Nun hat die sogenannte „Herbstlohnrunde“ mit den KV-Verhandlungen der Metaller begonnen. Die Arbeiter und Angestellten sind mit der höchsten Inflation seit 70 Jahren konfrontiert und richten sich gegen den schon monatelangen dramatischen Lohnverlust. Dass die Gewerkschaftsführung Lohnabschlüsse über der Inflation ausverhandeln wird, daran glaubt (zu Recht) fast keiner mehr.
Die Herbstlohnrunde beginnt traditionell mit den Metallern (betrifft 200.000 Arbeiter und Lehrlinge). Heuer starteten gleichzeitig auch die KV-Verhandlungen im privaten Gesundheits- und Sozialbereich (SWÖ). Danach kommen weitere Verhandlungen, eine der größten Branchen davon ist der Handel. Die Forderung der ÖGB-Chefverhandler klang bei Beginn der Verhandlungen Mitte September überraschend hoch: Lohnerhöhungen um 10,6 Prozent. Was vor ein paar Wochen noch „gar nicht so schlecht“ geklungen hat, ist nun schon wieder ernüchternd, denn die offizielle Inflationsrate rast weiter nach oben. Mit September lag sie schon bei 10,5 Prozent und alle Prognosen für die nächsten Monate erwarten weitere Steigerungen. Die Ausgangsforderung der ÖGB-Spitze ist somit schon von Beginn an vollkommen ungeeignet, um eine reale Lohnerhöhung zu erreichen, denn jeder weiß, dass bei einem Kompromiss mit den Vertretern der Wirtschaftskammer nach unten und nicht nach oben hin verhandelt wird. Deshalb ist es natürlich Augenauswischerei, wenn die Gewerkschaftsführung von Abschlüssen mit „Reallohnzuwachs“ spricht, denn das würde bedeuten, dass sie auch eine kommende noch höhere Inflation einberechnet.
Die Arbeiter und Angestellten haben in den letzten Jahren gesehen, dass ihre Interessen nicht am Verhandlungstisch von ÖGB-Spitze und Wirtschaftskammervertretung verteidigt werden. Ohne entsprechenden Druck aus den Betrieben, ohne Kampfmaßnahmen der Arbeiter und Angestellten wird es keinen Abschluss geben, der über der Inflationsrate liegt. Hinzu kommt, dass von Seiten der Wirtschaftsvertreter klar gemacht wurde, dass es Lohnverluste geben wird. Der Chefökonom der Europäischen Zentralbank, Philip Lane, machte deutlich „die Löhne werden mit der Inflation nicht Schritt halten können“ und Wirtschaftsminister Kocher forderte eine „Balance“ bei den Abschlüssen, die auch „die gesamtwirtschaftliche Lage berücksichtigt“. Das heißt nichts anderes als niedrige Abschlüsse im Dienst der Kapitalisten. Es wird also kein „Zuckerschlecken“ einen Abschluss im Interesse der Arbeiter und Angestellten zu erlangen. Dass in so einer Situation von Seiten der ÖGB-Spitzen KV-Verhandlungen ohne ein dementsprechendes Begleitprogramm von Kampfmaßnahmen, Betriebsversammlungen und öffentlichen Aktionen geführt werden, sollte die Aufmerksamkeit alle Arbeiter und Angestellten erlangen. Nicht ohne Grund haben große Teile der Arbeiterklasse kein Vertrauen mehr in die sogenannten „Arbeitnehmervertreter“ des Gewerkschaftsbundes, haben sie doch die Erfahrung gemacht, dass ihre Interessen nicht verteidigt werden. Im Gegenteil hat die ÖGB-Spitze jahrelang gezeigt, dass sie die Arbeiter „ruhig stellen“ und besänftigen, um Lohnabschlüsse im Dienst des Kapitals durchzuboxen.
Die sogenannte Sozialpartnerschaft und die Führung des Gewerkschaftsbundes, die allesamt Parteivertreter der SPÖ sind, richten sich gegen den notwendigen Zusammenschluss der Arbeiter. Den Arbeitern wird vorgegaukelt, dass sich der Klassenkampf darauf beschränkt, sich einmal im Jahr am Verhandlungstisch eine „gemeinsame Lösung“ auszuschnapsen. Darüber hinaus ist es ebenso die Führung des ÖGB die versucht, den Kampf der Arbeiter auf Lohnabschlüsse zu reduzieren und ihn damit einzuengen. Die Arbeiterklasse hat auch politische Interessen: Wer bestimmt über die Produktion, wer bestimmt über Arbeitsverhältnisse und schlussendlich wer bestimmt über das gesellschaftliche Leben,… denn Ausbeutung endet nicht am Werkstor, was wir spätestens seit den explodierenden Teuerungen sehen. Gerade diese „Tradition“ der Sozialpartnerschaft, der Versuch die Arbeiter vom revolutionären Kampf gegen die herrschende Klasse zurückzuhalten und sie auf Lohnverhandlungen oder einzelne Betriebsfragen zu reduzieren, hat dazu geführt, dass die politische Kraft der Arbeiterklasse etwas durchzusetzen schwach ist. Nicht nur die schlimmsten Auswüchse des Kapitalismus in den Betrieben, sondern die Kapitalistenklasse, welche sich den gesamten Staatsapparat untergeordnet hat, muss durch die Arbeiter bekämpft werden. Demnach muss eine starke und kämpferische Bewegung der Arbeiter gegen die Führung des ÖGB erstritten werden.
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