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Katharina J.

Höhere Löhne: 400 Metaller-Betriebe im Warnstreik

Aktualisiert: 17. Nov. 2023


In den vergangenen drei Tagen waren rund 400 Metaller-Betriebe im Warnstreik, um den ersten Druck für eine Reallohnerhöhung bei den KV-Verhandlungen aufzubauen. Obwohl nur stundenweise gestreikt wurde, zeigten sich schon in der kurzen Zeit so manche Auswirkungen: Straßen wurden blockiert, stundenlange Staus herbeigeführt und die Arbeiter der metalltechnischen Industrie erregten große Aufmerksamkeit. Nun muss es darum gehen, auch weiter für eine wirkliche Reallohnerhöhung zu kämpfen.




Verhöhnendes „Angebot“ von 2,5 Prozent


Die Führung der Produktions-Gewerkschaft (Pro-Ge) fordert eine Lohnerhöhung von 11,6 Prozent. Das Angebot der sogenannten „Arbeitgeber“, also der Konzernvertretungen, war mit 2,5 Prozent eine reine Verhöhnung der Arbeiterklasse. Auch das zweite „Angebot“, das einen Durchrechnungszeitraum von zwei Jahren beinhaltet und damit als unakzeptabler Vorstoß abgelehnt werden muss, richtet sich diametral gegen die Interessen der Arbeiter. Natürlich sind die über 200.000 Metaller kampfbereit und schließen sich zu den Warnstreiks zusammen. Laut Gewerkschaft GPA waren die letzten drei Tage mit über 400 Streikbetrieben die „größte Anzahl streikender Metaller-Betriebe seit 1962“. Das ist auf der einen Seite hervorragend und ein kräftiges Signal der Arbeiterklasse gegenüber dem Kapital. Gleichzeitig versuchen die Gewerkschaftsspitzen derzeit auch, die Warnstreiks aufzubauschen, um ihre eigene Krise dadurch zu verschleiern. Denn seit 1962 gab es sehr wohl nicht nur Warnstreiks, sondern wirkliche tagelange Streiks. Beispielsweise der Streik der Industriearbeiter in Steyr in den 1990er-Jahren, wo die Arbeiter nach dem Ausverkauf und einer riesigen Kündigungswelle (verantwortlich dafür war damals die SPÖ!) in den Betrieben, gegen weiteren Ausverkauf und weitere Kündigungen kämpften. Die diesjährigen Warnstreiks sind notwendig, sie jedoch jetzt schon auf einen Podest zu heben und damit auch die Erfahrungen der Arbeitskämpfe in den letzten Jahrzehnten auszublenden, ist für die Arbeiter gefährlich. Die Arbeiter müssen darauf drängen, auch wirkliche Streiks durchzusetzen, um eine Reallohnerhöhung tatsächlich zu erreichen.



Arbeiter legten Verkehr lahm


Sowohl beim Auftakt der Warnstreiks mit den Aufzugsmonteuren in Wien, als auch beispielsweise bei dem Warnstreik im Stahlbetrieb Voestalpine in Linz, wurden durch Straßenblockaden Staus herbeigeführt. Die Arbeiter verteilten auch Flugblätter an die blockierten Autofahrer. Diese Warnstreiks bewiesen schon in kräftiger Art und Weise, dass das Mittel des Streiks eine hervorragende Möglichkeit ist, Druck aufzubauen und auch die Bevölkerung zur Solidarität zu mobilisieren.


Bei manchen Betriebsversammlungen, wie beispielsweise beim BMW-Werk in Steyr, wurden die Arbeiter die daran teilnehmen wollten, dazu genötigt, die Zeit der Betriebsversammlung selbst zu bezahlen. Sie mussten ausstempeln und konnten erst nach Ende der Betriebsversammlung wieder einstempeln. Dass die Betriebsversammlungen nicht als Arbeitszeit gelten ist ein Skandal und gegen die Interessen der Arbeiter gerichtet – denn es gilt: je mehr an Aktionen teilnehmen, desto besser! Auch beim Streiktag der Kindergartenpädagoginnen in Wien wurden ähnliche Methoden durch die Gewerkschaftsführung angewandt. In den städtischen Kindergärten konnten nur Gewerkschaftsmitglieder an der Betriebsversammlung und an der Demonstration teilnehmen. Der Rest musste den „Notbetrieb“ in den Kindergärten stemmen. Solcherlei Methoden sind abzulehnen, da sie die Belegschaft spalten und den Arbeitskampf insgesamt schwächen, bzw. einen „Streik“ teilweise ad absurdum führen.



