei uns attackieren ist das weil sie das Voranschreiten der Agrarrevolution fürchten, und die Grausamkeit mit der sie uns angreifen zeigt immer mehr dass unser Kampf gerecht ist und dass wir unsere Ziele erreicht haben, das Land zu erobern und das Latifundium zu zerstören, und das Land den armen landlosen Bauern und denen mit wenig Land zu geben.“
Die Mordbanden der Militärpolizei haben sich nicht zufällig den Abend des 8. August für ihren Angriff ausgesucht: Es ist der Vorabend des 30. Jahrestags des Massakers von Corumbiara. Dieses ist zu einem Symbol im Kampf um Land geworden ist. 1995 griff die Militärpolizei im Bündnis mit den guaxebas kämpfende Bauern beim Dorf Corumbiara an, das ebenfalls im Bundesstaat Rondonia liegt. Die Bauern hatten Land im Gebiet „Santa Elina“ besetzt. Es folgten über 24 Stunden staatlichen Terrors, hunderte Bauern wurden verletzt und gefoltert. Man weiß heute von 14 Bauern die im Zuge dieses Massakers ermordet wurden, darunter ein siebenjähriges Mädchen. Doch der Widerstand der Landbesetzer von Corumbiara gegen die Attacke schlug Wellen und erfasste viele weitere Dörfer. Aus diesen Kämpfen ging die LCP hervor, die heute die größte und einzige revolutionäre Bauernorganisation Brasiliens ist. Die Namen der Ermordeten sind für zig Tausende ein Symbol des heldenhaften Widerstands geworden. Fern davon die Schuld an dem Massaker einzugestehen, möchten die Herrschenden in Brasilien das Massaker heute vielmehr wiederholen. Das Ziel ist dasselbe: im Dienst des Großgrundbesitzes den Kampf um Land im Blut zu ertränken.
Einen Tag nach der Attacke von Valdiro Chagas fand in Corumbiara eine Gedenkdemonstration zum 30. Jahrestag des Massakers statt. Veranstaltet durch die LCP gemeinsam mit dem Komitee für die Verteidigung der Opfer von Santa Elina (CODEVISE) beteiligten sich zahlreiche Bauern, Angehörige der indigenen Minderheiten, Studenten, Lehrer und Aktivisten aus ganz Brasilien an der Demonstration, die mit kämpferischen Parolen durch das Dorf zog. Diese würdevolle und durchschlagende Verteidigung der jüngsten Geschichte der brasilianischen Bauernbewegung wurde damit auch zu einer lauten Warnung an die Militärpolizei und andere Reaktionäre. So wurde auch dem ermordeten Genossen Caviar gedacht. In der Hymne der LCP kommt ein Vers vor der lautet: „das Blut wird ein Samen sein“. Diese Strophe wurde am 9. August in Corumbiara wieder angestimmt. So wurde die Gewissheit zum Ausdruck gebracht, dass sich mit dem Beispiel der Ermordeten neue Kämpfer in die Reihen derer stellen werden, die für die Sache des Volkes und kämpfen.

Comments