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AFGHANISTAN

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VORWORT

So sehr das Land und seine Leute auch die österreichische Medienlandschaft beschäftigen, so wenig ist in Wirklichkeit bekannt über die Entwicklung, die Bevölkerung und Ursachen der aktuellen Lage in Afghanistan. „Je mehr Schlagzeilen, desto weniger Wahrheit“ wäre auch in dieser Frage eine treffende Beschreibung der Berichterstattung der sogenannten „Mainstream-Medien“.

 

Afghanistan ist ein Land das sich von der westlichen Grenze Chinas bis zur Ostgrenze des Iran erstreckt. Ein Gebirgsland, in dem nur zehn Prozent der Fläche unter 600 Meter liegt und Gebirgszüge bis 7.500 Meter (Hindukusch) umfasst. Sowohl wüstenartige Landschaften, Dürreperioden, als auch Gletscher und Schnee zeichnen die vielseitige Natur des Landes aus. Die afghanische Bevölkerung kennt aber vor allem eines: den Interventionskrieg durch ausländische Großmächte.

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Bild: Map of Ethnolinguistic Groups in Afghanistan, Wikimedia Commons, Public Domain

Vor rund drei Monaten verkündeten die NATO-Truppen unter Führung der USA den endgültigen Abzug aus Afghanistan und damit ihre Niederlage im 20 Jahre andauernden Interventionskrieg. Mit Krokodilstränen in den Augen sahen die „westlichen“ Imperialisten ein „Ende der Demokratie“ in Afghanistan, was wohl ein Manöver war um von den dramatischen Folgen ihres Raub- und Zerstörungskrieges abzulenken. Wirkliche Tränen vergossen sie höchstwahrscheinlich über den Verlust eines großen Teils des Einflusses in diesem für sie strategisch wichtigen Land. Denn nicht nur ist Afghanistan ein Land mit großen Vorkommen unterschiedlicher natürlicher Ressourcen, sondern es sollte den USA und ihren Verbündeten auch für die Einkreisung des Iran und Russlands dienlich sein, um im Kampf gegen die imperialistischen Kontrahenten Russland und China die Stellung zu behaupten. Welch große Opfer und Leid der zwanzigjährige Krieg in der afghanischen Bevölkerung anrichtete, wird von Seiten der Herrschenden zur Seite geschoben.

 

Im aktuellen Dossier berichten wir über Hintergründe, über Lügen die uns gerne über Afghanistan aufgetischt werden, Besonderheiten der wirtschaftlichen Lage und militärische Aspekte der Entwicklung des Krieges. Im Artikel „Afghanistan – eine Geschichte von Besatzung und Widerstand“ wird ausgehend vom 19. Jahrhundert ein kurzer Überblick über die geschichtliche Entwicklung, die koloniale und imperialistische Einmischung in Afghanistan gegeben. Der Artikel untersucht die Frage welche Interessen die jeweiligen ausländischen Großmächte hatten und welche Kräfte sie im Land finanzierten und unterstützten. Ebenso ist der Artikel Zeugnis über die Entwicklung einer neuen revolutionären Bewegung in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts und ihrer Zielsetzungen, was zeigt, dass die ausländischen Interventionen nie unwidersprochen blieben und die Geschichte der Besatzung auch eine Geschichte des Widerstands ist – ein überaus wichtiger Aspekt für alle die einen eigenständigen und demokratischen Weg des unterdrückten Afghanistans unterstützten wollen. Besonders möchten wir die Aufmerksamkeit unserer Leserinnen und Leser auf den Artikel „Das Ende der westlich dominierten Welt. Einige militärpolitische Fragen des Kriegs in Afghanistan mit Schwerpunkt des deutschen Militäreinsatzes“ lenken. Der Artikel widmet sich den militärischen und politischen Aspekten des 20-jährigen Interventionskriegs in Afghanistan, den verschiedenen militärischen Operationen mit ihren jeweiligen Zielsetzungen und den Hintergründen, warum es den NATO-Mächten nie gelang vollständige Kontrolle über das Land zu erlangen und sie letztendlich abziehen mussten. Die militärpolitischen Aspekte werden im internationalen Rahmen analysiert und zeigen, dass Afghanistan zum Kulminationspunkt der Modernisierung der Kriegsführung für die Imperialisten wird. So wurde die „Aufstandsbekämpfung“, welche vorher in der Regel eine anlassbezogene Notwendigkeit darstellte, zum bestimmenden Faktor der Kriegsführung und Regierungsform. Das ist eine Entwicklung, die für derzeitigen und kommenden Kriegsinterventionen der imperialistischen Mächte von großer Relevanz ist und somit von Interesse für die geneigten Leserinnen und Leser.

 

Der Artikel „Frauen und Afghanistan“ beschäftigt sich mit dem Argument der „westlichen“ Imperialisten, dass es während der US-Besatzung einen großen Fortschritt bei Frauenrechten gegeben hätte, dass die Frauen Afghanistans einen „westlichen Retter“ bräuchten. Der Artikel stellt dem die wirkliche Lage der Frauen während der Besatzung gegenüber und hält für die Leser auch Material der größten  Frauenorganisation Afghanistans bereit. Im Artikel „Einige ökonomische Aspekte Afghanistans“ beschäftigen wir uns mit der sogenannten Drogenökonomie, also die Entwicklung des Opiumanbaus, sowie seinen Ursachen und einigen seiner Folgen. Ebenso behandelt der Artikel die Rolle ausländischer NGO in Afghanistan, welche gewissermaßen die Rolle einer „zivilen Ordnungsmacht“ eingenommen hatten und einen von außen geführten Apparat installierten, welcher die eigenständige Entwicklung eines afghanischen Staates verhinderte.

 

Wir hoffen mit diesen Beiträgen unseren Leserinnen und Lesern einen guten Einblick ins Thema, sowie Material für weiterführende Debatten zu geben und freuen uns über Rückmeldungen zum aktuellen Dossier.

 

Redaktion Die Rote Fahne.

Afghanistan – eine Geschichte von Besatzung und Widerstand

von Maria L.

Afghanistan ist heute ein zerrüttetes und weitgehend zerstörtes Land, das mit Schlagwörtern wie „Krieg“, „Bomben“, „Besatzung“ und „Flucht“ assoziiert wird. Was aber sind die Hintergründe, was waren die Entwicklungen und Interessen der verschiedenen Mächte in Afghanistan und an seiner Bevölkerung? Wir wollen verschiedene Episoden der Geschichte beleuchten, eine Geschichte von Besatzung, aber auch eine Geschichte von Widerstand.

 

19. und frühes 20. Jahrhundert: „The Great Game“, Großbritannien, Russland und Nazi-Deutschland im Ringen um Afghanistan

 

 

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Das heutige Afghanistan umfasst ein Gebiet, welches nicht eigenständig im Kampf um eine Nation entstanden ist, sondern bereits durch das Eingreifen fremder Kolonialmächte erzwungen wurde. Schon in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts setzte eine Periode von Kriegen ein, welche anglo-afghanische Kriege genannt werden. Es waren drei Kriege, die von Großbritannien geführt wurden, um seine Vormachtstellung in diesem Raum zu sichern. Diese Kriege richteten sich gegen die in diesem Raum angesiedelten Völker, aber auch gegen die Konkurrenzmacht, das zaristische Russland. „The Great Game“, so bezeichnet der britische Imperialismus den Konflikt und mehrere kriegerische Auseinandersetzungen zwischen Russland und Großbritannien um die Vorherrschaft in Zentralasien. Unter der Fremdherrschaft vom damals zaristischen Russland und dem Königreich Großbritannien, wurde 1893 die sogenannte Durand-Linie gezogen, welche bis heute die Grenze zu Pakistan bildet. Damit wurde unter anderem das Siedlungsgebiet des größten Volkes dieser Region, den Paschtunen, durchtrennt. Diese fanden jedoch niemals damit ab und wurden daher zu einem der wichtigsten Träger antikolonialer Rebellion in der Region [1]. Um diesen schweren Eingriff durchzusetzen verhalf Großbritannien Abdur Rahman Khan an die Macht. In der „westlichen“ Geschichtsschreibung wird er als Begründer des heutigen Afghanistans bezeichnet und trug den Titel „Eisener Emir“. Er setzte zahlreiche Reformen durch, um einen zentralisierten Staat zu schaffen. Seine Herrschaft fußte jedoch auf der Herrschaft der Briten. Vor diesem Hintergrund ist es zu beurteilen, dass er dabei schwere Kriegsverbrechen beging, Ureinwohnern das Land entzog und einen Völkermord an den Hazara verantwortete. Das war keine eigenständige Entwicklung zur Nation, sondern eine aufgezwungene Grenzziehung und eine fremd-geschaffene Zentralverwaltung.

Im ersten Weltkrieg begann auch Deutschland sein Interesse an Afghanistan zu zeigen. Mit der Niedermayer-Henting-Expedition sollte Afghanistan für die Seite der Mittelmeermächte gewonnen, sowie Großbritannien und Russland dieses Hinterland entzogen werden. Die deutschen Emissäre und der türkische Sultan drängten darauf den „Heiligen Krieg“ aufzunehmen [2]. Es folgten große Waffenlieferungen von Deutschland nach Afghanistan, was den Beginn der Einmischung Deutschlands markierte, ironischer Weise mit dem Aufruf zum „Dschihad“.

 

Indem in Russland die Arbeiter und Bauern unter Führung der Bolschewiki durch die sozialistische Oktoberrevolution den ersten Weltkrieg in ihrem Land beendeten, befreiten sie damit auch Afghanistan von der Fremdherrschaft des alten Zarenreiches. Nicht nur, dass eine der Besatzungsmächte durch die Revolution im eigenen Land in die Knie gezwungen wurde, waren die afghanischen Völker angefeuert von diesem Erfolg und kämpften im 3. Anglo-afghanischen Krieg, einem antikolonialen Krieg, erfolgreich um ihre nationalen Befreiung. Mit dem Vertrag von Rawalpindi 1919 wurde Großbritannien schließlich dazu gezwungen, die formale Unabhängigkeit und Souveränität Afghanistans anzuerkennen. „Die britischen Kolonialherren sahen jedoch die Anerkennung der afghanischen Unabhängigkeit nicht als eine endgültige und für sie bindende Entscheidung an; sie hofften vielmehr, den Vertrag von Rawalpindi, der in einer für Großbritannien ungünstigen Situation abgeschlossen wurde, durch ein Abkommen zu ersetzen, das ihren Interessen besser entsprach.“[3] Der Vertrag war ein Resultat der internationalen Schwäche des Imperialismus zu diesen Zeitpunkt, welche durch die Kriegsfolgen im Allgemeinen, insbesondere aber durch die Oktoberrevolution hervorgerufen wurde. In dieser Situation konnten auch gewisse Schritte in der Entwicklung der afghanischen Nationswerdung geschehen. Eine Allianz aus fortschrittlichen Teilen höherer Militärs und Beamter, sowie Großgrundbesitzer die mit einem in Herausbildung begriffenen nationalen Markt verbunden waren[4], waren wichtige soziale Kräfte die einer Rekolonisierung Afghanistans durch Großbritannien entgegenstanden. Das Verhältnis zu den Paschtunen, welche die Massenbasis dieser fortschrittliche Entwicklung waren, prägte dabei besonders die Afghanistanpolitik Großbritanniens, das fortwährend versuchte dieses rebellische Volk zu spalten und unter Kontrolle zu bringen.

 

In der zweiten Hälfte der 1930er Jahre intensivierte Deutschland, das stark versuchte die Krise des britische Imperialismus für sich zu nutzen und in dessen Kolonien einzudringen, unter der faschistischen Naziherrschaft seine Bestrebungen in Afghanistan. Staatsverträge mit Nazi-Deutschland wurden geschlossen. Afghanistan wurden daraufhin militärisch (aber auch was Erziehungswesen und Bildungsapparat betraf) durch Offiziere der Wehrmacht reorganisiert. Afghanistan kam im zweiten Weltkrieg nach Auffassung der Nazis „die Rolle eines wichtigen Stützpunktes in den strategischen Plänen zur Eroberung Indiens und der Länder Südostasiens zu[5]. 1939 gab es konkretere Pläne Deutschlands Afghanistan zu besetzen und das Land zu einem Vasallenstaat mit faschistischem Marionetten-Regime zu machen. Der weitere Verlauf und die Rückschläge für Nazi-Deutschland machten diese Pläne jedoch zu Nichte. Dass dieser historische Abschnitt des deutschen Imperialismus sehr wohl weiter wirkt und Bedeutung im weiteren Verlauf und der Teilnahme Deutschlands am jüngsten Angriffskrieg in Afghanistan hat, zeigt folgende Darstellung. 1940 verkündete Joseph Goebbels über die deutschen imperialistischen Absichten: „Ich habe weiterhin den Eindruck, dass wir bei der Verteilung der Welt in den vergangenen Jahrhunderten als Deutsche zu Kurz gekommen sind. Und ich habe drittens den Eindruck, dass wir das was wir damals versäumt haben, jetzt nach holen müssen.“ Großmachtbestrebungen die auch 50 Jahre später, 1997, mit den Worten des damaligen Bundespräsidenten Roman Herzog ihren Ausdruck fanden: „Ein großes globales Rennen hat begonnen: Die Weltmärkte werden neu verteilt, ebenso die Chancen auf Wohlstand im 21. Jahrhundert. Wir müssen jetzt eine Aufholjagd starten.“ Und erneut wurde Afghanistan und seine Bevölkerung ins Auge gefasst. Die NATO Operation in Folge des 11. September 2001 bot schließlich eine geeignete Möglichkeit.[6]

 

Mitte des 20. Jahrhunderts: Besatzung durch die sozialimperialistische Sowjetunion und der Aufschwung der revolutionären Bewegung in Afghanistan

 

Mit 1946 trat Afghanistan den Vereinten Nationen bei. Einen Fortschritt für die afghanischen Stämme, Volksgruppen und Ethnien brachte das noch nicht, denn nach wie vor herrschte eine konstitutionelle Monarchie und eine Entwicklung zur eigenständigen Nation konnte nicht aufgeholt werden. Das änderte sich auch nicht mit den ersten freien Wahlen 1965, die vor allem unter dem Eindruck sogenannter „westlicher Entwicklungspolitik“ unter anderem mit Mitteln des Marschall-Plans [7] stattfanden. Die Republik Afghanistan wurde 1973 durch einen Staatsstreich ausgerufenen. Die neuen Machthaber packtierten wechselseitig zwischen den beiden Großmächte USA und der damals sozialimperialistischen Sowjetunion (Russland), wobei schon mit den 60er Jahren der Einfluss der Sowjetunion ökonomisch und militärisch zunehmend größer wurde.

