top of page

Wie neutral ist Österreich?



Die Neutralität Österreichs ist ein umkämpftes Feld. Heute scheint sie für die Herrschenden im Wesentlichen ausgedient zu haben - doch innerhalb der Bevölkerung erfährt sie große Unterstützung. Kriegsvorbereitung, Militarisierung und Aufrüstung stehen gegen den Drang der Bevölkerung nach sozialen und demokratischen Rechten, Frieden und Völkerfreundschaft. Warum sollte die Neutralität verteidigt werden und wie?


Die Neutralität Österreichs war eine wesentliche Bedingung im Ringen um den Staatsvertrag von 1955, welcher bedeutete ein freies Österreich zu garantieren. Die Kommunistische Partei Österreichs, welche die führende Kraft im Widerstandskampf gegen die Nazi-Besatzung war, leitete bereits 1947 eine Kampagne in diesem Sinn ein: für den Abschluss des Staatsvertrages, den Abzug aller Besatzungstruppen und die Herstellung der vollen Neutralität. Im Zuge der Verschleppung des Staatsvertrages und der zunehmenden Formierung der Herrschenden Österreichs zu einer pro-westlichen Position und einer Unterordnung unter die Interessen der USA (Marshall-Plan!), gewann die Durchsetzung der Neutralität immer mehr an Bedeutung. Von den anderen Parlamentsfraktion wurde dies zunächst abgelehnt, während auch in der Friedensbewegung die Neutralität zur Hauptlosung erhoben wurde. Zentral in den Forderungen der KPÖ war die Nichtteilnahme an Militärbündnissen: „Österreich sollte weder der NATO beitreten noch an der damals in Diskussion befindlichen Europäischen Verteidigungsgemeinschaft (EVG) und einer Europa-Armee teilnehmen“ (1). Zunächst wurde durch die Großparteien ÖVP und SPÖ versucht, die Forderung nach Neutralität als „kommunistische Propaganda“ negativ zu konnotieren, bevor auch sie in der Neutralität und damit Allianzfreiheit einen Weg zur Erschließung neuer Märkte und Realisierung von Profiten erkannten.


Die Neutralität ist damit Teil der Wiedererlangung der nationalen Freiheit und Souveränität Österreichs nach der Besatzung durch den deutschen Faschismus, wenngleich verschiedene Kräfte einen unterschiedlichen Nutzen daraus zu schlagen versuchten. Bedeutete es für die fortschrittlichen Kräfte vor allem den Weg eines demokratischen, souveränen und unabhängigen Österreich einzuschlagen, so war es für die herrschende Klasse innerhalb der damaligen Lage eine Möglichkeit ihr Kapitalinteresse zu bedienen.


Wie neutral ist Österreich noch?


Aufgrund der unterschiedlichen Klasseninteressen folgte eine Geschichte der stetigen Aushöhlung der „immerwährenden Neutralität“ auf Seite der Herrschenden und eine zunehmende Verteidigung dieser durch die Bevölkerung. Neben der Mashallisierung Österreichs waren auch der Beitritt zur Europäischen Union, die „NATO-Partnerschaft für den Frieden“ und beispielsweise die Teilnahme an „EU-Battlegroups“ und der „Ständig Strukturierten Zusammenarbeit“ der EU wesentliche Pfeiler in der zunehmenden Demontage der Neutralität.


Mit dem Krieg in der Ukraine nahmen die Angriffe auf die Neutralität jedoch ein neues Tempo an. In Mainstream-Medien wurde die Forderung nach Waffenlieferungen an die Ukraine erhoben, die Teilnahme an Sky-Shield (eine militärische Initiative unter NATO Führung) wurde beschlossen und nicht zuletzt wurden Fahnen kriegsführender Staaten an offiziellen Gebäuden gehisst. Aufrüstung und Kriegshetze werden unter verschiedenen Vorwänden verbreitet – dabei stellt die Neutralität ein Hindernis für die Herrschenden dar.


Wer sind heute die Verteidiger der Neutralität?


Die bürgerlichen Parteien haben heute im Wesentlichen die Neutralität fallengelassen, denn sie wurde von einem auch für die Herrschenden dienlichen Instrument, zu einem „Störfaktor“ in der Umsetzung ihrer wesentlichsten Pläne und Interessen. Die FPÖ hat keine prinzipiellen Einwände zu Aufrüstung und Militarisierung (bspw. zur EU-Aufrüstung), vertritt aber jene Teile des Kapitals, die sich beispielsweise durch den Ukraine-Krieg und die Russland-Sanktionen mit Verlusten konfrontiert sehen und weiter mit Russland Geschäfte machen wollen.


Ungebrochen ist die Unterstützung und Einforderung der Neutralität innerhalb der Bevölkerung. Die Verteidigung der Neutralität ist einer Forderung geworden, die sich gegen die wesentlichsten Pläne der Großmächte und Imperialisten in ihren Kriegsvorbereitungen richtet. Das ist der Grund warum die Verteidigung der Neutralität durch die Monopolmedien heute als „unzeitgemäß“ dargestellt wird. Dabei geht es heute nicht nur darum die Wiederherstellung der Neutralität einzufordern, sondern auch ihre Erweiterung. So wird die Neutralität, in ihrer aktiven Verteidigung durch die Bevölkerung, zu einem wichtigen Instrument des Volkes gegen Aufrüstung, Militarisierung und imperialistischen Krieg. Das erfordert natürlich Organisierung, Zusammenschluss und Kampf, um diese Ziele auch zu erreichen.



(1) Manfred Mugrauer, Die Politik der KPÖ 1945-1955, Vienna University Press 2020, Seite 734



Bildquelle: Nato EU, flickr, CC0 1.0


bottom of page