Hier ein kleiner Vorgeschmack für unsere neue Ausgabe der Roten Fahne, welche morgen auch online veröffentlicht wird.
Wie geht es den Kleinbetrieben?
Die klein- und mittelständischen Unternehmen werden in Österreich gerne als „Rückgrat unserer Wirtschaft“ bezeichnet. In Wirklichkeit kommen jedoch die Kleinunternehmer mit der Krise zunehmend unter Druck und vielfach steht deren Existenz auf dem Spiel, während die meisten Staats„hilfen“ an die Großkonzerne fließen. Die Kleingewerbetreibenden haben viel mehr mit den Arbeitern und Angestellten gemeinsam, als mit den Großkapitalisten.
Aktuell findet ein regelrechtes „Aussortieren“ innerhalb der kleinbetrieblichen Landschaft Österreichs statt. Wer es sich leisten kann auf andere Energieformen umzurüsten, kann vielleicht überleben. Die anderen müssen schauen wo sie bleiben. Die Großkonzerne sind davon wenig betroffen, denn sie werden tatsächlich „überfinanziert“ und sind die Einzigen die von überteuerten Preisen profitieren. Von Seiten der Politik wird eine „Überfinanzierung“ diverser Hilfen für Unternehmen beklagt. Das ist ein Schlag ins Gesicht für alle Kleinunternehmer, die vielfach von diesen Zahlungsleistungen nicht viel gesehen haben.
Klein- und Mittelunternehmen (KMU) machen einen Anteil von 99,6 Prozent aller Unternehmen aus. Das sind 358.600 Klein- und Mittelbetriebe. 87 Prozent aller Unternehmen sind sogenannte „Kleinstunternehmen“, die entweder gar keine oder maximal neun Beschäftigte haben. (1) Davon sind ein großer Teil Ein-Personen-Unternehmen (EPU), und davon wiederum ein großer Teil sogenannte „Scheinselbständige“, also eine Selbständigkeit, die nur am Papier existiert. Um nur eine Zahl zu nennen: es gibt in Österreich rund 60.000 24-Stunden-Pflegekräfte, die allesamt als Selbständige geführt werden, obwohl sie den Wirkungsbereich und die Tätigkeit einer normalen Pflegekraft ausführen.
Viele hart arbeitende Kleingewerbetreibende stehen nun vor einem Existenzverlust. Die Firmenpleiten sind mit Ende 2022 massiv angestiegen und verzeichnen einen Anstieg zum Jahr 2021 um fast 60 Prozent, was rund 4.800 Firmenpleiten im Jahr 2022 bedeutet. (2) Das hat vor allem mit den explodierenden Kosten der Energie- und Rohstoffpreise, der hohen Inflation und den erhöhten Zinsbedingungen zu tun. Die mangels Kostenabdeckung abgewiesenen Insolvenzfälle haben sich mit 1.900 beinahe verdoppelt. Nicht gezählt werden hier allerdings jene Firmenschließungen, die „mehr oder weniger freiwillig“ erfolgen, wo es also zu keinem Insolvenzverfahren kommt. Das waren knapp 50.000 und damit rund zehn Mal so viele wie offiziell angegeben werden. Gerhard Winhofer vom Gläubigerschutzverband geht mit einer weiteren Steigerung im Jahr 2023 aus und spricht von einer erwarteten Zahl von 6.000 Insolvenzen im Jahr 2023. Die Tendenz ist also eindeutig: die „Kleinen“ müssen auf Kosten der „Großen“ zusperren.
