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Sozialversicherung: Wer zahlt eigentlich drauf?

Aktualisiert: 12. März 2023



Die versprochenen Patientenmilliarde durch die Kassenfusion bleibt bis heute aus. Stattdessen bezahlten alleine in Oberösterreich die Versicherten 500 Millionen für diese Fusion (1). Das Sozialversicherungswesen wird zwar vom Volk finanziert, benutzt wird es aber offensichtlich zur Bereicherung der Herrschenden.



Das Sozialversicherungswesen ist nicht nur ein wichtiger Kostenfaktor wenn man sich den Lohnzettel ansieht, sondern neben der Abdeckung von Arbeitslosigkeit und Pension, auch die Grundlage unseres Gesundheitssystems. Historisch geht die Sozialversicherung auf verschiedene Formen der Selbsthilfe zurück und entwickelte sich schließlich sprunghaft mit der Entwicklung der Arbeiterbewegung. Die Anzahl von versicherten Personen in gewerblichen Betrieben stieg beispielsweise von etwa 200.000 im Jahr 1889 auf über 800.000 im Jahr 1911 (2). Dass der Nutzen der Sozialversicherung vor allem von der Stärke und revolutionären Kampfkraft der Arbeiter abhängt, zeigte speziell die Rätebewegung von 1918 bis 1924. Unter dieser revolutionären Bewegung lag der Großteil der Sozialversicherungen in der Hand des Volkes, das sich diese selbst organisierte und darüber bestimmte. Die Sozialdemokratie (heute SPÖ) sorgte dafür, dass diese wichtige Errungenschaft den Arbeitern entrissen wurde und integrierte die Sozialversicherungen in den Staatsapparat und besiegelte damit deren Unterordnung unter die Interessen der Kapitalisten. Auch heute ist die Sozialversicherung fest in den Händen der Kapitalisten. Die Kassenfusion zeigte das deutlich, wo unterm Strich dem Volk Geld aus der Tasche gezogen und Leistungen massiv gekürzt wurden. Die ÖGK wurde effektiver, ja, aber für die Kapitalisten, nicht für die Arbeiter.


Wer zahlt und wer profitiert zeigt sich auch deutlich an der Unfallversicherung (ein Teil der Sozialversicherung). Die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (AUVA) wird fast ausschließlich aus Beiträgen der Kapitalisten bezahlt, da diese immerhin auch für gute und sichere Arbeitsbedingungen zu sorgen haben (Freizeitunfälle verlangen ohnehin eine Zusatzversicherung). Die AUVA-Beiträge jedoch wurden mit Jänner 2023 erneut gekürzt (schon 2018 gab es eine Kürzung von 1,3 auf 1,2 Prozent) und betragen nun lediglich 1,1 Prozent (3). Als Ziel wurde mit der Kassenfusion die Kürzung auf ein Prozent definiert. Das bedeutet eine Reduzierung von 600 Millionen Euro, die nun zu Lasten der gesamten Österreichischen Gesundheitskasse gehen.


Während gekürzt wird und die Lasten „effizient“ und „schlank“ auf die werktätige Bevölkerung abgeschoben werden, werden auch die Folgen von Berufskrankheiten zunehmend abgeschoben. 2,8 Millionen Personen in Österreich leiden an einer chronischen Erkrankung. Das ist ein Drittel der Gesamtbevölkerung! Die häufigsten Erkrankungen sind dabei chronische Kreuzschmerzen. Mit 1,9 Millionen Menschen leidet ein Viertel der Bevölkerung daran. An nächster Stelle kommt schon der Bluthochdruck, der nicht selten auch eine Todesursache ist. Diese Krankheiten sind im wesentlichen erworbene Krankheiten, die besonders durch gesundheitsschädigende Arbeitsverhältnisse verursacht werden. Dauerhaft Stress, viel Sitzen, schwer Heben, Schichtbetrieb, Turnusdienste… psychische und physische Dauerbelastungen die kaum jemanden fremd sind. Die Liste der anerkannten Berufskrankheiten hingegen spiegelt die Realität kaum wieder. Beispielsweise spielen darin psychische Dauerbelastung, oder dauerhafte Fehlhaltungen keine Rolle. Dabei ist noch gar nicht die Rede von Arbeitsunfällen, für deren Auswirkungen nun auch deutlich weniger durch die Kapitalisten selbst bezahlt werden muss. Laut AUVA passieren die häufigsten Unfälle auf Baustellen, gefolgt von Lagerarbeit und Einzelhandel, Straßenverkehrsunfälle sind hingegen erst an vierter Stelle.


Fakt ist: Die Kapitalisten verdienen an der Arbeit und unterm Strich noch einmal an der Krankheit der Arbeiter. Bereits 1931 entgegnete die KPÖ dem auch heute noch aktuellen Argument der fehlenden Mittel: „Wenn man einwendet für solche Maßnahmen der Investitionen, Verbesserung der Arbeitsversicherung, Verwirklichung der Altersversicherung, Steuerentlastung für die Werktätigen und so weiter, seinen keine Mittel vorhanden, so antworten wir: Die Mittel sind da! Sie müssen nur dort gesucht werden, wo sie sind und wo sie heute für sozialschädliche Zwecke ausgegeben werden.“ (4) Entscheidend für einen Ausbau der Sozialversicherung und der gesundheitlichen Versorgung waren, sowohl in der Geschichte als auch heute, niemals die Mittel, sondern vielmehr die politischen Machtverhältnisse zwischen Arbeiterklasse und Kapitalisten.



(1) OÖ Arbeiterkammer, (2) Sozial Versichert, Ausgabe 4/2019, (3) arbeit-wirtschaft.at, (4) Reihe Geschichte der österreichischen Arbeiterbewegung, Programme der österreichischen revolutionären Arbeiterparteien 1888-1946. Verlag Alois Wieser.


Bildquelle: CCO (via Pexels)

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