 

Schon damals übte die Kommunistische Partei Chinas unter dem Vorsitz von Mao Zedongs scharfe Kritik am Vorgehen der neuen kapitalistisch gesinnten Führungsclique in Russland, die sich zunächst um Nikita Chruschtschow vereinte. „Die Führer der KPdSU [8] schwatzen das Blaue vom Himmel herunter über ihre wirtschaftliche Hilfe für die erst kürzlich unabhängig gewordenen Länder. Genosse Chruschtschow erklärte, solche Hilfe ermögliche es diesen Ländern, einer ‚neuen Versklavung auszuweichen und ihren Fortschritt voranzutreiben, sie fördert den normalen Ablauf und die Beschleunigung derjenigen inneren Vorgänge, die diese Staaten auf den breiten Weg zum Sozialismus führen können‘. Dass die sozialistischen Länder den neuerdings unabhängigen Ländern wirtschaftliche Hilfe nach dem Prinzip des Internationalismus gewähren, ist notwendig und von großer Bedeutung. Aber es lässt sich keinesfalls sagen, dass die nationale Unabhängigkeit und gesellschaftliche Umwälzung dieser Staaten lediglich von der wirtschaftlichen Hilfe abhängen und nicht hauptsächlich vom revolutionären Kampf des eigenen Volkes.“ Und weiter: „Die Führer der KPdSU nehmen in Dingen, die Hilfe für die neuerdings unabhängigen Länder bedeuten, häufig eine großmacht-chauvinistische und national-egoistische Haltung ein, sie schaden den wirtschaftlichen und politischen Interessen der betreffenden Ländern und bringen damit die sozialistischen Länder in schlechten Ruf.“ [9] Die weitere Entwicklung durch die Einmischung der Sowjetunion sollte zeigen, wie treffend diese Kritik war.

 

Der Widerspruch zwischen den USA und der Sowjetunion in den 70er Jahren führte dazu, dass der Kampf um Einflussgebiete intensiviert wurde. Die nur mehr im Namen „sozialistische“ Sowjetunion intervenierte nicht nur dadurch, Afghanistan ökonomisch und militärisch abhängig zu machen, sondern schuf sich auch eine ihr treue Partei in Afghanistan, die Demokratische Volkspartei Afghanistans (PDPA) der sie 1978 schließlich zum Putsch verhalf. Die Putschisten verfügten jedoch nicht über eine starke Meinungshoheit im Volk und der Putsch führte zu vielen Toten und konnte nur mit militärischer Unterstützung der Sowjetunion durchgeführt werden. Auf dementsprechend schwachen Beinen stand die neue Regierung und die neu ausgerufenen Republik Afghanistan. Die PDPA war eine bürokratische Vereinigung, die Stammeswidersprüche und halbfeudale Widersprüche in sich getragen hat. Sie versuchten bürokratisch radikale Reformen durchzubringen, die jedoch eine vollkommen idealistische Zielsetzung hatten, wie bspw. die Alphabetisierung aller Afghanen in nur einem Jahr, oder die Bodenreform ohne Unterstützung der Bauern mit der Brechstange durchzusetzen. Eine gewisse bürokratische Clique dieser Partei hat sich den Sowjets angedient, um von ihnen finanziert zu werden. Die PDPA hatte nichts mit einer Kommunistischen Partei zu tun, sie war auch keine nationale Partei, sondern wiederspiegelte in sich die inneren Widersprüche der Gesellschaft  (halbfeudal und halbkolonial). „Pro-sowjetisch“ zu sein war eine Methode solcher Stammesführer sich an der Macht zu halten. Es war ein Regime der brutalen Unterdrückung, gegen verschiedene Volksgruppen, Islamisten, aber auch demokratische und revolutionäre Organisationen.

 

Eine der kämpferischen Organisationen, die für den revolutionären Weg eintraten, war die Progressive Jugendorganisation (Sazman-e Javanan-e Mutarraqi). Sie wurde 1965 durch den Kommunisten Akram Yari gegründet. Es war eine Organisation die sich auf die Revolution in China stützte, konsequent am revolutionären Weg festhielt und den Widerstand und Kampf für die nationale Unabhängigkeit, sowie die demokratischen Anliegen der Bevölkerung entwickelte. Akram Yari war ein Intellektueller, der sowohl die Monarchie, den Islamismus, als die Einmischung der sozialimperialistischen Sowjetunion ablehnte. Mit seinen Mitstreitern brachte er die revolutionäre Zeitung Shola-e Javid („Ewige Flamme“) heraus, die auf der Universität, unter Facharbeitern und auch unter den unterdrückten Minderheiten eine großer Anhängerschaft hatte. Mit den späten 60er Jahren gewann sie großen Einfluss, so dass sie 1969 vom König Zahir Shah verboten wurde. Nach dem Putsch 1978 wurde die Zeitung erneut verboten. Diesmal durch die scheinbar progressive und „sozialistische“ Regierung der PDPA. Im selben Jahr wurden die Kämpfer, sowie der wichtige Anführer der revolutionären und progressiven Bewegung in Afghanistan Akram Yari durch die PDPA Regierung verfolgt. Akram Yari wurde durch die PDPA Regierung verhaftet und ermordet. Die näheren Umstände sind bis heute nicht geklärt.

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Es entwickelte sich zunehmend Widerstand gegen die Herrschenden im Land, getragen durch fortschrittliche demokratische und revolutionäre Kräfte, sowie durch reaktionäre feudale Kräfte. Obwohl die Sowjetunion nicht vorgehabt hätte einzumarschieren, taten sie es nach der Androhung der PDPA sich ihre neuen Unterstützer in den USA zu suchen. Die Sowjetunion intervenierte im Rahmen der Breschnew-Doktrin, welche nur eine begrenzte Souveränität der Länder in ihrem Machtbereich vorsah. Am 25. Dezember 1979 trafen die ersten Soldaten für den „Afghanistan Einsatz“ ein. Schon 1980 gründete sich daraufhin die Islamische Allianz der Freiheit Afghanistans, ein reaktionäres Bündnis aus monarchistischen und islamistischen Gruppierungen. 

Revolutionäre und demokratisch Kräfte weltweit unterstützen den heldenhaften Kampf der afghanischen Völker, welche sich in diesen Jahren gegen die Invasion des Sozialimperialismus der Sowjetunion, gegen diverse westliche Imperialisten und zudem gegen reaktionäre und feudale Kräfte zur Wehr setzten. Denn diese Situation, an der maßgeblich der Einmarsch der Sowjetunion Schuld war, ebnete den Weg für die immer weitere Einmischung der USA und des Terrors durch reaktionäre feudale Kräfte im Land. Die revolutionäre Bewegung wurde massiv geschwächt, „Kommunismus“ wurde zu einem Begriff der Besatzung bedeutet und feudale, rückständige Kräfte konnten an Zulauf gewinnen. Der US-Imperialismus nutzte diese Lage für sich: Es wurde prompt militärisches Material und finanzielle Unterstützung zu feudalen, in den Stämmen verankerten sogenannten „Kriegsherren“ geschickt. Sie versuchten die islamistischen Kräfte zu mobilisieren und unterstützen reaktionäre lokale Machthaber im Kampf gegen den sogenannten „Gottlosen Kommunismus“.

Es brach ein weiterer Krieg, von 1979 bis 1989, los, der 1,5 Millionen Menschenleben kostete und die Lage der demokratischen, (bürgerlich)nationalistischen und revolutionäre Bewegung verschlechterte. 1992 schließlich dankte das letzte sowjet-treue Regime ab und es begann erneut ein Kampf um die Vorherrschaft im Land. Am Schlachtfeld standen unterschiedliche Mudschaheddin, islamistische militärische Organisationen. Die Imperialisten zogen sich jeweils ihre eigenen feudalen Kriegsherren hoch, wovon alle kleine „Kriegstreiber“ in ihren Regionen waren, die brutal unterdrückten und nun eine der Großmächte im Rücken hatten. Hunderttausende Menschen wurden in diesen Konflikten ermordet. Als der sowjetische Einfluss weiter zurückging, brach der US-Imperialismus herein um die Monopolstellung der ehemaligen Besatzungsmacht über die Region (insbesondere bzgl. Öl) endgültig zu brechen.

 

USA, NATO und der sogenannte „Krieg gegen den Terror“ 

 

Schließlich setzten sich die Taliban durch, 1996 stellten sie eine zentrale Macht dar. Es folgte eine Zeit des Terrors: gegen fortschrittliche Kräfte, gegen Minderheiten, aber auch gegen Frauen. Es war eine Zeit von Massaker, Vergewaltigungen, Aushebung demokratische Rechte („Scharia“). Die USA hatten zunächst kein Problem damit, denn die Übereinkommen mit den Taliban gewährleisteten den Ölfluss und sicherten die Vormachtstellung der USA. Auch wenn es öffentlich nicht propagiert wurde, die USA war zufrieden mit der Stabilität welche die Taliban für ihre imperialistischen Interessen brachten. Selbst unter Präsident Bush gab es noch wenige Monate vor dem 11. September 2001 eine finanzielle Unterstützung von 40 Millionen US Dollar für die Taliban [10].

 

Die Regierung der Taliban, einst durch die USA finanziert und unterstützt, wurde Ende der 90er eine immer instabilere und untauglichere Marionette für die ausländischen Machthaber. Nach nur wenigen Jahren begann erneut ein Krieg um die Vorherrschaft. Die einstigen „Kettenhunde“, jene reaktionären Gruppen die gegen den sowjetischen Konkurrenten finanziert und unterstützt wurden, kamen erneut zum Zug. Der sogenannte „Krieg den Terror“ begann, begründet durch die Anschläge vom 11.September 2001. Es folgte erneut ein blutiger Krieg unter der Besatzungsmacht USA. Wer dafür blutig bezahlen musste, war die afghanische Bevölkerung. Eine halbe Million Menschen wurde in den folgenden Jahren ermordet. Der US-Imperialismus, Hand in Hand mit diversen feudalen bewaffneten Gruppierungen, übten Terror gegen die Bevölkerung aus.

 

Die verschiedenen Gruppen und „Terror“organisationen, welche gegen die Vormachtstellung und Besatzung durch die USA kämpften, hatten keine fortschrittliche Führung hervorbringen können. Jene Kräfte, welche für nationale Unabhängigkeit unter fortschrittlichen und demokratischen Vorzeichen kämpften, wurden zuvor unter der Besatzung der sozialimperialistischen Sowjetunion, unter der Herrschaft des Revisionismus, zu sehr geschwächt. Ganz egal, welche Kraft an der Macht war, im Vordergrund stand nicht das Wohl der Bevölkerung, stand nicht die Entwicklung des Landes, sondern die Ausbeutung der Bevölkerung und der reich vorhandenen Rohstoffen. Heute, nach 20 Jahren Krieg und Besatzung durch den US-Imperialismus, liegt ein Trümmerhaufen vor der Bevölkerung Afghanistans, 30% der Menschen sind unterernährt, mehr als ein Drittel der Kinder haben keine Möglichkeit auf Schulbesuch. Afghanistan wurde systematisch destabilisiert, durch Bomben, aber genauso durch „Entwicklungshilfe“, durch korrumpierte Maronettenregime, wie durch feudal-reaktionäre Organisationen, welche hauptsächlich durch verschiedene ausländische Mächte finanziert wurden.

 

Der Abzug der USA zeigt weder einen „Untergang“, noch einen „Sieg“ für Afghanistan. Die Taliban repräsentieren keine fortschrittliche, oder antiimperialitische Kraft, daher bedeutet ihre Machtübernahme keine Errungenschaft für die afghanische Bevölkerung. Der Abzug der USA und das Ende ihrer Marionettenregierung hingegen ist für den größten Teil der Bevölkerung ein lange ersehntes Ende der 20-jährigen Besatzung. Ebenso zeigt der Abzug der USA eine gewisse Niederlage und verdeutlicht, dass es innerhalb der Bevölkerung Afghanistans ein immer größer werdendes Streben nach Unabhängigkeit und Selbstbestimmung gibt. „Die Geister, die ich rief“ - das trifft sowohl auf die Taliban zu, welche zuvor durch die USA gefördert und finanziert wurden, das trifft aber auch auf die historisch eigenständig gewachsenen fortschrittlichen und revolutionären Kräfte Afghanistans zu.

[1] Johanes Glasneck und Inge Kircheisen: Türkei und Afghanistan. Brennpunkte der Orientpolitik im zweiten Weltkrieg. VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin 1968, S.164

[2]Deutschland stachelte die Türkei und Afghanistan an, in den „Heiligen Krieg“, den „Dschihad“ zu ziehen, in Erwägung der Schwächung Russlands und Großbritanniens. Der damalige Herrscher Habibullah Khan nahm zwar die Waffen Deutschlands an, blieb jedoch in einer scheinbar „neutralen“ Position und ließ sich, je nach Kriegsausgang, die Optionen mit Russland und Großbritannien offen.

[3]Türkei und Afghanistan. Brennpunkte der Orientpolitik im zweiten Weltkrieg, s.o., S161

[4]Ebd., S.162

[5]Martin Baraki, Afghanistan im Visier der Großmächte, März 2012 (Zeitschrift Marxistische Erneuerung)

[6]Martin Baraki, Afghanistan im Visier der Großmächte, März 2012 (Zeitschrift Marxistische Erneuerung)

[7]Martin Baraki, Afghanistan im Visier der Großmächte, März 2012 (Zeitschrift Marxistische Erneuerung)

[8]Anmerkung: es handelt sich um die Kommunistische Partei der Sowjetunion, welche, so lautet die Kritik vieler Kommunisten, damals schon keine kommunistische Partei mehr war, sondern eine Partei auf kapitalistischem Wege.

[9]Die Verfechter des neuen Kolonialismus, Vierter Kommentar zum Offenen Brief des ZK der KPdSU. Von den Redaktionen der „Renmin Ribao“ und der Zeitschrift „Hongqi“ (22.Oktober 1963), aus Die Polemik über die Generalline der internationalen kommunistischen Bewegung, Oberbaumverlag, 1973. Seite 217-218

[10] Www.sholajawid.org

Dossier Afghanistan 1
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Afghanistan, Wikimedia Commons, Public Domain

Einige ökonomische Aspekte Afghanistans

Von Katharina J.

 

„Kriegsökonomie“, „Drogenökonomie“ - das sind wohl die bekanntesten Beschreibungen der afghanischen Wirtschaft. Wenn beide auch zu kurz greifen, sind es doch wesentliche Faktoren, welche die ökonomische Lage des Landes in den letzten Jahrzehnten bestimmen.

 

„Drogenökonomie“- eine Folge imperialistischer Herrschaft?

