70 Jahre Staatsvertrag: Für Artikel 7 müssen wir selber kämpfen!
- Redaktion Die Rote Fahne
- vor 10 Stunden
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Hier möchten wir einen Flugblatttext teilen, den die „Aktion für demokratische Rechte des Volkes“ (ADRV) anlässlich einer Demonstration der nationalen Minderheiten in Österreich veröffentlicht hat. Die Demonstration beginnt am 15. Mai unter dem Titel „Minderheitenstreik“ um 17 Uhr beim Ballhausplatz in Wien.

Für Artikel 7 müssen wir selber kämpfen!
Liest man sich den Artikel 7 des Staatsvertrages durch, dann stellt man unweigerlich fest, dass vieles daraus bis heute nur versprochen wurde. Vieles wurde nur halb und halbherzig umgesetzt. So z.B. die zweisprachigen topographischen Anschriften, wo erst nach vielen Jahren die ersten Ortstafeln auftauchten und die meisten Politiker dann meinten „Pflicht erfüllt“. In den Jahren danach sind mancherorts noch zweisprachige topographische Anschriften dazugekommen. Das aber auch nur, weil sich Mitglieder der Minderheiten immer wieder dafür eingesetzt haben, unter großem Aufwand!
Im Bildungsbereich zeigt sich ein ähnliches Bild. Die Sprachen der Minderheiten werden als Nebenfach „geduldet“, wenn noch etwas Zeit bleibt. Wie viel man dort lernt? Nebensächlich für die Verantwortlichen! In Wien gibt es z.B. einen zweisprachigen (Burgendlandkroatisch/Deutsch) Kindergarten und das auch nur, weil sich MinderheitenaktivistInnen dafür einsetzen und diesen selbst betreiben. Weiterführend gibt es nichts. Die Parteien reden sich darauf hinaus, dass Artikel 7 in Wien nicht wirklich greifen würde, weil es keines der historisch zweisprachigen Gebiete der Burgenlandkroaten oder der Kärntner Slowenen ist. Doch heute leben sehr viele Angehörige dieser Volksgruppen in Wien! Die bestimmende Intention des Artikel 7, nämlich der Schutz der nationalen Minderheiten, muss also auch hier eingefordert werden. Und das bedeutet, dass wir auch hier das im Artikel 7, Absatz 2 verankerte Recht des Anspruchs auf Elementarunterricht in der Sprache der Minderheiten einfordern, ebenso wie das Recht auf eine angemessene Anzahl eigener Schulen und eigene Abteilungen in den Schulbehörden. Diese Behördenabteilungen, ebenso wie die Lehrkräfte an den Schulen, sollen von den Angehörigen der Volksgruppen selbst demokratisch bestimmt werden, nicht von der Politik eingesetzt!
Der Artikel 7 des Staatsvertrages ist nicht das einzige Gesetz, das die Rechte der nationalen Minderheiten in Österreich „garantiert“, aber er hat eine besondere Stellung. Der Staatsvertrag ist ein Produkt der Niederschlagung des Nazifaschismus und der Befreiung Österreichs vor 80 Jahren. Für die Niederschlagung des Faschismus gaben auch zehntausende ÖsterreicherInnen ihr Leben. Viele von ihnen waren Angehörige der nationalen Minderheiten.
So wie die Herrschenden bisher mit der Umsetzung des Artikel 7 umgegangen sind, zeigt wie wenig Interesse besteht unsere demokratischen Errungenschaften zu verteidigen. „Jetzt trampeln sie wieder auf unseren Rechten herum, erinnert euch meiner Geschichte …“ heißt es in einem bekannten Lied über die kärntner-slowenische Partisanin „Jelka“.
Seit der Unterzeichnung des Staatsvertrages gab es viele Initiativen und Aktionen die sich für die Rechte der nationalen Minderheiten in Österreich eingesetzt haben. Wo diese in ihre eigene Kraft vertrauen und sich nicht bloß zum Anhängsel einer der verschiedenen alten Parteien machten, gelang diesen auch einiges – denn es waren ihre eigenen Interessen für die sie sich einsetzten! Für die Erweiterung und volle Umsetzung des Artikel 7 müssen wir selber kämpfen:
Wir betonen das Recht der Angehörigen der nationalen Minderheiten auf Verkehr in der Muttersprache mit allen Ämtern, Behörden und Gerichten im gemischtsprachigen Gebiet! Im restlichen Österreich muss dies zumindest durch Dolmetscher ermöglicht werden!
Recht für die Angehörigen der nationalen Minderheiten im gemischtsprachigen Gebiet auf zweisprachige Ausbildung in allen Bereichen des Bildungswesens; Recht aller Angehörigen der Minderheiten in ganz Österreich auf Unterweisung in der Muttersprache. Obligatorische Unterweisung aller Kinder und Jugendlichen im gemischtsprachigen Gebiet in der Sprache der Minderheiten!
Sofortige Umsetzung der Zweisprachigkeit aller topographischen Aufschriften sowie aller öffentlichen Kundmachungen, Bezeichnungen und Aufschriften im gemischtsprachigen Gebiet!
Ausweitung der grundlegenden Rechte des Artikel 7 des Staatsvertrags auf alle heute relevanten Siedlungsräume der nationalen Minderheiten (z.B. Wien für die Burgenlandkroaten), auch wenn diese nicht den historisch gemischtsprachigen Gebieten entsprechen!

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