In den letzten Wochen sind die Schreckensmeldungen über die Kriegsgefahr in der Ukraine kaum mehr abgerissen. NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg sagte vor kurzem: „Wir müssen auf das Schlimmste vorbereitet sein: Dass Russland erneut militärische Gewalt einsetzt“. Während die Gefahr eines russischen Angriffs derzeit sehr unwahrscheinlich ist, muss ein Blick auf die dahinter liegenden Interessen des Kriegsgetrommels gerichtet werden.
Es sei „durchaus möglich, dass Russland im Februar in die Ukraine einmarschiert“, so US-Präsident Joseph Biden. Denn Russland ziehe schon seit Herbst 100.000 Truppen an der ukrainischen Grenze zusammen, so Biden. Um ein Szenario des Angriffskriegs durch Russland zu inszenieren, wird davon gesprochen, dass Russland seine „Truppen zusammenzieht“. Dazu schreibt der durchaus nicht russlandfreundliche amerikanische Professor Gordon M. Hahn: „Aber es ist entscheidend zu erwähnen, dass die meisten der 92 – 120.000 Truppen an der ukrainischen Grenze, auf die sich der Westen bezieht seit (…) 2014 dort waren.“ (1) Das gezeichnete „Bedrohungsszenario“ stimmt in dieser Form also nicht. Dazu ist zu sagen, dass allein die USA regulär und außerhalb von Krisenzeiten zwischen 75.000 und 80.000 Soldaten in Europa stationiert hat, und vor Kurzem die Truppen in den östlichen NATO-Mitgliedsstaaten erhöht wurden. Es handelt sich um eine zunehmende militärische und politische Einkreisung Russlands durch USA, NATO und EU.
Währenddessen haben unter anderem Großbritannien, Kanada, die Türkei und die Baltischen Staaten mit Waffenlieferungen an die Ukraine begonnen. Die USA haben ihre regelmäßigen Militärinvestitionen in die Ukraine seit vergangenem Sommer um 260 Millionen Dollar erhöht und die Ukraine hat bereits im Herbst letztes Jahr 120.000 Truppen (fast die Hälfte ihrer Armee!) an der Ostgrenze zum Donbass konzentriert. Das ist nicht nur eine Drohgebärde gegen den unabhängigen Donbass, sondern auch eine Provokation gegen den russischen Imperialismus. Zusätzlich zu erwähnen ist, dass in der Ukraine schon seit 2014 Krieg geführt wird. Nachdem USA und EU den Putsch 2014 unterstützten, bei dem faschistische und pro “westliche“ Kräfte an die Regierung gehievt wurden, gibt es großes Interesse die unabhängigen Republiken Lugansk und Donezk in die Ukraine einzugliedern – durch Krieg. Die Widerstandsbewegung in der Ostukraine wehrt sich jedoch schon seit 2014 erfolgreich gegen diese Versuche und lehnt die faschistischen neuen Machthaber der Ukraine ab, die Boden und zahlreiche Betriebe privatisierten, sowie Arbeitsrechte aushöhlten und den Ruin von Millionen Kleinbauern zu verantworten haben.
Für die Bevölkerung in der Ukraine, speziell in der Ostukraine ist jedoch auch der russische Imperialismus keine Alternative. Russland richtet sich nicht aus „Solidarität“ gegen den „westlichen“ Einfluss und die faschistischen Machthaber in der Ukraine, sondern verfolgt seine eigenen wirtschaftlichen und politischen Interessen in Osteuropa. Es war gerade die Dominanz des russischen Imperialismus, welche den Boden dafür bereitet hat, dass sich der sogenannte „Euromaidan“ durchsetzen konnte. Auch vor 2014 gab es zunehmende Privatisierung von Unternehmen und Verschlechterung der Lage der Bevölkerung. Der Streit der Großmächte USA, EU und Russland hat dazu geführt, dass der Krieg seit 2014 nach offiziellen Zahlen bereits 14.000 Tote und über 30.000 Verletzte gefordert hat. Wirkliche Selbstbestimmung der ukrainischen Bevölkerung, frei von imperialistischer Einmischung und Terror, kann das Volk nur selbst erstreiten. Klar ist jedoch, dass ohne den Kampf gegen Fremdbeherrschung, sowohl durch USA und EU als auch durch Russland, der Frieden für die Bevölkerung (auch längerfristig) nicht gesichert werden kann. Teile der Widerstandsbewegung in der Ostukraine gehen schon diesen eigenen Weg des selbstbestimmten Kampfes und verteidigen ihr Land gegen die Interessen der Imperialisten. Es sind keine „unüberwindlichen“ Fronten, welche mit der Teilung der Ukraine innerhalb der Bevölkerung geschaffen wurden. Sowohl die Menschen in der Ostukraine als auch im Westen der Ukraine sehen sich mit den harten Tatsachen der ausländischen Kriegsinteressen konfrontiert, was der Nährboden für gemeinsame Interessen und deren Einforderung im Klassenkampf ist. Sowohl der russische Imperialismus vor dem Maidan als auch USA und EU heute fördern die reaktionären, feudalen und kapitalistischen Eliten im Land, welche von der Ausbeutung der Arbeiter und Bauern profitieren. Nicht die eine oder andere ausländische Großmacht, sondern der eigene Weg der Völker muss verteidigt werden.
Auch Österreich ist nicht unbeteiligt und hat sowohl den Putsch 2014 als auch die Liberalisierung und den Ausverkauf des Landes unterstützt. Österreich ist der fünft größte Investor in der Ukraine und unterhält mehr als 200 Niederlassungen von Unternehmen. Der Profit ist die treibende Kraft, warum die Herrschenden Österreichs derzeit im Zweifelsfall einen Krieg unterstützen würden, um ihre Interessen im Land zu sichern. Diesem Kurs entgegenzutreten und sich auf die Seite der ukrainischen Bevölkerung zu stellen, bedeutet, sich gegen die Teilnahme des österreichischen Kapitals an diesem Kriegskurs zu richten, der im Rahmen der Pläne der EU mitgetragen wird. Ein Krieg mit Russland wird auf dem Rücken der unterdrückten Völker ausgetragen werden und dagegen können sich die Völker nur selbst wehren.
Bildquelle: Panzer, fotshot, Pixabay freie Nutzung
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