Die Kultivierung von Schlafmohn zur Rohopiumgewinnung für den Eigenbedarf existiert in einzelnen Landesteilen Afghanistans schon lange. Der umfassende Anbau und Export begann jedoch erst mit den 1990er Jahren, der Periode des „Bürgerkriegs“, und stieg explosionsartig mit dem Einmarsch der NATO-Truppen 2001. Das hat viele Gründe, eine der Hauptursachen ist aber der Krieg durch die ausländischen Interventionstruppen, der die Bewässerungsinfrastruktur weitgehend zerstört hat. In Afghanistan sind lediglich zwölf Prozent des Bodens kultivierbare Fläche. Durch Dürreperioden sind große Teile zu trocken, um ohne Bewässerungsanlagen Landwirtschaft zu betreiben. Mit dem imperialistischen Krieg und der weitgehenden Zerstörung der Bewässerungsanlagen, aber auch durch Minen unbrauchbar gemachte Böden, verringerte sich der Ertrag der Bauern enorm. Schlafmohn war für viele Bauern die einzige Möglichkeit ihr Überleben zu sichern, da es eine robuste Pflanze ist die keine umfassenden Bewässerungssysteme benötigt und mehr Gewinn einbringt als andere Pflanzen. (1) Noch ein weiterer Grund ist in der imperialistischen Intervention zu finden. Kurz nach dem Angriff der USA und ihrer Verbündeten, präsentierte der Internationale Währungsfonds (IWF) ein von langer Hand vorbereitetes Programm, das eine Liberalisierung des Marktes für den „Westen“ vorsah. Unter der Präsidentschaft Hamid Karzais (2001-2014) wurde ein Investitionsschutzgesetz (Law on Domestic and Foreign Private Investment) verabschiedet, das die Regierung schon im September 2002 bewilligte. Das Gesetz sah vor, dass es keinen juristischen Unterschied zwischen ausländischen und inländischen Investitionen geben soll – ein Traum für jede imperialistische Macht. Somit hatte die Kabuler Regierung keine Schutzmöglichkeiten über den afghanischen Markt und die Gewinne konnten ohne Auflagen ins Ausland fließen. Außerdem garantierte dieses Gesetz, dass Ausländer die Kapital in das Land bringen, vier bis acht Jahre von den Steuern befreit werden. Ebenfalls wurde auf Drängen von IWF und Weltbank eine Steuer (Flat-Tax) von 20 Prozent auf Unternehmensgewinne eingeführt. Das zeigt, dass wesentliche Instrumente zur Steuerung einer eigenständigen Wirtschaft an internationale imperialistische Organisationen abgegeben wurden.(2) Die vollkommene Liberalisierung des Marktes führte dazu, dass beispielsweise große Mengen an Weizen durch die USA nach Afghanistan importiert wurden, unter dem Vorwand der „Hungerhilfe“. Diese „Hungerhilfe“ ließt den Hunger jedoch stark ansteigen, da die heimischen Bauern nicht mit den billigen Preisen mithalten konnten und somit der Weizenanbau zum Erliegen kam. „Opium erbringt durchschnittlich zwölf Mal höhere Gewinne als andere Anbaukulturen, so etwa das Neun- bis Zehnfache im Vergleich zu Weizen.“ (3) Viele Bauern waren also direkt dazu gezwungen, auf die Produktion von Schlafmohn umzusteigen.

 

Während kurz vor dem Einmarsch der NATO-Truppen die Opiumproduktion im Jahr 2001 fast auf null sank (die Taliban ließen 95% des Anbaus vernichten), stieg sie während der Besatzung bis 2006 so rasant an, dass der Handel mit Opium 46 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) ausmachte (4). Die Zahlen dieser Statistiken variieren stark je nach Quelle, jedoch sind die Schätzungen, dass die Drogenwirtschaft heute 35 Prozent des BIP ausmacht. 80 Prozent der weltweiten Opiumproduktion stammen aus Afghanistan, während das Land zusätzlich der weltweit zweitgrößte Produzent von Cannabis und Haschisch ist. Eine weitere Tatsache ist, dass die Kultivierung von Schlafmohn durch den jahrzehntelangen Kriegszustand der einzig halbwegs „stabile“ Wirtschaftssektor geblieben ist. „Die Schlafmohnkultivierung ermöglicht Zugang zu Land und Krediten. Opiumaufkäufer und -händler, die in der Regel die einzige Kreditquelle im ländlichen Raum darstellen, gewähren Kleinbauern und Pächtern Darlehen auf eine zukünftige Ernte. Dabei ist das Risiko vergleichsweise gering, da Ankauf und Verkauf von Opium garantiert sind. Dörfer mit Opiumanbau sind nachweislich weniger arm als andere.“ (5) Ebenso spielt die hohe Arbeitslosigkeit eine Rolle. Nach Schätzungen sind rund 40-60 Prozent der afghanischen Bevölkerung arbeitslos und viele werden dadurch in den Drogenanbau gedrängt. Der Schlafmohnanbau „hat im Jahr 2016 47 Millionen Tagesjobs geschaffen, das entspricht 235.100 Vollzeitjobs.“ (6)

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Potato farming in Afghanistan, Wikimedia Commons, Public Domains

Erdäpfelanbau in Afghanistan

Ironischerweise intervienierten die NATO-Truppen unter Führung der USA außer dem Vorwand des „Kriegs gegen den Terror“ auch mit der Kampagne des „Kriegs gegen die Drogen“ (während es doch die imperialistische Intervention war, die den Drogenanbau erst wirklich umfassend hervorgebracht hat). Tatsächlich versuchte die USA auch teilweise gegen den Drogenanbau vorzugehen, was aber andere Gründe als die Gesundheit der Bevölkerung hatte. Die Vernichtung von Opiumanbaugebieten durch die USA und Großbritannien führte vor allem im Süden des Landes dazu, dass sich große Teile der Bauern zu den Taliban und anderen Kriegsfürsten und Milizen wendeten, weil sie ihren Lebensunterhalt nicht mehr bestreiten konnten und die Taliban imstande waren die Felder zu schützen. Das förderte die Abhängigkeit der Bauern von den Taliban, da sie für den „Schutz“ Abgaben bezahlen mussten. Das Geschäft mit den Drogen, weil es „illegal“ war, wurde in großen Teilen des Landes von den Taliban genutzt. So müssen Opiumbauern den  Taliban und auch den „Warlords“ anderer bewaffneter Gruppen und Milizen zehn Prozent ihrer Ernte abgeben, wie auch Ankäufer sozusagen „Wegzoll“ an die bewaffneten Gruppen richten müssen, um das Gebiet zu passieren. Die wirklichen Profiteure vom Drogenanbau sind jedoch nicht die Bauern und Pächter, denn 80 Prozent der Profite gehen an regionale Händler und internationale Akteure des Drogengeschäfts. (7) Der Drogenanbau, „die Geister welche die USA riefen“, wurde somit zu einem Bumerang, der die Bauern dazu brachte, sich gegen die Herrschaft der USA zu wenden. Außerdem waren zahlreiche Regierungsmitglieder selbst in der Drogenwirtschaft tätig, was zu einem weiteren Legitimitätsverlust der angeblichen „Krieg gegen die Drogen“-Kampagne führte.

 

Eine Debatte, welche die Heuchelei der ausländischen Mächte im Afghanistan-Krieg besonders unterstreicht, ist die Forderung nach der „Legalisierung des Anbaus von Schlafmohn sowie die Verstaatlichung des Vertriebs und der staatliche Aufkauf von Opium“ (8). Diese Debatte innerhalb der „Entwicklungshilfe“ als Teil der imperialistischen Herrschaft versucht der Tatsache Abhilfe zu schaffen, dass die Vernichtung von Opiumfeldern durch die ausländischen Militärs nicht dazu führte, größere Teile des Landes unter ihre Herrschaft zu bringen. Somit zeigt sich, dass die Frage ob ein „Krieg gegen die Drogen“ geführt wird, oder der Drogenanbau legalisiert wird kein gesundheitspolitischer Aspekt ist, sondern der jeweilige Kurs lediglich die Macht des US-Imperialismus stabilisieren und ausweiten soll. Der Drogenanbau in Afghanistan konnte sich nur durch den imperialistischen Krieg und seinen Folgen zu einem dominierenden Sektor der Wirtschaft entwickeln.

 

Das System der NGO: ein Staatsapparat von Außen?

In Afghanistan existiert kein zentralisierter Staatsapparat, vor allem am Land spielt der Staatsapparat oder die Regierung in Kabul beinahe keinerlei Rolle. „Bisher vermochte es keine afghanische Regierung den ländlichen Raum politisch zu durchdringen“ (9). Das ist die Folge einer unterbrochenen bzw. verhinderten Nationswerdung durch die koloniale und imperialistische Herrschaft. Rund 80 Prozent der Bevölkerung lebt auf dem Land. Es existiert beispielsweise auch kein zentrales Melderegister, weder von Personen, noch von Ortschaften oder Siedlungsräumen. Auch ein einheitliches Bildungswesen, als wesentlicher Faktor eines zentralisierten Staats existiert nicht. Schätzungen zufolge sind 57 Prozent der Bevölkerung Analphabeten (10).

 

Um das Land zu kontrollieren versuchten die imperialistischen Mächte nach 2001 diesen fehlenden zentralisierten Staat durch ein Netz an NGO (bzw. NRO, das sind Nicht-Regierungs-Organisationen) bürokratisch zu ersetzen. Der Verband Entwicklungspolitik Deutscher Nichtregierungsorganisationen (VENRO) beschreibt das folgendermaßen: „Die Investitionen der internationalen Gebergemeinschaft in nicht-militärische Hilfe stiegen nach dem Bonn Agreement von 2001 gegenüber der Vorinterventionszeit drastisch an – und nahmen seitdem kontinuierlich zu. Nach der Studie von ACBAR machen die internationalen EZ-Investitionen [EZ=Entwicklungszusammenarbeit] über 90 Prozent „öffentlicher Ausgaben“ in Afghanistan aus. Das Land im Krieg wird damit fast vollständig von den internationalen Gebern „gemanagt“. Zwischen 60 und 80 Prozent der internationalen EZ-Investitionen werden dabei „off budget“ am afghanischen Staat vorbeigeleitet.“ (11) Die Politik der NGO, als ziviles Komplementär zu den militärischen Truppen, zeigt augenscheinlich, dass die Kriegsintervention kein „selbständiges“ oder tatsächlich demokratisches Afghanistan zum Ziel hatte, sondern das Land aus Profit- und Herrschaftsinteressen zu unterwerfen. Dazu ist auch ein zumindest teilweise funktionierender und den ausländischen Interessen dienlicher „Staats“apparat notwendig: „Dies fängt schon damit an, dass (…) das „Dorf“ in Afghanistan nicht bereits als einheitliche Verwaltungseinheit vorausgesetzt werden kann, sondern sich verschiedene soziale Organisationsstrukturen überlagern. Ohne dieses komplexe Gewebe zu berücksichtigen, sei mit den kommunalen Entwicklungsräten versucht worden, neue Verwaltungseinheiten als „zukünftige administrativ-territoriale Counterparts“ für die Regierung zu etablieren. Internationale NRO sind hier also in die Situation versetzt, ohne Wissen über diese komplexe Gemengelage via schematischem „Organisationshandbuch“ neue Verwaltungsstrukturen von oben und außen zu implementieren.“ (12) Selbst die Vertreter dieser NGO müssen zugeben, dass dieser Aufbau von Verwaltungsstrukturen von „oben“ und „außen“ dazu geführt hat, dass damit jegliche Entwicklung inländischer Strukturen verhindert wurde. Zugleich beschreiben die NGO, deren Charakter als zivile Interventionstruppen beschrieben werden muss, dass ein Aufbau dieser Strukturen von Außen die militärische Besatzung des Landes voraussetzt. VENRO schreibt in seinem Bericht, „dass auch die unabhängig vom Staat etablierten internationalen Hilfs- und Dienstleistungsökonomien den Aufbau eines repressiven Staatsapparates (…) generell legitimieren.“ (13)

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Bezoek Afghanistan, Wikimedia Commons, CC BY 2.0

Ein Mitarbeiter einer NGO in Beratung mit einem Militär.]

Im vom Krieg gebeutelten Afghanistan versuchten die ausländischen Interventionstruppen der NATO, sowohl zivile als auch militärische, einen vollkommen von außen beherrschten Staatsapparat aufzubauen. Damit ist es wenig verwunderlich, dass große Teile der Bevölkerung die Besatzung durch den „Westen“ ablehnten und sich gegen sie richteten. Das Ziel einen bürokratischen, von außen aufgesetzten Staatsapparat im Dienst der Imperialisten zu erreichen, wurde weit verfehlt. Die Imperialisten haben es wenn man so will „zu bunt“ getrieben in Afghanistan und ein dermaßen instabiles Land hervorgebracht, dass sie auch nach 20 Jahren kriegerischer Intervention keine vollständige Kontrolle über das Land errichten konnten. Um ausländische Firmen anzusiedeln war die Lage seit 2001 im Generellen zu instabil, was die Etablierung eines „bürokratischen Kapitalismus“ (ein Kapitalismus der nur von außen aufgesetzt ist und den Zwecken der ausländischen Mächte dient) nahezu verunmöglichte. Nicht nur amerikanische und deutsche Konzerne ließen sich schwer auf Investitionen in Bergbau- oder Produktion ein, sondern auch für den chinesischen Kontrahenten ist es derzeit nur schwer möglich durch direkte Produktion Extraprofite aus dem Land zu ziehen. Zwei chinesische Staatsbetriebe haben 2008 eine Lizenz zum Abbau der Kupfervorkommen in Mes Aynak erhalten. Bis heute wurde jedoch an dem Standort südöstlich von Kabul kein Kupfer gefördert und Investitionen liefen in Kanäle die nicht mehr nachzuvollziehen waren. (14)

 

Beide Aspekte die im Artikel dargelegt wurden zeigen, dass die ökonomische Lage Afghanistans nicht ohne Inbetrachtziehung der ausländischen Interventionskriege charakterisiert werden kann. Eine Ökonomie die von außen „aufgesetzt“ oder diktiert wird, ist kein Indikator für wirkliche Entwicklung oder „Wirtschaftswachstum“. Auch ein Wirtschaftssektor wie die Drogenökonomie ist somit kein „den Afghanen innewohnender“ ökonomischer Sektor, sondern im Gegenteil eine Last, die dem afghanischen Volk durch den Krieg aufgezwungen wurde. Wenn auch die „Entwicklungszusammenarbeit“ oder „Internationale Entwicklungshilfe“ oft in bunten Farben oder als „notwendig“ präsentiert wird, ist sie das zivile Ergänzungsstück der imperialistischen militärischen Intervention. Die afghanische Bevölkerung hat gezeigt, dass dieser vom „Westen“ aufgezwungene Weg abgelehnt wird.

 

(1) vgl. Bernhard Chiari: Afghanistan. Wegweiser zur Geschichte. Ferdinand Schöningh 2020, 4. Auflage, S. 203

(2) www.schattenblicke.de

(3) vgl. Bernhard Chiari: Afghanistan. Wegweiser zur Geschichte. Ferdinand Schöningh 2020, 4. Auflage, S. 203

(4) vgl. Bernhard Chiari: Afghanistan. Wegweiser zur Geschichte. Ferdinand Schöningh 2020, 4. Auflage, S. 199

(5) Ebd. S. 200.

(6) Ebd. S. 203

(7) Ebd. S. 208

(8) www.quantara.de, Dr Conrad Schetter. Bonner Zentrum für Entwicklungsforschung. In: Entwicklung und Zusammenarbeit 2/2005

(9) vgl. Bernhard Chiari: Afghanistan. Wegweiser zur Geschichte. Ferdinand Schöningh 2020, 4. Auflage, S. 204

(10) www.welt.de

(11) Anti-zivil-militärisch? Politik von deutschen entwicklungspolitischen Nichtregierungsorganisationen in und zu Afghanistan, Goethe-Universität Frankfurt am Main, 2016, S. 306-307.

(12) Ebd. S. 311.

