Fünf Tote, tausende Evakuierungen und noch weitaus mehr Betroffene: die Unwetter und das Hochwasser der vergangenen Tage haben bereits zu einer Katastrophe für ganze Regionen geführt. Nachdem die größte Gefahr durch das Hochwasser in vielen Teilen Österreichs nun gebannt scheint, stehen Tausende vor den Trümmern ihrer Existenz. Und bei Vielen ist es nicht das erste Mal… Sie wissen, dass große Versprechungen für die „Kleinen“ meist sehr dürftig enden.
Wenn der Schutz nicht reicht.
Offenbar wurden bei den Überschwemmungen nicht nur jene Gebiete getroffen, die in den letzten Jahrzehnten im Fokus von Hochwasserkatastrophen standen und deshalb gewisse Schutzvorkehrungen besitzen, sondern auch viele Gegenden wo es keine, oder zu geringe Maßnahmen gegen ein solches Ereignis gibt. In manchen Ortschaften wurde in den letzten Jahren sogar von Seite der Gemeinde darauf hingewiesen, dass Schutzvorkehrungen wie Staumauern zu niedrig oder zu gering ausgefallen sind. Beispielsweise in Haunoldstein (Niederösterreich), wo zwei drittel der Häuser nach der Flut unter Wasser standen, wurde das Drängen auf eine höhere Schutzmauer mit „Nein, das reicht“ (1) abgetan. Nun hat es nicht gereicht und zwar nicht nur in Haunoldstein… Was das für die betroffene Bevölkerung bedeutet, ist dramatisch: Kaputte Autos, Häuser, Inneneinrichtung usw. und wenn noch ein Kredit anhängig ist, sind die Konsequenzen noch viel weitreichender.
Im Nachhinein haben immer alle recht.
Viel wurde in den letzten Tagen über das Schlagwort der „Renaturierung“ gesprochen und Umweltschutzministerin Leonore Gewessler von so machen zur „Heldin“ hochstilisiert (obwohl das Renaturierungsgesetz der EU de facto nichts an dem Ausmaß der Hochwasserkatastrophe geändert hätte). Die ÖVP und hier besonders Bundeskanzler Karl Nehammer und die niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner werden nicht müde zu betonen, dass „96 Prozent der Bodenfläche in Niederösterreich nicht verbaut“ ist. Der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig klopfte sich, trotz massiver Unterschätzung und Gefahr durch das Ausmaß des Wien-Flusses, mit dem Satz „Wien kann Hochwasser“ (2) vor allem selbst auf die Schulter. Ginge es also nach der Selbsteinschätzung dieser Damen und Herren, hätte es gar nicht zu so einem Katastrophenereignis kommen können, denn alle hätten ohnehin genug gemacht. Mit Hochwasserkatastrophen verhält es sich in Österreich ähnlich wie im Wahlkampf: Großen Worten folgt, dass die Bevölkerung selbst in die Presche springen muss.
Wer die Schäden bezahlt und wo das Geld meist lockerer sitzt.
Auch zum Thema Hilfszahlungen wurden bereits große Worte geschwungen. Der Katastrophenfonds wird nun auf insgesamt eine Milliarde aufgestockt (3) und die niederösterreichische Landesregierung sagte 75 Millionen an Soforthilfe zu (4). Hochwasseropfer können jedoch nur bis zu 20 Prozent der Schadenssumme durch dieses Soforthilfe ersetzt bekommen. (5) Noch schlimmer stellt sich die Lage heraus, wenn es zur Deckung der Kosten durch Versicherungen kommt. Nach oft monate- bis jahrelangen Warten nach einer Antragsstellung, gibt es im Schnitt zirka 7.000 Euro für Gebäudeschäden. „Man muss auch dazusagen, dass die Versicherungssummen für solche Ereignisse nicht sehr hoch sind“ (6), meint beispielsweise Ralf Mitterhauser von der Oberösterreichischen Versicherung. Und weiter meint dieser: „Speziell in solchen Gebieten, wo immer wieder mit Überschwemmungen zu rechnen ist, wird es immer schwieriger, einen Versicherungsschutz zu bekommen. Wenn man einen bekommt, werden sicher die geringeren Summen zur Anwendung kommen.“ Laut einem OECD-Bericht vom Juli dieses Jahres sind ein Viertel der Österreicher einem erhöhten Hochwasserrisiko ausgesetzt. (7) Zusammengefasst bedeutet das, dass ein großer Teil der österreichischen Bevölkerung von Hochwasser betroffen ist, Versicherungen nur dann hohe Summen zahlen wenn es für sie auch ein profitables Betätigungsfeld ist und die Hilfen aus Steuergeldern bei 20 Prozent gedeckelt sind. Die Schäden muss also die Bevölkerung zahlen und für viele bestimmt so ein Hochwasserereignis den weiteren Verlauf ihres Lebens entscheidend.
Viele der Betroffenen wissen durchaus, dass eine „Soforthilfe“ von 75 Millionen für ein Bundesland mit rund 1,7 Millionen Einwohnern und viele betroffenen Regionen ein Tropfen auf dem heißen Stein der Realkosten ist. Während alleine die Gesamtkosten für die Raketen- und Drohnenabwehranschaffung für Sky Shield rund sechs Milliarden Euro ausmachen (8), oder beispielsweise 47 Milliarden Euro an Corona-Hilfsgelder (bspw. alleine 10 Milliarden für die Firmen von Rene Benko) aus Steuergeld ausbezahlt wurden (9), wird klar, dass Steuergeld in anderen Fällen oft viel „lockerer sitzt“.
(1) orf.at
(2) kurier.at
(3) nachrichten.at
(4) noen.orf.at
(5) noen.at
(6) ooe.orf.at
(7) orf.at
(8) sn.at
(9) konstrast.at
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