Was das für die Betroffenen heißt, lässt sich meist nur erahnen. Vielfach geht es aber um die Existenzen von tausenden Familien, die meist ihr ganzes Leben für den Aufbau des Kleinbetriebs geopfert haben. Besonders trifft es auch kleine Wirte und Gastronomen. Im Burgenland beispielsweise überlegen viele Gastwirte zuzusperren. Die Familie Hickel vom „Alten Brauhaus“ in Frauenkirchen, deren Gasthaus schon 330 Jahre alt ist, erklärt ihre Lage: „Mit der Gastronomie kannst du nicht reich werden und deshalb machen wir das auch nicht.“ Doch es sind die Energiekosten, die ihnen nun das Genick zu brechen drohen. Die Burgenland Energie hat ihren Preis für Strom und Gas ab 2023 von 25.000 Euro pro Jahr auf 80.000 Euro erhöht: „Wir brauchen keinen einzigen Preis erhöhen, weil es einfach überhaupt nichts bringt. Wir sind meilenweit davon entfernt, das zahlen zu können.“ (3) Und so geht es zahlreichen Kleinbetrieben in Österreich! Von den 2.987 Betrieben der Nachtgastronomie haben zehn Prozent die Corona-Maßnahmen nicht überlebt und nun steht noch vielen mehr das Wasser bis zum Hals. Das hat nicht wenig damit zu tun, dass große Teile der Bevölkerung weniger Geld zur Verfügung haben und nicht mehr so oft in Lokale gehen, vor allem die jungen Leute. Das merken auch zahlreiche Friseure, weshalb die Friseurinnung eine Halbierung der Umsatzsteuer von 20 auf zehn Prozent fordert, als „einzige Möglichkeit um Schließungen zu vermeiden“. (4)
Vor allem die Kleinunternehmer wissen, dass es einen gehörigen Unterschied zwischen Firmenpleiten von Klein- und Großbetrieben gibt. Ist es in der Finanzwelt der Großkonzerne oft eine „gesunde Pleite“, welche das Geld von den einen Taschen in die anderen verschiebt, geht es bei den Kleinbetrieben um die nackte Existenz der Gewerbetreibenden und ihrer Familien. Erinnern wir uns an die „Zielpunkt-Pleite“, war es vor allem der Eigentümer Pfeiffer, der sich die besten Filetstücke seiner insolventen Zielpunkt-Kette selbst wieder über eine andere Firma kaufte und von der Pleite keinerlei Verluste spürte. Ein Nahversorger, ein Gastwirt, ein Handwerksbetrieb, oder ein kleines Friseurgeschäft haben gemeinsam, dass sie diese Möglichkeit nicht haben und beim Verlust ihres Gewerbes auch der Verlust der Existenz und ein riesiger Schuldenberg im Raum steht. Es sind aber auch vor allem die Klein- und Mittelbetriebe die am meisten Steuern zahlen. Während Großkonzerne häufig ihre Profite in jene Länder verlagern, wo die Steuern sehr niedrig sind, haben Kleinbetriebe diese Möglichkeit nicht. Kleinbetriebe bezahlen im Schnitt 30 Prozent mehr Steuerabgaben als Großkonzerne, obwohl diese einen viel höheren Umsatz erzielen. (5) Die Steuerlast bleibt also bei den „Kleinen“: den Arbeitern, Angestellten und Kleinbetrieben. Diese sollen herhalten, wenn es um die Ausfinanzierung des Staates geht, und die Herrschenden in Politik, Unternehmen und Medien richten es den Großbetrieben und decken sie.
Hinzu kommt, dass auch der Lohnverlust der Arbeiterklasse enorme Auswirkungen auf die Kleinbetriebe hat. Mit der hohen Inflation wurden die Einkommen gesenkt und die KV-Verhandlungen haben diese nicht abgedeckt. Die Folge ist, dass die Arbeiter und Angestellten vermehrt dort sparen, wo es möglich ist: bei Dienstleistungen und dem Einkaufsverhalten. Ein großer Teil der Kleinbetriebe, vor allem Dienstleister, sind von der Inanspruchnahme ihrer Leistungen durch die Bevölkerung in Österreich abhängig. Großkonzerne, die Kapitalistenklasse, haben zum Großteil auch Einkünfte aus dem Ausland, durch Kapitalexport, Großverträge, usw… Für diese ist es meist wichtiger, dass die Löhne für die Produktion niedrig sind, als dass die Bevölkerung in Österreich sich auch etwas leisten kann. Es wird offensichtlich, dass auch hier die Arbeiter, Angestellten und Kleinbetriebe ein gemeinsames Interesse gegen den massiven Lohnverlust haben. Vielfach werden die Arbeiter und die Kleinbetriebe gegeneinander gehetzt und die „Unternehmen“ als eine homogene Gruppe mit gemeinsamen Interessen dargestellt. Sieht man sich jedoch die derzeitige Lage an, kann es nur ein schlechter Scherz sein, da die Kleinbetriebe, genauso wie die Arbeiter, immer weiter unter Druck kommen.
Die Kleinbetriebe sollten sich demnach den Forderungen der Arbeiter anschließen und sich um ihre gemeinsamen Interessen zusammenschließen. Es braucht angemessene Löhne, die keinen Lohnverlust bedeuten, es braucht allgemeine Steuersenkungen für das Volk und eine stark ansteigende Einkommenssteuer ohne Obergrenze. Niedrige Löhne, Armut, Demokratie- und Sozialabbau sind das Programm der Kapitalistenklasse, denn nur sie profitieren davon. Dagegen sollten sich die Kleinunternehmen mit den Arbeitern und Angestellten vereinen, denn nur so können ihre Anliegen unterstützt werden. Das zeigt auch schon die Initiative „Aktion für demokratische Rechte des Volkes“ (ADRV), die genau diesen Zusammenschluss seit den massiven Preissteigerungen fördert und entwickelt.
(1) parlament.gv.at
(2) MeinBezirk.at
(3) bvz.at
(4) Salzburg.orf.at
(5) trend.at
Bildquelle: Insolvenz - geralt - Pixabay
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