(13) Ebd. S. 307.

(14) www.fr.de

Dossier Afghanistan 4
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Die Rolle der Frauenrechte bei der Legitimierung der US-Besatzung Afghanistans

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Ein 14-jähriger Junge: Opfer eines US-Bombenangriffs.

Eine durch die US-Truppen verletzte Frau aus Bala Baluk.

von Agnes P.

 

Der Rückzug der US-amerikanischen Besatzungstruppen und der NATO hat die Debatte über Frauenrechte in Afghanistan in den ‚westlichen‘ Monopolmedien erneut angeheizt. Charakteristisch für die Art und Weise dieser Debatte ist, dass die Lage der Frauen in Afghanistan vor allem hinsichtlich der Legitimität militärischer Intervention und Besatzung thematisiert wird. „Ohne militärische Besatzung, keine Frauenrechte“, so der Grundtenor. Polemisch wird die ‚unterdrückte‘ Frau unter Taliban-Herrschaft der angeblichen ‚befreiten‘ Frau unter US-Besatzung entgegengestellt. Sehen wir uns die Lage in Afghanistan etwas genauer an, ergibt sich jedoch ein anderes Bild.

 

Die Phrase der Verbesserung der Lage der Frauen wurde von den USA vor allem dazu gebraucht, um ihrem Krieg in Afghanistan eine demokratische Maske zu verleihen. Rechtlich wurden Frauen mit Männern zwar gleichgestellt, neue Gesetze wie jenes zur „Bekämpfung von Gewalt an Frauen (EVAW)“ wurden verabschiedet, doch existierten diese vor allem am Papier. Die afghanische Marionettenregierung hatte keinerlei Verpflichtung, Rechenschaft über die Erfüllung dieser Gesetze abzulegen. Viele Millionen US-Dollar wurden für den Aufbau von NGO und Privatuniversitäten investiert, die es einer kleinen Elite von Frauen in Kabul ermöglichten, Facetten eines europäischen bürgerlichen Feminismus anzunehmen. Ein großer Teil dieser „westlichen Feministinnen“ war in der Regierung, den Ministerien oder in der Verwaltung von amerikanischen Hilfsgeldern tätig. Während NGO Frauenorganisationen nach westlichem Vorbild schufen, wurden afghanische Frauenrechtsaktivisten hingegen verfolgt und in den Untergrund gezwungen. Selbst die größte und älteste Frauenorganisation in Afghanistan, das Revolutionäre Bündnis Afghanischer Frauen (RAWA) war während der gesamten Besatzungsperiode im Untergrund tätig. Dieses Bündnis charakterisierte die US- und NATO-Herrschaft in Afghanistan in einer der jüngsten Stellungnahmen folgendermaßen: “In den vergangenen zwei Jahrzehnten haben die USA und die NATO den Namen der afghanischen Frauen unter irreführenden Slogans missbraucht, um ihre Besetzung, ihren Terrorismus und ihre Verbrechen in Afghanistan zu rechtfertigen. Eine Handvoll Söldnerinnen wurde überall als falsche Symbole für die Errungenschaften der Frauen propagiert, und einige wenige Frauen wurden in Regierungspositionen eingesetzt. In den letzten zwei Jahrzehnten hat sich das Leben von Millionen armer afghanischer Frauen jedoch nicht verändert. Die Rate der Gewalt, der Unterdrückung und des sexuellen Missbrauchs von Frauen hat einen neuen Höhepunkt erreicht, und wir sind Zeugen der schockierendsten Gräueltaten gegen Frauen geworden.” (1) Ebenso warnt RAWA in dieser Stellungnahme vor der Annahme, dass Frauenrechte von außen importiert werden könnten. Die Erfahrung hätte gezeigt, dass die Unabhängigkeit Afghanistans eine wichtige Voraussetzung für die Verbesserung der Lage der Frauen ist: „Die zwanzigjährige Geschichte Afghanistans hat wiederholt gezeigt, dass ein Land, das sich von einer ausländischen Macht, insbesondere den USA, abhängig macht, ein katastrophales Schicksal erleiden wird.“ (2)

 

Der US-Imperialismus investierte Billionen Dollar, nicht zuletzt unter dem Vorwand „den Lebensstandard afghanischer Frauen zu heben“. Diese „Hilfsgelder“, die tatsächlich vor allem eine Art Bestechungsgelder waren um eine der Besatzungsmacht gegenüber loyale städtische Elite zu schaffen, änderten für die Mehrheit der Frauen in der Realität nichts. Im Gegenteil, das Leben der afghanischen Frauen ist in den letzten 20 Jahren stark durch andauernden Krieg, Zerstörung und Elend geprägt. Nach 20-jähriger US-Herrschaft ist die Hälfte aller Todesfälle afghanischer Frauen im Alter zwischen 15 und 49 Jahren nach wie vor auf unbehandelte Komplikationen bei Schwangerschaft oder Geburt zurückzuführen (3). Laut Ärzte ohne Grenzen war Afghanistan im Jahr 2017 einer der gefährlichsten Orte der Welt um ein Kind zu bekommen.

Tatsächlich stieß die erzwungene Installierung eines „westlichen Feminismus“ auch unter den Frauen auf breite Ablehnung. Die durch die Besatzungsmacht geforderte „Emanzipation und Unabhängigkeit“ wird mit „Korruption, Zügellosigkeit und Familienfeindlichkeit“ (4) in Verbindung gebracht und geht mit der Befürchtung des Verlustes der Existenzgrundlage einher. Diese Befürchtung ist nicht unbegründet, denn der 20-jährige Interventionskrieg der USA und NATO verschlechterte die Lebensbedingungen der Mehrheit der Frauen immens, was wiederum eine stärkere Bindung der Frauen an die Familie und Stammes- und Clangemeinschaft zur Folge hat. Bombardements intensivierten sich im Verlauf der Besatzung immer weiter, bis sie im Jahr 2019 mit 7.423 NATO Bombenangriffen ihren Höhepunkt erreichten. Selbst nach offiziellen Statistiken (die realen Zahlen dürften weit darüber liegen) starben pro Jahr der Besatzung über 10.000 Menschen in Kriegshandlungen, die Mehrheit davon Zivilisten. Der US-geführte Krieg in Afghanistan machte Millionen Menschen zu Binnenflüchtlingen, deren Lage so katastrophal ist, dass ein großer Teil davon, hauptsächlich Frauen und Kinder, auf humanitäre Hilfe angewiesen sind. Entgegen den großen Versprechungen der USA in die Bildung von Frauen und Mädchen zu investieren, besuchen jedoch 2/3 davon nach wie vor keinen Unterricht. Diese Liste ließ sich noch fortführen, doch zeigt sich dabei, dass die bürokratisch installierten „Frauenrechte“ ein Trugbild sind, das nach Abzug der US-Truppen und der NATO wie ein Kartenhaus in sich zusammenbricht und überhaupt keine Substanz hat. Eigentlich sollte das auch nicht verwundern, ist Afghanistan doch ‚nur‘ ein weiteres Land, in welchem die USA ihr Interesse nach Welthegemonie durchzusetzen versucht.

 

Eine Gegenüberstellung der USA als „Retter der Frauen“ und der Taliban als „Unterdrücker der Frauen“ belegt nicht nur eine enorm chauvinistische und patriarchale Haltung gegenüber der Frauenbewegung in Afghanistan, welche angeblich auf einen „westlichen Retter“ angewiesen wäre, sondern erweist sich auch politisch und historisch als falsch. Der Aufschwung feudaler islamischer Bewegungen Ende der 80er Jahre des 20 Jahrhunderts erfolgte nicht unwesentlich in Verbindung mit den USA. Es war die CIA die sich zu dieser Zeit stark auf feudale Stammesfürsten, sogenannte Mudschaheddin, stütze um die zu dieser Zeit relativ starke revolutionäre Massenbewegung einzudämmen, und gegen die sowjetischen Konkurrenten vorzugehen. Die Rekrutierung islamistischer Stammesfürsten und Kämpfer durch die USA erreichte in den Jahren der Besatzung Afghanistans durch die sozialimperialistische Sowjetunion einen Höhepunkt. Im Laufe dieser Zeit wurden 40 Milliarden US-Dollar für die Hochrüstung von insgesamt 100.000 Mudschaheddin aus vierzig muslimischen Ländern ausgegeben. Nebenbei war einer dieser durch die CIA rekrutierten Mudschaheddin der in Saudi-Arabien geborene Millionär Osama bin Laden.

 

Die Machtübernahme der US-gestützten Mudschaheddin 1991 leitet eine Periode des latenten Kriegs verschiedener Stammesfürsten gegeneinander ein. Rechtliche als auch ökonomische Maßnahmen bezüglich der Gleichstellung von Frauen, die durch die Demokratische Volkspartei Afghanistans (PDPA) mit der Brechstange verordnet wurden, nahm die neue Regierungsmacht zurück. Schulen wurden geschlossen, Massenhinrichtungen durchgeführt und Tausende von Frauen und Mädchen vergewaltigt. Vergewaltigungen von Frauen sollten dabei als „eine Methode zur Einschüchterung der besiegten Bevölkerung und zur Belohnung der Soldaten“ dienen. Eine dieser Strömungen unter den Mudschaheddin waren die Taliban, welche 1995 die Regierungsmacht in Afghanistan übernahmen. Die Taliban konnten im Gegensatz zu den in verschiedene Fraktionen zersplitterte Mudschaheddin eine gewisse Macht über größere Teile des Landes etablieren. Die Taliban stützten sich auf eine regionale Ausprägung des sunnitischen Islams, welcher stark in Verbindung mit den Traditionen der Paschtunen, der größten Volksgruppe in Afghanistan stand. Die Rechts- und Moralvorstellungen der Taliban fußen auf dem Paschtunwali, dem Rechts- und Ehrenkodex der Paschtunen. „Dieses System der Isolierung der Frauen wird »Purda« genannt. Purda ist die verhüllende Burka, Purda diktiert die Architektur der Häuser mit den hohen Mauern und den Männer- und Frauenräumen. Unter Berufung auf Purda kann der Mann seiner Frau verbieten, das Haus zu verlassen – selbst zum Besuch bei den Eltern oder bei einem Arzt. Das Paschtunwali erlaubt außerdem, dass Streitigkeiten durch den Austausch von Frauen geschlichtet werden: So kann die Familie eines Mörders die Tat sühnen, indem sie eine ihrer Frauen einem Mann der Opfer-Familie zur Ehefrau gibt.“ (5) Dass die islamistische Bewegung, besonders die Taliban, ihre Regierungsmacht im Gegensatz zu den Besatzungsmächten vergleichsweise breit ausdehnen konnten, liegt nicht unwesentlich auch an der Unterstützung der ländlichen Bevölkerung. Die ländliche Ökonomie ist durch Großgrundbesitz und Stammeswesen geprägt, wo die (Groß-)Familie eine bestimmende soziale und wirtschaftliche Funktion einnimmt. Die patriarchale Stammesfamilie setzt nicht nur die Rechts- und Wertvorstellungen durch, sondern sichert gleichzeitig auch das wirtschaftliche Überleben der Familienmitglieder. Bürokratische Maßnahmen zur „Gleichstellung von Männern und Frauen“ setzten sich in Afghanistan auch deshalb nie großflächig durch, da diese oftmals den Verlust der sozialen und wirtschaftlichen Existenz der Frauen, wie auch der gesamten Stammesfamilie, bedeuten würde. „...wie Männer haben Frauen Angst vor Veränderungen, die verwandtschaftliche Bindungen und damit soziale und wirtschaftliche Abhängigkeiten schwächen, (…) Frauen unterstützen wie Männer antikoloniale einheimische Regime.“ (6) Auch wenn die Taliban verschiedene Maßnahmen gegen imperialistische Mächte durchsetzten (wie beispielsweise kurzfristig die Eindämmung des Opiumhandels), kann diese jedoch auch nicht als genuine antikoloniale Bewegung oder souveräne Regierungsmacht eingeschätzt werden. Sowohl ihre erste Regierungsperiode 1995-2001 als auch ihre Politik seit der Übernahme der Regierungsmacht dieses Jahr, stützt sich nicht unwesentlich auf die „meistbietenden“ imperialistischen Mächte, welche jeweils ihre eigenen wirtschaftlichen und politischen Interessen dabei verfolgen.

 

Die letzten 40 Jahre der Geschichte Afghanistans, wo sich Besatzung, Stellvertreterkrieg und militärische Intervention gegenseitig abwechselten, belegen vor allem, dass die verschiedensten Ansätze Frauenrechte bürokratisch zu verordnen, das feudale Patriarchat nicht beseitigten. Im Gegenteil vertiefte sich durch andauernden Krieg und Verarmung die Abhängigkeit der Mehrheit der Frauen von der Stammesfamilie. Die Flucht einiger weniger meist elitärer Frauen nach Europa oder den USA als „Errungenschaft“ oder Akt der „Befreiung“ zu verkaufen, ist dabei besonders zynisch, denn auch diese ist Ausdruck einer bestimmten Schicht auf das wirtschaftliche und soziale Elend des Landes und der Unterdrückung der Frauen. Die Lage der Frauen in Afghanistan und der Kampf der Massen, zeigen wie eng die Frage der Emanzipation der Frauen mit der wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Unabhängigkeit des Landes verbunden ist. Die Forderung nach einem Ende der Besatzung und der militärischen Intervention aus dem Ausland, ist dabei eine wichtige Bedingung dafür, dass sich auch die fortschrittlichen Kräfte im Land entfalten können. Das Frauenbündnis RAWA ruft dabei speziell die Frauen auf, in die eigenen Kräfte zu vertrauen und fest am eigenständigen Weg der revolutionären Umgestaltung des Landes zu beharren: „Die revolutionären Kräfte haben noch einen langen Weg vor sich, um die Überreste der US-Besatzung zu beseitigen. Zweifellos durchlebt unser Land die dunkelste Periode seiner Geschichte, die es erfordert, die Massen zu einem furchtlosen Befreiungskampf zu mobilisieren. Wir sollten nicht auf das Ergebnis der lächerlichen Friedensgespräche in Doha hoffen. Kampf und nur Kampf bis zum Ende gegen die USA und ihre Lakaien sichern den Weg zu Befreiung und Wohlstand.“ (7)

 

 

(1) Revolutionäres Bündnis der Frauen Afghanistans (RAWA), Stellungnahme zum 20. Jahrestag der Besetzung Afghanistans durch die USA/NATO, Oktober 2021

(2) Ebd.

(3) Unicef

(4) A History of Women in Afghanistan: Lessons Learnt for the Future or Yesterdays and Tomorrow: Women in Afghanistan. Huma-Ahmed-Gosh, May 2003

(5) Afghanistan, Wegweiser zur Geschichte, Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften

der Bundeswehr (ZMSBw)

(6) A History of Women in Afghanistan: Lessons Learnt for the Future or Yesterdays and Tomorrow: Women in Afghanistan. Huma-Ahmed-Gosh, May 2003

(7) Revolutionäres Bündnis der Frauen Afghanistans (RAWA), Stellungnahme zum 20. Jahrestag der Besetzung Afghanistans durch die USA/NATO, Oktober 2021

Dossier Afghanistan 5
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„Das Ende der westlich dominierten Welt“

Einige militärpolitische Fragen des Kriegs in Afghanistan mit Schwerpunkt des deutschen Militäreinsatzes.

