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Israelischer Angriff auf den Iran und die Rolle von USA und EU


Eilmeldung der Redaktion: Dieser Artikel wurde vor dem imperialistischen Angriff der USA auf den Iran verfasst. Aufgrund der nach wie vor relevanten Inhalte veröffentlichen wir diesen trotzdem und werden die aktuellsten Geschehnisse des heutigen Tages in Kürze kommentieren. (Redaktion der Roten Fahne)



Die jüngsten Angriffe Israels auf den Iran lassen die Widersprüche in Vorderasien grell ans Licht rücken: Das zionistische Kriegsregime hat mit einer umfassenden militärischen Operation am 13. Juni den Iran angegriffen, oberste Vertreter des iranischen Militärs sowie zahlreiche Zivilisten ermordet und damit die Kriegsgefahr in der gesamten Region massiv angeheizt. Die faschistoiden Kriegsprovokateure in Israel schaufeln sich damit aber selbst weiter ihr Grab, denn einen konventionellen Krieg gegen den Iran, bei mehreren gleichzeitigen Unruheherden in unmittelbarer Nähe, kann Israel (trotz Größenwahn) nicht gewinnen. Die europäischen Imperialisten versuchen sich nun, nach anfänglicher Verteidigung des israelischen Angriffs, als „diplomatische Vermittler“ zu positionieren – wohl eher aber deshalb, um die militärischen Fakten die Israel schafft in ihnen dienliche politische Ergebnisse zu gießen (bisher jedoch ohne Erfolg) und freilich auch um Israel Zeit zu verschaffen.



Iran als „strategischer Feind“ und Israels Krieg an mehreren Fronten


Bereits in der letzten Ausgabe der „Roten Fahne“ machten wir folgende Einschätzung, die sich jetzt bestätigte: „Da Israel es bisher nicht schaffte seine Kriegsziele in Gaza zu erreichen, soll die neue blutige Offensive und die langfristige Besetzung Gazas dazu dienen ein ‚ruhiges Hinterland‘ zu schaffen. Das würde die Möglichkeit für die Zionisten öffnen, sich umfassender dem ‚Feind‘ und Konkurrenten Iran widmen zu können. Der Iran ist jenes Land in der Region, das den Interessen Israels und auch der USA am meisten entgegensteht, weshalb auch die öffentlich verlautbarten Drohungen mehr werden.“ (1) Israel griff jedoch nun den Iran an, ohne sich ein ‚ruhiges Hinterland‘ geschaffen zu haben, denn weder die Huthi im Jemen, noch die Hisbollah im Libanon (wenngleich diese durch die „Pager“-Angriffe massiv geschwächt wurde), haben aufgehört gegen Israel und seine imperialistischen Unterstützer zu kämpfen. Und die Lage in Gaza, wie auch im Westjordanland ist alles andere als „ruhig“. Mit den massiven Angriffen gegen den Iran werden die Herrschenden in Israel noch weiter den Zorn und Widerstand der Völker in der Region befeuern.


Wegen mehrerer offener militärischer Fronten ist die gegenwärtige Position Israels einerseits von einer relativen Schwäche charakterisiert. Warum wurde in dieser Lage eine Offensive gegen den Iran begonnen? Ein wichtiger Hinweis dafür ging ein paar Tage vorher durch die bürgerlichen Medien: Der Iran vermeldete eine erfolgreiche Geheimdienstoperation in Israel, bei der „eine große Menge sensibler Informationen und Unterlagen“ in die Hände des Irans gelangt seien, darunter „Tausende Dokumente über das israelische Nuklearprogramm“ (2). Das gibt u.a. auch den Hinweis auf einen sehr wichtigen Umstand: Sowohl von israelischer Seite, als auch ihrer US-amerikanischen und europäischen Verbündeten, wird versucht die propagandistische Aufmerksamkeit nur auf das iranische Atomprogramm zu lenken, während es jedoch wesentlich auch um das israelische Atomprogramm geht. Denn während als Legitimationsgrund des israelischen Angriffs auf den Iran die „Möglichkeit von Atomwaffen“ genannt wird, ist es ein mehr oder weniger offenes Geheimnis, dass Israel über durch die USA kontrollierte Atomwaffen verfügt (bereits seit Ende der 1960er Jahre). Im Gegenteil zum Iran haben jedoch die USA natürlich kein Interesse daran, das israelische Atomprogramm in Frage zu stellen.