Kein „fairer Lohn“, sondern Reallohnerhöhung durch Festgeldbeträge!


Die Gewerkschaftsführung ist zu Recht vom „Angebot“ der sogenannten „Arbeitgeber“ empört und fordert einen „fairen Lohn“. Ein „fairer Lohn“ ist jedoch kein brauchbares Instrument, denn „fair“ ist in den Augen der Kapitalisten etwas anderes als für die Arbeiter. Es braucht keinen „fairen Lohn“, sondern es braucht tatsächliche Reallohnerhöhungen. Die Brauindustrie bekam nun rund 9,5 Prozent, die Bäckergewerbe rund 9,7 Prozent Lohn„erhöhung“ (1). Das ist natürlich zu wenig, denn die durchschnittliche Teuerungsrate alleine ist kein Messwert im Interesse der Arbeiterklasse. Im Oktober 2023 gab es beispielsweise im Bereich Wohnen, Wasser und Energie noch immer eine Inflation von rund 20 Prozent, bei Nahrungsmittel und Getränken lag diese noch immer auf hohen 11,5 Prozent (2). Es sind also die Dinge des alltäglichen Gebrauches die eine höhere Inflation aufweisen als die Durchschnittsinflation. Schon letztes Jahr stiegen die Arbeiter bei den KV-Verhandlungen mit einer Reallohnkürzung aus.


Im Interesse der Arbeiter, besonders der unteren Lohnklassen und Berufseinsteiger ist es, Festgeldforderungen zu stellen. Neun Prozent zu fordern heißt schlichtweg, dass die unteren Einkommen weniger bekommen als die höheren und damit werden vor allem diese mit einer Lohnsenkung aussteigen. Sogar das SPÖ-nahe Momentum-Institut gibt an, dass ein Ein-Personen-Haushalt in den letzten zwei Jahren durchschnittlich 405 Euro mehr ausgeben muss, um das Lebensniveau zu halten (3). Bei einem Viertel der Haushalte sind es sogar im schnitt 715 Euro mehr. Wenn jemand 1.500 Euro Netto verdient, ist eine Lohn„erhöhung“ von 9 Prozent ein Witz! Neben Festgeldforderungen muss natürlich die Frage der Steuerfreibeträge ins Zentrum gerückt werden. Wenn durchschnittliche Arbeiter durch die Lohnerhöhungen in eine höhere Steuerklasse fallen, kann unterm Strich sogar weniger herauskommen als vor KV-Abschluss. Dass die Gewerkschaftsführung diese Fragen nicht einmal aufgreift, ist schon ein Verrat an den Arbeitern. Man könnte meinen es, es gehe zu großen Teilen vor allem um den Erhalt der Gewerkschaftsbeiträge, die nicht vom Netto-, sondern vom Bruttolohn berechnet werden...


Die Herrschenden versuchen die Kampfkraft der Arbeiterklasse zu schwächen und einzudämmen, denn Reallohnerhöhung heißt weniger Profit für die Kapitalisten. Mit der Inflation wird jedoch das Lebensniveau der Arbeiter und Angestellten herabgedrückt und jeder merkt es am Ende des Monats, dass er weniger Geld zur Verfügung hat als noch vor ein paar Jahren. Nicht für eine Reallohnerhöhung einzustehen bedeutet, dass das Absenken des Lebensniveaus weitergeht. Dagegen gilt es sich zu wehren und zu kämpfen. Die Warnstreiks waren ein erster Anfang, sie dürfen aber nicht schon der Abschluss sein!




(1) Pro-Ge

(2) statista.com

(3) momentum-institut.at


Bildquelle: ÖGB

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