Von Dejan U.

 

Was die Weltöffentlichkeit am 11. September 2021 über die Fernsehbildschirme flimmern sah, erstaunte nicht schlecht. Man wusste: es sollte sich um einen Abzug der „westlichen“ Militärkräfte aus Afghanistan handeln. Doch das sich bietende Bild hatte nichts von einem geordneten Abzug. Was man sah, war ein vollkommen ungeordneter Rückzug, Chaos und US-amerikanische Botschaftsangehörige, die hektisch Dokumente verbrannten (Wie es Al-Jazeera in seiner live Übermittlung aus Kabul zeigte). Das Ende eines 20 Jahre andauernden Kriegs stellte sich als Flucht der westlichen Mächte dar, hingegen waren es die Taliban, die propagandistisch glänzende Bilder lieferten: Einzug in Kabul, zwar mit Waffen, doch sonst nur in Sandalen und traditioneller Bekleidung. David fällte also scheinbar ein weiteres Mal den großen Goliath, westliche Medien zogen Vergleiche mit der Niederlage der USA in Vietnam, woraufhin US-Präsident Biden ausrücken musste, um diese Vergleiche zu zerstreuen. Doch eine derart überstürzte und unorganisierte Flucht der Noch-Weltmacht-Nr.1 kommt nun auch nicht alle Tage vor. Ist also doch was am Vergleich mit Vietnam? Jedenfalls handelt es sich um eine krachende Niederlage, der man im Westen vor allem damit begegnet, dass man nun Krokodilstränen um das zukünftige Schicksal der afghanischen Bevölkerung vergießt. Der „Schönheitsfehler“ liegt dabei darin, dass diese Bevölkerung offenbar gar nicht motiviert dazu war sich den Taliban entgegenzustellen, diese in zahlreichen Fällen sogar freudig begrüßte und sie seit Jahren zunehmend unterstützte. Was lief schief für den Imperialismus?

 

Am 22. Dezember 2001 wurde im Deutschen Bundestag der Beschluss getroffen 1.200 Bundeswehrsoldaten zur Unterstützung des von den USA geführten Angriffskrieges auf Afghanistan zu entsenden. Zuvor hatte die USA das erste Mal in der Geschichte den Punkt 5 des NATO-Vertrags bemüht: die gegenseitige Beistandspflicht. Die Bundeswehr wurde in einen Einsatz geführt, der vom damaligen sozialdemokratischen deutschen Kanzler Gerhard Schröder als kurzer Einsatz beworben wurde: "Es handelt sich um ein von den Aufgaben her, vom Einsatzort her und von der Zeit her begrenztes Mandat." (1) Im Bundestag stimmten nur 43 Abgeordnete gegen den Einsatz oder enthielten sich, 538 stimmten dafür. Die verschiedenen Parteien der  herrschenden Klasse Deutschlands waren in ihrer Abstimmung für die Kriegsteilnahme so einig wie selten zuvor. Doch aus dem ursprünglich auf sechs Monate berechneten Einsatz wurden schließlich 20 Jahre und damit die langwierigste Mission der jüngeren deutschen Militärgeschichte. Rund 12,5 Milliarden Euro (2) wurden dafür aus Steuergeldern aufgewendet. Wobei: Die deutschen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler stiegen hier sogar noch vergleichsweise „günstig“ aus. In den USA verschlagen diese 20 Jahre 4 Bio. Dollar, also das zweifache BIP des gesamten afrikanischen Kontinents (3).

 

Einige politische Bedingungen.

 

Manche Vertreter imperialistischer Interessen träumten im September 2001 vielleicht wirklich davon, dass es sich um einen militärischen Spaziergang handeln würde zu dem man da in Afghanistan antrat. Und zu Beginn sah es tatsächlich auch kurz danach aus, denn die sogenannte „Nordallianz“, die Verbündeten der USA in Afghanistan, starteten mit Beginn des US-amerikanischen Luftkriegs im Rahmen der Mission „Enduring Freedom“ die Bodenoffensive im Zuge derer sie nach nur fünf Wochen die Hauptstadt Kabul einnehmen konnten. Afghanistan war auch damals davon geprägt, dass es unter Fremdherrschaft und im eisernen Griff des Imperialismus niemals den historischen Prozess der Nationswerdung abschließen konnte (→ Siehe dazu dn Dossier-Artikel zur Geschichte des Widerstands, sowie jenen zu einigen Aspekten ökonomischer Fragen). Ursprüngliche Akkumulation des Kapitals und damit die Bildung eines nationales Marktes waren entweder weit zurückgeblieben, oder gar nicht vorhanden. Entsprechend bildeten die ganze neuere Geschichte hindurch Stammesstrukturen (Tribalismus), Einflussgebiete verschiedener Volksgruppen und das herkömmliche Clanwesen die wichtigsten Ordnungsfaktoren. Größte der beinahe 40 ethnischen Gruppen Afghanistans sind die Paschtunen, welche rund 50 Prozent der Bevölkerung ausmachen und mehrheitlich im Süden des Landes leben. Sie sind auch die soziale und kulturelle Hauptbasis für die Taliban, in den 1990ern ebenso wie heute. Es war daher Teil der politischen Vorbereitung des imperialistischen Angriffskriegs gegen Afghanistan, dass systematisch die vorhandenen Widersprüche zwischen den Volksgruppen verschärft und ausgenutzt wurden, weshalb die USA in der Nordallianz als ihrem regionalen Verbündeten (anknüpfend an ältere Konflikte) vor allem Vertreter kleinerer Volksgruppen und Minderheiten zusammenfasste (Usbeken, Hazara, Tadschiken, usw.), sich aber, abgesehen von einzelnen Zugeständnissen, nicht auf paschtunische Kräfte stützte. Die Folgen davon, dass man alte Konflikte weiter schürte, anstachelte und geradezu förderte, waren fatal. Als die Nordallianz, geführt von Warlords und Stammesführern die sich an die Aggression der USA verkauften, in Kabul einmarschierte, folgte ein Massaker dem nächsten. Tausende Menschen wurden damals hingerichtet, der Rote Halbmond (entspricht dem Roten Kreuz) kam laut Augenzeugen tagelang nicht mehr damit hinterher, die Leichen von den Straßen zu räumen (4). Die Nordallianz konnte also von Beginn an keine stabilen politischen Verhältnisse garantieren, zu feindlich war sie gegenüber der größten Bevölkerungsgruppe, zu sehr war sie aber auch in sich zerstritten. Andauernd gab interne Streitigkeiten die immer wieder in Kampfhandlungen ausarteten. Sie war eine militärisch und politisch instabile, bürokratisch zusammengezimmerte Allianz die sich der Sache eines ausländischen Angriffskriegs verpflichtete.

 

Unter diesen Voraussetzungen begann im Dezember 2001 die von den USA geführte Mission der International Security Assistance Forces (ISAF), an der Frankreich, Italien, Großbritannien und Deutschland beteiligt waren, jedoch auch zahlreiche andere Länder (wie beispielsweise die Türkei) Soldaten bereitstellten.  Selbst Österreich schickte Soldaten, jedoch nur in sehr geringer Zahl und in einer eindeutigen Statistenrolle. Die Berichte dieser Zeit zeigen, dass sich die ISAF-Soldaten in Kabul (worauf die ISAF-Mission zu Beginn beschränkt war) relativ frei bewegen konnten, kaum Feindkontakte hatten und nur leicht bewaffnet waren. Das lag jedoch nicht an der vermeintlichen Freude der afghanischen Bevölkerung über die angebliche „Befreiung“, wie es die Medien in den Ländern der Besatzungskräfte oftmals vermittelten, sondern daran, dass die Bevölkerung vollständig paralysiert und herkömmliche gesellschaftliche politische Gefüge über den Haufen geworfen waren. Die afghanische Gesellschaft hatte teilweise ihren Rahmen verloren, es dauerte schlichtweg eine gewisse Zeit, bis sich in dieser Paralyse Widerstand formieren konnte. Doch wie sich bald herausstellen sollte, war es ein trügerischer Frieden zu Jahresanfang 2002, der die Aggressionsmächte vorerst aber noch ihre eigene  Lüge eines „schnellen Siegs“ glauben ließ.

 

Die ISAF-Mission. Marschbefehl in die Niederlage.

 

Die ISAF-Mission vollzog sich über 13 Jahre in sechs Phasen von Dezember 2001 bis 2014. Sie endete zwar formell mit der Auflösung des ISAF-Kommandos am 31.12.2014 und ging in die NATO-Mission „Resolute Support“ am 1. Jänner 2015 über, jedoch konnten bis zur Niederlage im September 2021 niemals die Ziele der ISAF- oder Resolute-Suppert-Mission erreichen werden. „ISAF sollte vor allem das Vertrauen bei der einheimischen Bevölkerung aufbauen“, so Zielvorgabe, um sie für den Aufbau des Landes nach Plänen der USA (Stichwort: Nation Building) zu „gewinnen“. Recht schnell stellte sich heraus, dass es mit diesen Zielen Probleme gab, weshalb 2003 das deutsche Kontingent auf 2.500 Mann verdoppelt und damit auch die Bildung eines deutsch-holländischen Korps möglich gemacht wurde. Im August 2003 übernahm die NATO das Kommando über die ISAF-Truppen, womit die internationale Militärmission auch ganz offiziell unter das Kommando des nordatlantischen Aggressionsbündnisses gestellt wurde und politisch jede Maskerade eines „internationalen Friedenseinsatzes“ fallen ließ. Das war eine notwendige Reaktion der Besatzungskräfte darauf, dass sich nach eineinhalb Jahren Okkupation immer mehr Widerstand artikulierte, die Bevölkerung die US-amerikanischen Pläne nicht in vorgesehener Stärke unterstützte und die Situation im Land damit viel komplizierter zu handhaben war.

 

Die Sicherheitslage nahm für die westlichen Truppen im ganzen Land eine bedenkliche Entwicklung, weshalb der ISAF-Einsatz mit Oktober 2003 von Kabul auf ganz Afghanistan ausgeweitet werden musste, womit die zweite Phase des ISAF-Einsatzes begann. Sie ist gekennzeichnet durch ein gewisses, wenn auch noch nicht organisiertes Erstarken des afghanischen Widerstands, wie auch durch eine bestimmte Erweiterung der Rolle der US-Verbündeten Deutschland, Großbritannien, Frankreich und Italien, die eigene Provinzen zugesprochen bekamen, in denen sie unter strategischer Führung der USA die Hauptverantwortung übernahmen. Die imperialistischen Militärkräfte Deutschlands wurden dabei in den Nordosten verlegt, was auch bedeutete, dass ihnen das US-Kommando nicht all zu viel zutraute, denn es handelte sich um die Provinzen mit der geringsten Kampfintensität, was in Deutschland von Politikern dazu genutzt wurde um die Propaganda vom „friedlichen Bundeswehreinsatz“ zu verbreiten. So wurde in den ersten vier Jahres des deutschen ISAF-Einsatzes zwar nur ein Schusswechsel gemeldet, doch sieben Angriffe mit Sprengfallen, die zu acht Gefallenen und 40 verwundeten deutschen Soldaten führten (5). Die Anwendung indirekter Kampfmittel wie Sprengfallen ist in dieser Phase die typische Hauptkampfform des afghanischen Widerstands. Dessen Verantwortliche wissen natürlich, dass sie ihren Gegner damit nicht brechen werden, aber es bringt kleine militärische Erfolge die wichtig sind um die Moral der eigenen Kämpfer hoch zu halten, die Moral des Gegners zu untergraben und sympathisierende Kräfte weiter organisieren zu können. Um 2006 gehen die Taliban dazu über, neben Sprengfallen vermehrt Selbstmordattentate einzusetzen, die bisher nicht in dieser Dichte und Häufigkeit angewandt wurden. Zwar gab es von deutschen Offizieren schon im Jahresverlauf 2006 Warnungen davor, dass die Situation eine neue bedenkliche Qualität erreichen könnte, doch diese Warnungen wurden von der deutschen politischen Führung offenbar nicht berücksichtigt, was nur die Ratlosigkeit deutscher Aggressionspolitik und der Bundeswehrführung gegenüber auch nur etwas komplexeren Widerstandsszenarien illustriert. Die Bundeswehr war, obwohl ihr im Regional Command North (RC North) rund 4.000 ISAF-Soldaten unterstanden, mit der Situation überfordert: „Nachrichtengewinnung, Aufklärung und Luftbeweglichkeit waren unzureichend, sodass ihre Wirkungsmöglichkeiten begrenzt bleiben“(6) lautet das offenherzige Fazit. 2006 wurde weiter das erste Operational Mentoring and Liaison Team (OMLT) der NATO, eine Einrichtung für den Aufbau und Ausbildung einer „Afghanische Nationalarmee“ (ANA) und Polizei in Dienst gesetzt. Auch hier zeigten sich überraschende Schwächen: Obwohl die Indienstsetzung des OMLT lange geplant war, konnten die Aufgaben nur mangelhaft umgesetzt werden, da schlichtweg nicht ausreichend deutsche Polizeiausbilder zur Verfügung standen (7). Die Polizeiausbildung wurde folglich von Militärkräften übernommen, was bedeutete, dass die afghanischen Polizeikräfte von Beginn an einen halbmilitärischen Charakter trugen und vor allem zu dem Zweck eingerichtet und ausgebildet wurden, ergänzend Armeeaufgaben zu übernehmen. Auch das war eine Reaktion der Besatzungsmächte auf die sich verschärfende Sicherheitslage, in der man aus der Not eine Tugend machte.

 

Im Verlauf des Jahres 2008 kam es vermehrt zu direkten Angriffen durch afghanische Widerstandskräfte, die auf Seiten der Besatzungstruppen damit beantwortet wurden, dass auch die US-Verbündeten mehr militärische Kampfaufgaben übernehmen mussten (wenn auch selbstverständlich die USA die unbestrittene militärische Hauptkraft blieben). Erstmals wurden in diesem Zeitraum offensive militärische Operationen unter deutschem Kommando durchgeführt. Der militärische Widerstand gegen die Besatzungstruppen ist zu diesem Zeitpunkt noch relativ divers und kann mit dem allgemeinen militärischen Begriff der „Opposing Militant Forces“ (OMF), also der „Gegnerischen Kampfkräfte“, zusammengefasst werden. Die Taliban waren zu diesem Zeitpunkt nur eine, wenn auch die relevanteste,  Kraft der inhomogenen OMF. Doch ab 2008 kommen sie in die Lage auch im Norden des Landes taktische Operationen und Kampagnen (also nicht nur einzelne Aktionen) durchzuführen zu können, weshalb diese Zeit zum Wendepunkt wird ab dem die Taliban in den OMF schrittweise, doch noch nicht konsolidiert, eine relativ hegemoniale Rolle einnehmen und weit über ihre traditionellen Einflussgebiete im Süden des Landes hinaus zu operieren beginnen. Dass die Taliban in nationalem Maßstab Operations- und Kampagnenfähig wurden, bedeutete auch, dass sie ihre Taktik erweitern und nun auch verstärkt zu direkten Angriffen auf die Besatzungstruppen übergehen konnte, was Gefechte miteinschließt. Am 29. April 2009, etwas mehr als sieben Jahre nach Kriegsbeginn, fiel offiziell der erste deutsche Soldat seit 1945 in einem Gefecht. Dieses Ereignis stand symbolisch für die allgemeine Situation, die von der Bundeswehr mit den Worten: „Der defensiv ausgerichtete Stabilisierungseinsatz war zum harten Kampfeinsatz geworden“ (8) zusammengefasst wird.