Dass wichtige Strategiepapiere Israels in die Hände des Irans gelangen, wäre für Israel nicht nur ein (erneutes) massives Sicherheitsversagen, sondern würde sich überaus gefährdend auf ihre regionalen Kriegspläne auswirken und damit einen strategischen Nachteil bedeuten. Dass nun wichtige Teile der militärischen Führung des Iran liquidiert wurden, spricht für den Versuch eine politische und unmittelbare militärische Nutzung dieser Dokumente zu verhindern. Dieser Angriff gegen den Iran bringt Israel einen relevanten Nachteil – denn sie sind unter Zugzwang gekommen und haben unter Druck gehandelt. Dieser Aspekt der strategischen Dokumente ist ein Grund dafür, warum Israel so schnell und damit im Nachteil den Iran attackierte. Wenngleich auch die Frage von mehreren offenen Fronten, wie weiter oben charakterisiert, eine relative Schwäche Israels bedeutet, muss allerdings auch gesehen werden, dass die zionistische Führung die Lage in Gaza und in den Nachbarländern zumindest als soweit „im Griff“ und damit kontrollierbar einschätzt, dass ein militärischer Angriff auf den Iran zumindest in einem gewissen Ausmaß möglich ist. Die militärischen Kapazitäten des zionistischen Israels und seiner Politik der „Eisernen Mauer“ sind also derzeit nach eigener Einschätzung noch nicht überdehnt. Es wird sich weisen, ob dies der Hochmut des Aggressors ist, oder eine realistische Einschätzung der eigenen Kräfte. Der US-Präsident lobte die israelischen Angriffe und forderte abermals den Iran dazu auf, in der Frage des Atomabkommens im Sinne der USA einzulenken. Wie weit Israel in seinen Angriffen gehen kann und wird, wird von der Haltung seines imperialistischen Schirmherren, der USA abhängen. Nach Intervention Trumps wurde von der israelischen Führung jedenfalls recht rasch das Vorhaben der Liqudierung der iranischen Führung dementiert. Das gilt wohl vorerst, allerdings ist fraglich wie lange...




Konventioneller Krieg gegen Iran würde Widersprüche in der Region massiv verschärfen


Dass der israelische Geheimdienst Mossad dazu in der Lage ist hochkomplexe Operationen in größerem Stil erfolgreich durchzuführen, hat er sowohl im „Pager-Angriff“ gegen die Hisbollah, als auch im Angriff gegen den Iran gezeigt. Ebenso ist die israelische Luftwaffe ein durchaus fähiger und hochmoderner Teil der militärischen Fähigkeiten Israels. Das bedeutet jedoch noch lange nicht, dass Israel dazu in der Lage ist einen konventionellen Krieg gegen den iranischen Staat zu gewinnen. Der Iran ist rund drei Mal so groß wie Frankreich (und rund 75 Mal so groß wie Israel), besitzt 600.000 aktive Soldaten und 350.000 Reservisten (im Vergleich dazu hat Israel 126.000 aktive Soldaten und 400.000 Reservisten). Der Iran hat mit einer Bevölkerung von 90 Millionen knapp zehn Mal so viele Einwohner wie Israel (9,7 Millionen). Ohne die Unterstützung und Involvierung der USA, kann Israel keinen umfassenden Krieg gegen den Iran beginnen und auch mit US-amerikanischer Hilfe wäre ein Sieg nicht garantiert.


