Der tägliche Einkauf ist in diesem Jahr im Durchschnitt um 12,7% teurer als noch im Vorjahr (Lebensmittel oftmals sogar um 23%). Schon im Vorjahr war dieser jedoch bereits um etwa 10% teurer als noch 2021 (1)! Millionen Menschen in Österreich stehen vor existentielle Problemen. Doch anstatt für eine reale Lohnerhöhung zu kämpfen, versuchen die selbsternannten Arbeitervertreter die Kapitalisten zu schonen.
In den vergangenen Monaten wurde immer wieder Spanien als positives Beispiel für Maßnahmen gegen die Inflation herangezogen, besonders von Seiten der SPÖ und ihrer Gewerkschaftsführung. In Spanien wurde ein Gaspreisdeckel, eine Mehrwertsteuersenkung auf Grundnahrungsmittel, oder auch eine Senkung der Sprit- und Energiepreise durchgesetzt. Spanien hat derzeit eine offizielle Inflation von rund 3,2 Prozent (Tendenz wieder steigend), also eine der niedrigsten in der EU. Wie geht es nun der spanischen Bevölkerung? Die Teuerung bei Lebensmittel beträgt trotz Maßnahmen rund 12 Prozent. Die Mietpreise beispielsweise liegen über dem österreichischen Niveau, während die Einkommen niedriger sind. Auch ist die niedrige Inflation teilweise ein Taschenspielertrick, denn ein Grund für das Sinken der Inflation war eine andere Berechnungsmethode. Nun wird nicht mehr die Kerninflation (hier werden schwankungsreiche Preise für Energie und Lebensmittel nicht einbezogen) zur Berechnung herangezogen, die jedoch derzeit bei knapp sechs Prozent liegt! Die erschummelte „niedrige“ Inflation von 3,2 Prozent wurde nun auch für die Lohnverhandlungen herangezogen, was sehr schlechte Auswirkungen für die Beschäftigten haben wird. Mitte Mai einigten sich Spaniens Sozialpartner auf eine Lohnerhöhung von 10 Prozent bis 2025: 4 Prozent für 2023, je 3 Prozent für 2024 und 2025. In Spanien ist dieses Abkommen nicht bindend, sondern eine Empfehlung, die jedoch in den allermeisten Fällen für die Lohnabschlüsse herangezogen wird. Bei dieser Rechnung ist ersichtlich: die spanischen Arbeiter und Angestellten haben schon dieses Jahr einen Reallohnverlust. Die Erwartungen sind, dass die Inflation in Spanien wieder ansteigen wird und die Beschäftigten werden auch die nächsten Jahre um Erhöhungen gebracht! Zusammengefasst muss gesagt werden, dass die Maßnahmen für das Senken der Inflation durch die Steuergelder der Massen bezahlt werden und das bei gleichzeitigem Sinken der Reallöhne. Was uns diese „Vorzeigebeispiele“ der Kapitalisten und ihrer Handlanger zeigen: die Inflation soll auf dem Rücken der Arbeiterklasse gesenkt werden!
Den Arbeitern kann die genaue Zahl der Inflation im Grunde egal sein, sobald auch ihr Preis, also der Lohn dementsprechend gestiegen ist. Das Beispiel Spanien demonstriert glänzend, dass trotz Inflationssenkung das Lebensniveau der Bevölkerung sinkt! Hier wird deutlich, dass es nicht die Krise „Aller“ ist, sondern eine Krise der Kapitalisten, die versuchen sich auf dem Rücken der Massen zu sanieren! Natürlich liegt es im Interesse des Volkes wenn die indirekten Steuern, wie etwa Mehrwert-, Tabak- oder Getränkesteuer abgeschafft werden, aber nicht nur halb und als Taschenspielertrick. Ebenso notwendig ist der Kampf um die Einführung einer progressiv ansteigenden Einkommenssteuer, bei Anhebung der Freibetragsgrenze, denn Subventionen, Einmalzahlungen und diverse Deckelungen werden im wesentlichen durch die Arbeiter, Angestellte und Kleinbetriebe finanziert.
Wenn der ÖGB nun skandiert „Hand in Hand gegen die Teuerung“, drängt sich natürlich die Frage auf, wen die Gewerkschaftsführung damit meint? Sie fordern „Löhne rauf“, während sie aber keine Arbeitskämpfe führen um das durchzusetzen. Die Ergebnisse der vergangenen Jahre haben kein einziges Mal die Inflation real abgedeckt. Im Pandemiejahr 2020 wurde sogar freiwillig auf eine Erhöhung verzichtet! Damit geht die ÖGB-Führung Hand in Hand mit ihren „Sozial“partnern, Industriellenvertretern, usw.
In Groß-Enzersdorf in NÖ traten die Arbeiter in kämpferischer Stimmung in einen unbefristeten Streik. Die Freizeitpädagogen setzen sich aktuell für ihren Erhalt, sowie mehr Lohn ein. Auch international sehen wir, dass sich die Arbeiter wehren: in Großbritannien beispielsweise gab es wegen der Teuerungen den größten Bahnstreik seit 30 Jahren für höhere Löhne. Dieser Streik legte große Teile des Landes still und war ein wichtiges Signal an die gesamte Arbeiterklasse Großbritanniens.
In den Medien der Monopolpresse sehen wir, dass schon jetzt ein fauler Kompromiss für die Herbstlohnrunde vorbereitet wird. Täglich hören wir, wie schlecht es um „die Wirtschaft“ steht und die Angst vor Arbeitslosigkeit wird geschürt. Davon dürfen sich die Arbeiter und Werktätigen keinesfalls einschüchtern lassen, sondern sie sollten unbeirrt den Weg des Zusammenschlusses zur Durchsetzung ihrer Interessen gehen!
(1) Berechnung von Finanzrechner.at; Quelle: Statistik Austria
(2) Arbeit & Wirtschaft: Wie Spanien die Inflation in den Griff bekommen hat. 13.1.2023 (arbeit-wirtschaft.at)
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