 

Entsprechend der neuen Lage weiteten die Imperialisten die Methoden ihrer Kriegsführung aus. Mit der vierten Phase des ISAF-Einsatzes (beginnend Ende 2009) ging man zur „Counter-Insurgency-Strategie“ (COIN; Aufstandsbekämpfungsstrategie) über, das Hauptziel militärischer Operationen bestand nun darin, die Kräfte der OMF und insbesondere der Taliban zu vernichten. Im Rahmen dieser COIN-Strategie wurde der Krieg aber nur noch massiver als zuvor auf dem Rücken der Zivilbevölkerung ausgetragen. Das Beispiel des Kundus-Massakers dokumentiert dies deutlich. Bei diesem wurden am 4. September 2009 durch Kräfte der Taliban unmittelbar vor der Nase eines deutschen Stützpunktes zwei volle Tanklaster gekapert und entführt. Als die Tanklaster per Luftüberwachung aufgespürt wurden, forderte ein Bundeswehr-Offizier einen US-Luftschlag gegen die Zielobjekte an. Resultat der verheerenden Explosion inmitten eines Dorfes waren 142 getötete Zivilisten (9). Es war eines der größten Einzelmassaker in der Geschichte des Kriegseinsatzes und wurde zu einem Symbol des ungerechten und brutalen Angriffskrieges den der Westen in Afghanistan führte.  Die Symbolkraft des Massakers von Kundus bestärkte auch den antiimperialistischen und antimilitaristischen Widerstand in den imperialistischen Ländern (wegen der Rolle der Bundeswehr dabei natürlich in Deutschland besonders stark) und vertiefte politische Krise der Herrschenden bezüglich des Kriegseinsatzes in Afghanistan, für den sie schon zuvor niemals eine Mehrheit der öffentlichen Meinung mobilisieren konnten. Das lag auch an Vorfällen wie jenem vom August 2008, bei dem Bundeswehrsoldaten bei einer Checkpointkontrolle eine Mutter mitsamt ihrer Kinder erschossen (10). In Italien und Deutschland kam es in diesen Jahren sogar zu einigen militanten Aktionen gegen Heereseinrichtungen, die sich jeweils auf eine  radikale Ablehnung des Kriegseinsatzes beriefen.

 

Mit dem Beginn der vierten Phase des ISAF-Einsatzes und der Tatsache, dass das hauptsächliche Kriegsziel nun die militärische Liquidierung der OMF-Kräfte wurde, war der ISAF-Einsatz im Grunde gescheitert. Von einer Mission deren Zielsetzung es hauptsächlich war die Bevölkerung für die Ziele der Imperialisten zu gewinnen, oder diesen Zielen gegenüber zu neutralisieren, wurde der Einsatz zu einer Aufstandsbekämpfungs-Operation, die unzählige zivile Opfer forderte und die Taliban in den Augen breiter Bevölkerungsteile zunehmend als einzige Alternative zur Besatzung erscheinen ließ. Spätestens mit dem Übergang zur COIN-Strategie hatte der Westen (insbesondere die USA) in Afghanistan auf Perspektive militärisch verloren. Obwohl in dieser Phase des Einsatzes mit 150.000 westlichen Soldaten, darunter 100.000 aus den USA und rund 5.0000 aus Deutschland, die ausländische Truppenpräsenz so hoch wie nie zuvor war, wurde der Widerstand immer stärker. Die militärischen Potenzen der OMF und insbesondere der Taliban entwickelten sich sprunghaft. Nachdem von den Imperialisten Ende 2009 die COIN-Strategie zur Anwendung gebracht wurde, waren die Jahre 2010 und 2011 die Jahre der intensivsten  OMF-Angriffe, sämtliche relevanten Operationen gehen dabei auf das Konto der Taliban. Hatte die Bundeswehr in den ersten Jahres der Besatzung zwar mit Sprengfallen und Selbstmordattentaten zu kämpfen, so hagelte es jetzt direkte Angriffe und Gefechte. Wir erinnern uns: Acht Jahre nach dem Einmarsch, im Frühjahr 2009 starb offiziell der erste Bundeswehrsoldat in einem Gefecht, doch alleine im Zeitraum von 2010-2011 kam es für die deutschen ISAF-Truppen zu „160 Feindkontakten, 65 Gefechten mit eigenem Schusswaffengebrauch, mit 15 Gefallenen und über 110 körperlich Verwundeten.“ (11) Bedenkt man, dass von 2002 bis 2020 Bundeswehrsoldaten in insgesamt rund 150 Gefechten standen, so entfällt mehr als ein Drittel aller Gefechte der Bundeswehr in rund 20 Jahren Kriegseinsatz alleine auf den Zeitraum 2010-2011, was die Intensität der offensiven Taliban-Operationen vorstellbar werden lässt. Anzumerken ist, dass die Bundeswehr in diesen rund 20 Jahren mit 380 (offiziell angeführten) gegnerischen Angriffen konfrontiert war. Da sie in diesem Zeitraum nach eigenen Angaben „mindestens 150“ Gefechte mit Schusswaffengebrauch führte, bedeutet das, dass sie tatsächlich in weniger als der Hälfte aller Feindkonfrontationen das Gefecht aufnahm, oder überhaupt gefechtsfähig war. Für eine Armee die sich anschickt der Stoßtrupp einer „Weltmacht“ zu sein, und als solche sieht man sich in den Reihen der herrschenden Klasse Deutschlands gerne, ist das ein (charmant formuliert) eher suboptimales Zeugnis. Ähnlich steht es um die innere Belastbarkeit der germanischen Truppe, die sich auch nicht gerade fest wie eine Eiche ausnimmt. Denn von den offiziell insgesamt 59 gefallenen Bundeswehrsoldaten fielen 35 in Gefechten oder durch sonstige Feindeinwirkung, ein großer Teil der restlichen 24 verschied aber durch Suizid. Diese insgesamt eher schmächtige Bilanz der deutschen Truppe spiegelte sich auch in den Entscheidungen der US-Militärs wider, denn die Bundeswehr wurde mit dem Höhepunkt der Gegenkampagnen des afghanischen Widerstands 2011 von offensiven Operationen ausgeschlossen und konnte damit nur noch unter direkter US-Anleitung arbeiten. Nach der Operation Towse A Garbe II war sie in Offensiven der US-geführten Allianz nicht mehr eingebunden (12). Wenn es also nun auf einer Fachkonferenz zum Thema Afghanistan-Abzug durchaus lobend heißt, dass die „deutschen Streitkräfte in Afghanistan das erste Mal seit dem Zweiten Weltkrieg in der Offensive waren“ (13), dann ist das nicht nur militaristische und imperialistische Propaganda die sich ohne jede Scham in die  Tradition der faschistischen Wehrmacht stellt, sondern militärpolitisch gesehen schlichtweg falsch. Die Bundeswehr war in Afghanistan nicht in einer langanhaltenden Offensive, wie es die Seminarveranstalter in ihren Welteroberungsträumen vielleicht gerne gehabt hätten. Sie versuchte es höchstens und wurde dabei von ihren eigenen Verbündeten auf den Platz verwiesen.

 

Die Konsolidierung der Taliban als relativ hegemonialer Kraft des Widerstands.

 

Der von den USA und ihren Verbündeten erhöhte Druck auf die afghanischen OMF ab 2009 begünstigte den neuerlichen Aufstieg der Taliban. Wie schon erwähnt, war der Widerstand gegen die US-geführte Besatzung überaus vielschichtig. Zahlreiche Organisationen und Gruppen griffen gegen die Besatzung zu den Waffen, waren aber auch unter sich oftmals verfeindet und bekämpften sich teilweise erbittert. Der Widerstand entsprach in seiner politischen und kulturellen Zusammensetzung der Tatsache, dass Afghanistan nach innen keine konsolidierte Nation ist, sondern ein überaus starker Regionalismus, Stammeswesen und Cliquentum vorherrscht. Die mit Abstand größte Bevölkerungsgruppe sind die Paschtunen, die auch die Hauptbasis der Taliban sind. Dass die Taliban in den OMF die Hegemonie erringen konnten, hatte sehr viel damit zu tun, dass sie unter allen aktiven Widerstandsgruppen den größten Bevölkerungsanteil als hauptsächliche Rekrutierungsbasis nutzen konnten. Ein weiterer Faktor ist jener einer Art von Kriegsökonomie, des Opiumanbaus. Der von Paschtunen besiedelte Süden des Landes, der auch hauptsächliches Stützpunktgebiet der Taliban war, war gleichzeitig Zentrum des Opiumhandels. Obwohl die Taliban als Regierungsmacht noch im Jahr 2000 rund 95 Prozent des Opiumanbaus vernichteten, tolerierten sie ihn nun aus politischen Gründen. Mit einer toleranten Politik gegenüber dem Opium, brachten sie die Dörfer und Bauern auf ihre Seite, während die Imperialisten und die von ihnen eingesetzte Regierung immer wieder Vorstöße dagegen unternahmen. Wie wichtig dieser Wirtschaftszweig für die Taliban wurde zeigt sich daran, dass sie (ohne selbst anzubauen, doch durch von ihnen eingehobene Sondersteuern und Transportgebühren) rund 70 Prozent ihres gesamten Budgets aus dem Opiumhandel bezogen.

 

Diese Voraussetzungen stellten die Besatzungsmächte vor ein zweifaches Problem: Erstens verband die tolerante Politik der Taliban gegenüber dem Opiumanbau sie ökonomisch mit den Dörfern und Bauern, ihr Widerstand fand also eine konkrete ökonomische Voraussetzung in einem Land, das ansonsten keine geschlossene Nationalökonomie aufzuweisen hat. Daher musste man dagegen vorgehen. Zweitens fanden die Taliban im Opiumanbau nicht nur eine seminationale ökonomische Verbindung zu sehr großen Teilen des Volkes, sondern auch noch eine Finanzquelle. Sie entwickelten also ihre eigene Kriegsökonomie, was den Imperialisten Sorgen bereiten musste und sie dazu motivierte, diesen Wirtschaftszweig zu bekämpfen und verstärkt ihre militärischen Ambitionen darauf zu verlegen, diesen wichtigen Faktor der relativen Hegemonie der Taliban innerhalb der OMF mit dem Ziel der Vernichtung zu bekämpfen. Tatsächlich versuchten sie den Taliban diesen Boden zu entziehen, doch scheiterte dieses Ziel auf ganzer Linie. Von den bis August 2021 insgesamt gefallenen 3.750 Soldaten der westlichen Armeen, fielen 62 Prozent (vor allem US-amerikanische und kanadische Soldaten) in der südwestlichen Provinz Helmand, die sowohl ein Zentrum der Taliban, als auch des Opiumanbaus ist (14). Trotz des massiven Truppenaufgebotes im Land, trotz der Antiaufstands-Kriegsführung, schafften es die Besatzungstruppen nicht, die Taliban militärisch zu schlagen. Je mehr Anstrengungen die Imperialisten unternahmen, desto stärker wurden die Taliban. Ursache dafür war, dass die Taliban als unkonventionell und irregulär kämpfende Organisation drei Aspekte berücksichtigten, die ihnen schlussendlich die Konsolidierung ihrer relativen Hegemonie innerhalb der OMF gestatten sollte: 1) Sie bezogen sich auf eine bestimmte soziale und kulturelle Basis als hauptsächliches Rekrutierungsfeld (in diesem Fall die Volksgruppe der Paschtunen) 2) Sie organisierten ihre Stützpunktgebiete, vermieden dabei aber jahrelang entscheidende Schlachten mit den Besatzern, wichen dem Feind hauptsächlich aus und suchten entscheidende Gefechte erst, als sie diese auch gewinnen konnten. 3) Sie schufen sich mit ihrer Kontrolle von Teilen des Opiumanbaus eine Kriegsökonomie, welche teilweise sogar die Funktion einer semi-nationalen Ökonomie einnehmen konnte (Arbeitsteilung, Zigtausende Arbeitsplätze, Distribution, etc.).

 

Zieht man diese Umstände in Betracht, ist es überhaupt kein Wunder, dass die Taliban ihre Führung innerhalb der OMF mit spätestens 2011 konsolidieren konnten, denn durch diese Voraussetzungen mussten sie immer größeren Teilen des Volkes als die einzige Kraft erscheinen, die in der Lage dazu ist, zumindest eine gewisse Entwicklung in Richtung Selbstbestimmung zu bringen, oder es zumindest mit den Besatzern aufzunehmen. Die Gründe dafür, dass die Masse der Afghaninnen und Afghanen beim Abzug der imperialistischen Truppen im September 2021 überhaupt nicht daran dachte sich den Taliban entgegenzustellen, hängt mit diesen Voraussetzungen zusammen. Es ist also durchaus nicht falsch, wenn auf militärtheoretischer Seite festgehalten wird: „Doch trotz des schnellen Sturzes der Taliban-Regierung wurden die Taliban nie vollständig militärisch besiegt. Sie zogen sich ins unwirtliche Bergland zurück, und nutzten – wie bereits gegen die Sowjettruppen – ihren Vorteil der Ortskundigkeit, um die westlichen Streitkräfte in einen Kleinkrieg zu verwickeln (…) Obwohl die Taliban dabei hohe Verluste hinnehmen mussten, hatten sie nie Rekrutierungsprobleme. Die US-Militärhistorikerin Elise Meszaros bezeichnete sie als die ‚womöglich innovativsten und anpassungsfähigsten Aufständischen in der neueren Geschichte.‘“ (15) Es sind nicht „die reaktionären Afghanen“ oder eine „rückständige Kultur“, wie es manche westliche Medien zu vermuten glaubten, sondern die Tatsache, dass die Taliban die einzigen waren, die eine gewisse Perspektive jenseits der Besatzung bieten konnten. Denn sie sind einzigen Kräfte des Widerstands, die eine objektiv zumindest semi-nationale Grundlage haben. Diese Grundlage ist überaus schwach, weshalb die Taliban weder dazu in der Lage sein werden noch Willens sind, die Nationsbildung durch eine demokratische Revolution abzuschließen, sondern sie werden sich und Afghanistan an andere Imperialisten verkaufen. Ihr verlangter Preis dafür wird sein, dass sie in relativer Ruhe als Kompradoren anderer Imperialisten Afghanistan verwalten. Dennoch haben sich mit ihrem Erfolg gegen die imperialistische Besatzung die Voraussetzungen einer revolutionären, demokratischen und wahrhaft nationalen Entwicklung in gewissem Punkten objektiv verbessert. Um diesen Weg erfolgreich einschlagen zu können und die Potenziale des aktuellen Siegs über den westlichen Imperialismus voll auszuschöpfen, muss dieser Weg von revolutionären, national-demokratischen Kräften geführt werden, die für diese Ziele ihren Kampf wiederum gegen die Taliban werden führen müssen.