Ein konventioneller Krieg mit dem Iran würde auch die Widersprüche innerhalb der arabischen Nachbarstaaten in der Region massiv verschärfen. So hat beispielsweise sogar Saudi-Arabien, das immerhin eine Halbkolonie der USA ist und auch entscheidend für deren Bedarf an günstigem Öl, den israelischen Angriff vom 13. Juni als „blanke Aggression“ (3) bezeichnet. Überdies näherten sich Saudi-Arabien und der Iran in der letzten Periode einander an, hielten Ende 2024 gemeinsame militärische Übungen ab und beschlossen gemeinsame Pläne für die zivile Nutzung von Atomenergie (4). Ebenso wird eine Ausweitung des Krieges die Aktivität und den Kampf der unterdrückten Völker in der Region befeuern und die politische Krise der mit den USA verbundenen arabischen reaktionären Regimen vertiefen.


Die Hegemonie der USA bröckelt immer weiter, nicht zuletzt da sie ihre Kräfte an immer mehr militärischen Unruheherden binden müssen und sich weniger auf strategische Fragen (hauptsächlich China) konzentrieren können. Relevant in der Beurteilung der Situation ist auch, dass Russland bislang enorm zurückhaltend auf die israelischen Angriffe im Iran reagiert hat und dem Iran nicht offensiv zur Seite steht. Ebenso hat die russische Führung nicht bestritten, dass sie vorab über den Angriff vom 13. Juni informiert wurde. Das zeigt unter anderem, dass der russische Imperialismus, aufgrund der Bindung seiner Kräfte im Ukraine-Krieg, derzeit wenig Interesse an einem direkten militärischen Eingreifen im Nahen Osten (oder einer weiteren militärischen Eskalation in dieser Region) hat.




Deutscher Kanzler Merz: Israel erledigt „unsere Drecksarbeit“


Dass die europäischen Imperialisten, allen voran Deutschland und Frankreich, den Angriff Israels gegen den Iran als legitime „Selbstverteidigung“ und „Schutz“ Israels bezeichnen unterstreicht, dass Israel nicht nur US-amerikanische Interessen in Vorderasien vertritt, sondern auch wichtige Interessen der Imperialisten der EU. Derzeit versucht die EU Verhandlungen mit dem Iran zu führen, um die Unterzeichnung eines Atomabkommens zwischen USA und Iran zu fördern. Dem deutschen Kanzler Friedrich Merz rutschte am Rande des G7-Gipfels in Kanada eine wohl zumindest ehrliche Charakterisierung zu den israelischen Angriffen heraus: „Das ist die Drecksarbeit, die Israel für uns alle macht“, sagte der Kanzler zum ZDF. Und außerdem: „Ich kann nur sagen, größten Respekt davor, dass die israelische Armee, die israelische Staatsführung den Mut dazu gehabt hat, das zu machen.“ (5) Solch offene Worte sind zwar eher ungewohnt aus den Mündern der imperialistischen Staatsrepräsentanten, doch sie unterstreichen, dass sowohl die israelischen Angriffe als auch die diplomatischen Verhandlungen der EU zwei Seiten einer Medaille darstellen. Israel erfüllt dabei die Rolle des „Rammbocks“, des Vorpostens von USA und EU in der Region.


Gepaart mit dem fortgesetzten Völkermord in Gaza und der Unterstützung der israelischen Kriegsprovokateure durch die EU, werden die Völker den Herrschenden noch mehr Wut und Zorn entgegenbringen. Das gilt es auch für die Palästinasolidaritätsbewegung zu nutzen und die Aktivität gegen Aufrüstung und Militarisierung voranzutreiben.



(1) Die Rote Fahne, Nr. 35, „Israel: Totengräber und Brandstifter in Vorderasien“

(2) orf.at; „Iran meldet erfolgreiche Geheimdienstoperation in Israel“

(3) tagesspiegel.de; „Angst vor einem regionalen Krieg. So reagiert die arabische Welt auf den Angriff Israels“

(4) spiegel.de; „Saudi-Arabien und Iran absolvieren gemeinsame Militärübungen im Golf von Oman“

(5) zeit.de; „Iran bestellt wegen Merz-Äußerung deutschen Botschafter ein“


Bildquelle:

Titelbild, Mohammadjavad Alikhani, Wikimedia, CC BY 4.0

Bild2, Bild3, Erfan Bagheri, Wikimedia, CC BY 4.0


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