 

Das Ende der ISAF-Mission und der Beginn der Mission Resolute Support.

 

Mit 2012 (Beginn der fünften Phase des ISAF-Einsatzes) verstand man in der militärischen und politischen Führung der imperialistischen Besatzer offenbar immer mehr, dass der Besatzungskrieg nicht zu gewinnen ist.  Einerseits wurde der militärische Druck weiter erhöht, andererseits wurde stärker auf Konzepte gesetzt, nach denen afghanische Sicherheitskräfte eine gewichtigere Rolle in der Aufstandsbekämpfung spielen sollten. Man gestand also ein, dass Truppen die nur aus ausländischen Besatzern zusammengesetzt waren, keine dauerhaften militärischen Erfolge erzielen konnten und man dafür einheimische Hilfe benötigte. Das bedeutete nichts weiter, als die Eskalation des Kriegs gegen die „Aufständischen“. Der erhoffte Effekt der effizienteren Aufstandsbekämpfung blieb dabei nicht nur aus, sondern kehrte sich im Verlauf der fünften Phase des ISAF-Einsatzes in sein direktes Gegenteil. Die Zahl ziviler Opfer stieg immer weiter an, 2014 sogar sprunghaft um 22% auf 3.699 Tote und 6.849 Verletzte. In den zwei Folgejahren 2015 und 2016 gingen diese Zahlen nicht zurück, sondern stagnierten auf dem Niveau, bei einer Steigungstendenz von jeweils rund 5%. Die Zahl der Binnenflüchtlinge erhöhte sich auf rund 1,2 Millionen (17). Schnell wurde klar, dass auch die Pläne der fünften Phase der ISAF-Mission die kriegstreibenden ausländischen Mächte nicht näher an ihr Ziel brachten, de facto wurde 2014 die Kapitulation eingeleitet, die ersten ISAF-Truppen wurden demobilisiert und verließen das Land. Als letzte Hoffnung wurde ab 1. Jänner 2015 die „Mission Resolute Support“ zum Ziel der letzten ISAF-Phase erklärt. Sie sollte die volle Demobilisierung der ISAF bringen und sah die Präsenz imperialistischer Streitkräfte vor allem für die „Unterstützung“ und Führung der afghanischen Sicherheitskräfte vor. Der Krieg wurde also fortgesetzt, doch sollte er vor allem durch die mit dem Imperialismus verbündeten afghanischen Kräfte geführt werden. Von ihnen erhoffte man sich, dass sie mit den Taliban besser fertig würden, als ortsunkundige, ausländische Truppen. Dass diese selbst nicht voran kamen, vertiefte die militärische Krise des Imperialismus in Afghanistan imer weiter. Der massive Rückgriff auf afghanische Söldner war ein Versuch, in dieser Krise eine neue Dynamik zu finden, ein Versuch der kläglich scheiterte.

 

Wie sehr sich die Imperialisten im Versuch sich aus der militärischen Krise zu befreien von ihren eigenen Phantasien leiten ließen, wird offenkundig wenn berücksichtigt wird, dass trotz ihrer hochtrabenden Pläne die Desertationen aus den Reihen der „Afghanischen Nationalarmee“ (ANA) kontinuierlich anstiegen. Tatsächlich gab es vor der Mission Resolute Support kein einziges Jahr, in dem diese Zahlen zurückgegangen wären. Gleichzeitig wurden Rekrutierungsprobleme für die ANA immer offensichtlicher, das Bildungsniveau in der Armee sank rapide ab, die Zusammensetzung verschob sich von Kräften die mit den imperialistischen Besatzern mehr oder weniger sympathisierten zu solchen Kräften, die aus unmittelbarer ökonomischen Not, doch nicht aus Überzeugung zur ANA stießen (18). Diese Kräfte sollten nun als Kanonenfutter für die imperialistischen Aggressoren herhalten. Während die Zahl der gefallenen ausländischen Soldaten im gesamten Krieg nicht über 4.000 hinausging, hatten die afghanischen Sicherheitskräfte schon mit November 2016 insgesamt 6.800 Tote und 11.780 Verwundete zu beklagen. Es überrascht nicht, dass sich die Kampfmoral dieser Truppen in überschaubarem Rahmen bewegte und mit September 2021, als die imperialistischen Armeen endgültig demobilisierten, vollständig zusammenbrach. Die Taliban nutzen diese wüsten Zustände in der vom Imperialismus geschaffenen ANA für ihre eigenen Zwecke hervorragend aus. Sie schickten Agenten als einfache Soldaten in die ANA und trieben über diese die Zersetzung weiter voran, sie kauften sogar Offiziere und bewegten sie zum Überlaufen. Es gibt keinen einzigen Zeitpunkt des jüngsten Afghanistankriegs, in dem die ANA (oder auch andere protegierte afghanische „Sicherheitskräfte“) als stabil einzuschätzen gewesen wäre. Der Bürokratismus erwies sich auch bei der Gründung afghanischer Streitkräfte als politischer Strohalm des Imperialismus in einer Krisensituation. Es ist daher nicht nur Zweckoptimismus, sondern ein geradezu ignorantes, vollkommenes Verkennen der Realität, wenn die Bundeswehr über ihre Rolle in der Mission Resolute Support und den Aufbau der ANA sinniert: „Wie nachhaltig die 120 Berater, davon 80 deutsche, in der schwierigen Militärkultur (!) des 209. ANA-Korps wirken konnten, ist schwer zu beurteilen (!)“ (19) Der 11. September 2021 zeigte, dass die vermeintliche „Nachhaltigkeit“ imperialistischer Armeeerziehung in manchen Momenten überhaupt nicht „schwer zu beurteilen“ ist, sondern ziemlich eindeutige Resultate zeitigt: die afghanischen Sicherheitskräfte lösten sich trotz ihrer formellen Stärke von rund 300.000 Mann schlicht und einfach auf, die Soldaten hatten keinerlei Motivation, für die ungerechte imperialistische Sache weiterhin ihren Kopf hinzuhalten.

 

Afghanistan und die Wende in der modernen Kriegsführung.

 

Der Krieg in Afghanistan muss geradezu als Prototyp jenes angeblich „neuen“ Typus von Kriegen gelten, wie sie in den letzten Jahrzehnten der allgemeinen Krise des Kapitalismus zur immer öfter auftretenden Form werden und die sich theoretisch in den Diskussionen zur Frage „hybrider Kriege“ widerspiegeln:

 

„Ist zwischen- und innerstaatlicher Krieg oft nicht zu trennen, so gilt dies ebenso für konventionelle und unkonventionelle Kriege (…) Auch deren Verknüpfung sollte eigentlich nicht überraschen, da sie ebenfalls nicht neu ist. Schon Napoleons Eroberung und Besetzung Spaniens war einerseits ein zwischenstaatlicher und konventioneller Krieg – auch die von Großbritannien nach Spanien entsandten Truppen zur Bekämpfung der französischen unterstrichen das. Zugleich allerdings kamen unkonventionelle Kämpfer zum Einsatz und erwiesen sich für die napoleonischen Besatzer als das Hauptproblem, da sie mit dem Guerillakrieg überfordert waren, während sie die reguläre spanische Armee schnell und problemlos geschlagen hatten. Die napoleonischen Heere hatten sich den konventionellen Truppen aller europäischen Staaten als eindeutig überlegen erwiesen (…) Gegen einen ungeordneten Volkskrieg von Milizen, Guerillas, versprengten Truppenteilen und Banditen erwiesen sie sich als weitgehend hilflos. Die französische Militärmacht vermochte zwar relativ leicht, wichtige Städte oder zentrale Festungen zu halten, verlor aber schnell die Kontrolle über die ländlichen Gebiete, die Verbindungswege und den größten Teil der Bevölkerung. Parallel zu den Gurillakräften kämpften auch britische, portugiesische und zum Teil verbliebene konventionelle Einheiten gegen die Besatzer, sodass der Krieg weder rein konventionell noch rein unkonventionell geführt wurde, sondern in beiden Formen zugleich. Heute würde man dies mit dem modischen Begriff der ‚hybriden Kriegführung‘ bezeichnen – wogegen nicht einzuwenden ist, solange man nicht glaubt, damit etwas Neues zu bezeichnen. Bemerkenswert am spanischen Beispiel, das der Diskussion um Hybridität um rund 200 Jahre vorausging, waren auch die fließenden Übergänge zwischen den Gewaltakteuren: Zerschlagene konventionelle Einheiten Spaniens wandten sich dem unkonventionellen Guerillakrieg zu, kooperierten weiter mit konventionellen britischen Truppenteilen, wenn nützlich aber auch mit lokalen Milizen und privat entstandenen Gurillaeinheiten – nur um, wenn angebracht, wieder zu konventionellen Kampfformen zurückzukehren. Und auch viele nichtstaatliche Guerillagruppen (bis hin zu ähnlich operierenden Räuberbanden) arbeiteten mit der spanischen Regierung zusammen und führten teilweise deren Befehle aus. Es ist kaum zu entscheiden, ob dieser Krieg ‚konventionell‘ oder ‚unkonventionell‘ war, da er beide Eigenschaften zugleich besaß und das Schwergewicht je nach Situation verschob. (…) Letztlich bedeutet die Unterscheidung von konventionellen und unkonventionellen, sowie von innerstaatlichen und zwischenstaatlichen Kriegen nicht, dass diese sich ausschlössen oder streng unterschieden werden könnten. In der realen Kriegsführung geht es vor allem um die Frage der Mischungsverhältnisse dieser Kriegsarten.“ (20)

 

In Afghanistan sehen wir zwar nicht den Prototyp einer „neuen Art“ von Kriegen, aber insofern eines neuen Typs, da die genannten „Mischverhältnisse“ hier dermaßen komplex waren und sich mit einer enormen Tiefe entwickelten. Es waren die Verhältnisse eines komplexen, wenn man so möchte „hybriden“ Kriegs, aus denen der Imperialismus nicht als Sieger hervorgehen konnte. Um den Rahmen überschaubar zu halten, wäre hier in der historischen Dimension bei der sowjetischen Intervention anzusetzen, gegenüber der die Mudschaheddin und die Taliban von den USA unterstützt wurden. Weiter geht die Entwicklung in den 1990ern als Jahrzehnt des afghanischen Bürgerkriegs, in dem teilweise rund hundert verschiedene bewaffnete Gruppierungen sich bekämpften, Allianzen schmieden und wieder aufkündigen, im dem sich die Taliban durch ihre Basis in der Mehrheit der Bevölkerung behaupten konnten. Die Entwicklung geht weiter zum hier besprochenen jüngsten Afghanistankrieg, der mit der Beteiligung von 85 Nationen und 50 internationalen Organisationen zum größten Kriegseinsatz den es in der Geschichte der Vereinten Nationen je gab, während derzeit außer den Taliban, die seit September an der Regierungsmacht sind, noch immer ungefähr 20 bewaffnete OMF-Organisationen im Land tätig sind, die meisten davon auch im Kampf mit den Taliban, wie beispielsweise der Islamische Staat in Afghanistan (ISKP). Dieser findet seine Rekrutierungsbasis hauptsächlich in den besser gebildeten, urbanen Schichten und konnte sich in zwei kleineren Provinzen östlich von Kabul festsetzen. Er tritt somit gegen die Taliban in gewissem Sinne das Erbe der Besatzer an, die den Krieg am Land militärisch und politisch verloren haben, die Städte zwar militärisch einnahmen und meist hielten, doch politisch niemals erobern konnten. Sowohl die Taliban als auch der ISKP rekrutieren darüber hinaus auch internationale Kombattanten in ihre Reihen, weshalb der Krieg nicht nur auf Seiten der Imperialisten eine „internationale“ Dimension hatte. Die jüngere Entwicklung zeigt, dass der Imperialismus mit Kriegen dieses Typs, die derartig komplexe und tief entwickelte „Mischverhältnisse“ unterschiedlicher Kriegsarten aufweisen, bis jetzt noch nicht umgehen kann. Das wird auch an verschiedenen anderen Beispielen deutlich, die in gewissen Aspekten dem Krieg in Afghanistan ähnlich sind: So unterstützten in Mali die vom Imperialismus ausgebildeten und hochgezüchteten „Sicherheitskräfte“ vor kurzem einen Putsch gegen die vom Imperialismus eingesetzte Regierung, Im Irak machte es die von den USA ausgebildete und aufgebaute Armee im Kampf gegen den IS nicht anders als die ANA und löste sich einfach auf. In Syrien, das von den genannten Ländern am wenigsten mit Afghanistan vergleichbar ist, ist der Krieg für den westlichen Imperialismus militärisch verloren.

 

Dennoch hebt sich das Beispiel Afghanistan aus allen diesen Kriegen ab, denn Afghanistan wurde zu einem Kulminationspunkt der Modernisierung der Kriegsführung. Dabei geht es nicht so sehr um die erweiterte Rolle einzelner technischer Kampfmittel wie Drohnen (Dafür steht der Afghanistankrieg zwar auch, doch vom „Drohenhype“ populärer Kriegsdarstellungen ist insofern wenig zu halten weil diese Waffe doch seit rund 100 Jahren zum Einsatz kommt), sondern um ein geändertes Paradigma der militärpolitischen Kriegsführung. Die Aufstandsbekämpfung, bisher in der Regel eine anlassbezogene Notwendigkeit und politisches Komplementär der militärischen Strategie, wird zum bestimmenden allgemeinen Faktor von Kriegsführung und Regierungsform und ersetzt damit das zuvor führende Paradigma der Raumkriegsführung (bzw. großräumigen Kriegsführung). Mit dem Afghanistankrieg kam die Wende zur sogenannten „Aufstandsbekämpfung als Regierungsform“, also eines bestimmten Niveaus des „Verschwimmens der Grenzen zwischen relativ friedlicher Ausübung der Regierungsgewalt und Krieg“ (21). Dieses Verschwimmen ist an sich nicht neu und wurde historisch mehrfach von fortschrittlichen und revolutionären Kräften als „Militarisierung des bürgerlichen Staatsapparats“ beschrieben, allerdings konnte es nicht als allgemeine Form gelten, sondern trat eher als Tendenz auf. Die Wende zur „Aufstandsbekämpfung als Regierungsform“ hat internationale Dimension, sie drückt sich nicht zuletzt auch in Ländern aus in denen es keinen Bürgerkrieg gibt. Besonders die Entwicklung der propagandistischen und „zivilen“ Aspekte des Kriegs und ihrer Verschmelzung mit militärpolitischen Zielen der Pazifizierung und Neutralisierung der Mehrheit des Volkes (Hauptziel) und der Eliminierung der Minderheit der Aufständischen (sofern es sie im betreffenden Land gibt, ansonsten präventive Maßnahmen) verdient Beachtung. „In der Frühphase der modernen Kriegsführung gehörten dazu [zur Sicherstellung der Neutralität der Mehrheit] Maßnahmen wie die Umsiedelung von Teilen der Bevölkerung um sie besser unter Kontrolle zu haben und die Unterstützung für den Aufstand zu unterbinden‘, wie es die Aufstandsbekämpfungsexperten damals formulierten. Die Briten taten das in Malaya und die Franzosen in Algerien. Weitere Beispiele sind simple Propagandakampagnen. Mit der Zeit haben neue digitale Technologien neue Formen der psychologischen kontrainsurgenten Kriegsführung ermöglicht. Eine der allerneuesten ist die digitale Propaganda, die sich in jüngster Zeit in der Errichtung des Global Engagement Centers manifestiert hat, das von der Obama-Administration (…) ins Leben gerufen wurde. Geschaffen mit der Absicht, die Radikalisierung einer verführbaren Jugend zu verhindern, macht sich diese Einrichtung Strategien zunutze, die erstmals von den Giganten des Silicon Valley – Google, Amazon und Netflix – auf den Weg gebracht wurden, und wurde zunächst mit 20 Millionen Dollar ausgestattet. Zielgruppe dieses Centers sind beeinflussbare Personen, die für leichter radikalisierbar gehalten werden  (…) ‘Die Obama-Administration beginnt eine verdeckte Nachrichtenkampagne gegen den Islamischen Staat, die über Strohmänner geführt wird und auf einzelne potenzielle Terroristen abzielt, und zwar auf die gleiche Weise, in der Amazon oder Google einem Einkauftipps auf Basis des eigenen Browserverlaufs geben.‘ Dieser Ansatz bestand aus mehreren Stufen, wobei jede davon an den neuesten algorithmischen Empfehlungstechnologien von digitalen Riesen wie Google und an den elaboriertesten digitalen Werbemethoden von Facebook und anderen sozialen Medien orientiert war. Auf der ersten Stufe wurden digitale Spuren gesammelt und per Data-Mining ausgewertet, die alle Internetnutzer in den sozialen Medien, auf Shoppingseiten, beim Websurfen, Videospielen und anderen digitalen Orten hinterlassen, um Personen zu identifizieren, die Gefahr liefen, vom IS oder anderen Extremisten radikalisiert zu werden. Genauso wie der Einzelhandelsriese Tesco die Schwangerschaft von Frauen noch vor ihren eigenen Familienangehörigen durch die von ihnen hinterlassenen digitalen Spuren erkennen konnte, sollte das Global Engagement Center all unsere Spuren ausfindig machen, bei denen eine Anfälligkeit für radikale Einflüsse bestand, bevor sie ihnen tatsächlich unterlagen. (…) Bei diesen Bemühungen orientierte sich das Center am privaten Sektor und stützte sich speziell auf die besten Verfahren der digitalen Werbeindustrie. Allem Anschein nach, hat es dabei direkt mit Facebook zusammengearbeitet (…) [das] seine Forschungsergebnisse dem Center mitgeteilt hatte, um Regierungsbeamten gegenüber ‚Faktoren‘ benennen zu können, die dazu beitragen Gegenrede (Counterspeech) wirksamer zu machen.“ (22)

 

Vor diesem Hintergrund ist es leicht verständlich, wieso die US-Administration in Afghanistan beträchtliche Summen in der Höhe von Milliarden Dollars darin investierte, möglichst viele Afghanen mit Internetzugang und Smartphones auszustatten, kurz: ihr ganz besonders an der „digitalen Infrastruktur Afghanistans“ gelegen war (23), die folgerichtig auch einen von mehreren Schwerpunkten der „zivilen Entwicklungsprogramme“ ausmachte (wesentlich ausgeführt über NGO). Die für imperialistische Interventionen entsprechende Theorie zur Aufstandsbekämpfung als Regierungsform lieferte der US-amerikanische NATO-General Petraeus, der mehrere Jahre das Oberkommando in Afghanistan führte. Er entwickelte in dieser Zeit das von ihm herausgegebene Handbuch auf Basis des intensiven Studiums der Schriften Mao Zedongs (Führer der chinesischen Revolution und Vorsitzender der KP Chinas) und David Galulas (französischer General der in Algerien mit der Aufstandsbekämpfung befasst war) und versuchte dabei die entsprechenden Erkenntnisse mit den Erfahrungen der US-Army in Afghanistan zu synthetisieren. Seine Arbeit ersetzte in Ausbildung und theoretischem Unterbau das (von der Special Warfare Planning School der US-Army herausgegebene) und bis in die frühen 2000er Jahre in verschiedenen Auflagen und Überarbeitungen standardmäßig benutzte Handbuch „Counterinsurgency Planning Guide“. Seine Arbeit versucht den Herausforderungen zu entsprechen, mit denen sich die moderne imperialistische Kriegsführung konfrontiert sieht. Nachdem er in der ursprüngliche Fassung seines Handbuchs festhielt, dass die „afghanischen Zivilisten zu entfremden schon den Keim für unsere Niederlage legt“, verdeutlicht er die Notwendigkeit, durch den Einsatz enormer finanzieller Mittel zusätzlich zur militärischen Gewaltausübung eine durch das Militär geführte, oder zumindest kontrollierte „Zivilgesellschaft aufzubauen“, womit er dem System von NGO und der Verschmelzung von militärischen und zivilen Einrichtungen eine weitaus größere  Rolle und mehr Gewicht zubilligt, als dies in bisherigen Aufstandsbekämpfungsstrategien der Fall war. Entsprechend hält Petraeus fest, dass man in dieser militärpolitischen Herangehensweise, in der die „zivilgesellschaftliche“ Seite als entscheidend angesehen wird, „Geld als Waffensystem“ nutzen müsse. Diese Festlegung brachte die USA, ausgestattet mit den enormen finanziellen Mitteln einer hegemonialen Supermacht, in Afghanistan zunehmend in Widerspruch zu ihren Verbündeten, die einen derartigen Aufwand nur viel schwerer bewältigen konnten. Die eigene, US-amerikanische Strategie schwächte zweifellos bis zu einem gewissen Grad die imperialistische Allianz, allerdings verweist sie auch darauf, dass andere westliche imperialistische Mächte (vielleicht mit Ausnahme Frankreichs) noch nicht in dem Ausmaß wie die USA auf die neuen Herausforderungen eingestellt sind. Die Niederlage in Afghanistan ist tatsächlich eine Niederlage der westlichen imperialistischen Allianz, nicht nur des USA-Imperialismus.

 

Diese militärpolitische Strategie verschiebt wegen ihrer enormen Voraussetzung von politischen und ökonomischen Ressourcen die militärische Handlungsfähigkeit weiter zu Gunsten der noch-hegemonialen Supermacht USA und der wenigen großen, international auftretenden Imperialisten. Kleinere und mittlere Imperialisten haben darin geringere Handlungsmöglichkeiten, was wiederum die Widersprüche innerhalb des imperialistischen Lagers allgemein und besonders innerhalb seiner Blöcke und Allianzen verschärft. Ein anderer Faktor der die Umsetzung der Strategie der „Aufstandsbekämpfung als Regierungsform“ störte, war die Korruption. Sie ist sicher nicht der Hauptfaktor in der Niederlage des westlichen Imperialismus in Afghanistan, aber doch ein wichtiger Faktor. Ein großer Anteil der Gelder die für den Aufbau einer militärisch kontrollierten „Zivilgesellschaft“ in das Land gepumpt wurden, versickerten und verschwanden, nicht selten in die Taschen der Taliban. Denn diese wussten im Gegensatz zu den Besatzern sehr genau, wie dieses Land, das nie vollständig zur Nation wurde, in dem Tribalismus und Clanwesen nach wie vor die sozialen und politischen Ordnungsfaktoren des Alltags sind, funktioniert. Doch weit über diese Vorteile einheimischer Kräfte gegenüber ausländischen Besatzern hinausgehend, ist es bemerkenswert, wie sehr es die Taliban verstanden, sich auf den Typus des Kriegs, als auch die neuen Formen der Kriegsführung einzustellen. Weit davon entfernt einfach die hinterwäldlerischen, schwer bewaffneten, bärtigen Sandalenträger zu sein, als die sie in den westlichen Monopolmedien gerne dargestellt werden, entwickelten sie hochkomplexe, Gegenkampagnen der digitalen wie analogen Propaganda, setzten dabei aber weniger als die Imperialisten (oder auch der Islamische Saat) auf individuelle Überzeugung, sondern orientierten vor allem darauf, ganze Dörfer und Gemeinschaften zu gewinnen, oder zu neutralisieren. Sie entwickelten in ihrem Widerstandskrieg gegen die geballte Macht westlicher Imperialisten eine Armee die beinahe über sämtliche Truppengattungen verfügt, inklusive verschiedener Spezialeinheiten und eines weit verzweigten Spionagedienstes. Sie setzten sich in die Lage sowohl unkonventionelle, als auch schlussendlich konventionelle Kriegsführung treiben zu können und rekrutierten ebenso auf internationaler Ebene (wenn auch weit nicht so stark wie der Islamische Staat). Einzig auf eine Luftwaffe verzichteten sie relativ konsequent. Die Taliban erwiesen sich schlussendlich als Meister einer (modisch formuliert) „hybriden Kriegsführung“, was ganz und gar nicht ins Bild der westlichen Imperialisten passen mag. Unabhängig davon, dass die Taliban natürlich als reaktionäre Kraft einzuschätzen sind, muss doch festgehalten werden, dass das Studium der Erfahrungen und Lehren des Afghanistankriegs (sowohl der Imperialisten als auch der Insurgenten) elementar dafür ist, um im 21. Jahrhundert Krieg verstehen zu können. Ignoranz ist hier alles andere als angebracht.

 

Der Afghanistankrieg als Wendepunkt in der modernen Kriegsführung und mit seiner enorm ausgeprägten Komplexität („Hybridität“), hat tatsächlich gewisse Parallelitäten zu Vietnam. Die Niederlage des US-Imperialismus war und ist dabei nicht das jeweils Neue, denn Tatsache ist, dass die USA seit 1945 keine einzige größere militärische Auseinandersetzung gewinnen konnten. Die internationale Dimension der beiden Niederlagen lässt sich abstrakt aber durchaus miteinander vergleichen, auch wenn sie sich am Beispiel Vietnam insofern ganz anders ausdrückte, weil hier die internationale Komplexität eng mit den weltweiten Bewegungen des „Mai 1968“ verbunden war und der Widerspruch zwischen Sozialismus und Imperialismus eine gänzlich andere Rolle einnahm als im jüngsten Afghanistankrieg. Dennoch wäre es falsch, den Vergleich der Niederlage des Imperialismus in Vietnam und in Afghanistan unbedacht vom Tisch zu wischen, denn beide sind wichtige Wendepunkte im internationalen Kräfteverhältnis, wenn auch unter gänzlich unterschiedlichen Vorzeichen.

 

Internationale Folgen der Niederlage des westlichen Imperialismus in Afghanistan.

 

Die Niederlage der westlichen Imperialisten in Afghanistan, allen voran der USA, zeichnete sich seit Jahren ab. Spätestens um das Jahr 2011 war man militärisch gescheitert und musste sich strategisch umorientieren, was innerhalb der Besatzungsmächte für erhebliche Verwirrung sorgte und sorgt. Insbesondere jene Kräfte, die über keine oder nur überaus wenig Kampf- und Kriegserfahrung verfügen, wirken militärisch teilweise geradezu orientierungslos. Dass es beispielsweise bis heute von Seiten der Bundeswehr keine systematische, ressortübergreifende Analyse des deutschen und internationalen Afghanistaneinsatzes gibt (und seit Auflösung der ISAF vergingen nun doch schon einige Jahre), zeigt eindeutig die Ratlosigkeit und Erschütterung des deutschen Imperialismus und seiner Militärstrategen gegenüber der Niederlage in Afghanistan. Diese Niederlage ist eng verknüpft mit der Bindung des deutschen Imperialismus an den US-Imperialismus.

 

Die USA befinden sich als derzeit noch einzige hegemoniale imperialistische Supermacht in rasantem Niedergang, ein Niedergang der durch den für sie schmählichen Ausgang des Afghanistankriegs noch befeuert wird. Das zwingt den US-Imperialismus dazu, seine Strategie zu ändern und sich teilweise neu zu orientieren. Nicht zufällig wurde der NATO im November 2021 durch die USA das erste Mal seit ihrer Gründung eine neue Ausrichtung verordnet. Nicht mehr Russland allein wird als strategischer Gegner eingeschätzt, sondern China mit ihm gleichgesetzt und langfristig sogar als der wichtigere Gegner definiert. Diese Ausrichtung ist nur bedingt im Interesse des deutschen Imperialismus, der seinen hauptsächlichen Fokus nach wie vor im Wesentlichen auf das Feindbild Russland legt, wohingegen die USA den Großteil ihrer Truppen aus Afghanistan nicht in die USA zurückverlegen, sondern gegenwärtig schon im südostasiatischen Raum konzentrieren. Für den USA-Imperialismus ist der Ausgang des Afghanistankriegs eine empfindliche politische Niederlage, handelte es sich doch um „die Mutter“ des „Kriegs gegen den Terror“, mit dem in den letzten 20 Jahren nicht nur die militärische Weltpolitik der USA und anderer Imperialisten gerechtfertigt wurde, sondern der auch den massiven Demokratieabbau und die Aufrüstung der sogenannten „Überwachungsstaaten“ im Inneren legitimieren sollte. Doch nicht nur das. Die Besetzung Afghanistans nahm eine zentrale Rolle in der internationalen Strategie des US-Imperialismus ein, hatte sie doch einen herausragenden Platz im Einkreisungsring gegen den russischen Imperialismus sowie den Iran. Diese Strategie musste durch die Eliten in den USA geändert werden, die Kräfte des US-Imperialismus sind überspannt, er ist dazu gezwungen, sich auf wenige Kettenglieder zu konzentrieren. In Afghanistan musste er einen strategischen Rückzug antreten. Das hat auch Konsequenzen für die engsten Verbündeten der USA, unter ihnen nicht nur Deutschland, sondern auch Israel, das seine militärischen Bestrebungen gegen den Iran in den vergangenen 20 Jahren immer darauf berechnete, dass die Islamische Republik (eine Stabilisierung der militärischen Lage in Afghanistan vorausgesetzt) durch ihre Grenze zu Afghanistan gegebenenfalls in eine große Zange genommen werden könnte (jeweils ergänzt um bestimmte Aufgaben der NATO-Partner in der Region). Diese Erwartung war ein strategisches Element der militärpolitischen Regionalstrategie Israels, ist nun aber obsolet geworden. Schaden nahm ferner auch der indische bürokratisch-kapitalistische Expansionismus, dessen „Investitions- und Entwicklungsprojekte in Afghanistan“ (24) mit dem Abzug der Besatzungstruppen vollständig beendet wurden, was seine regionale Stellung schwächt.

 

Für den russischen Imperialismus bedeutet die Niederlage der westliche Imperialisten in Afghanistan eine große politische Erleichterung, da mit ihr erstens ein massives Loch in die Einkreisung durch den US-Imperialismus geschlagen wurde. Zweitens bringt es die erzwungene Konzentration des US-Imperialismus mit sich, dass Russland in Osteuropa mehr Bewegungsspielraum hat (was für die US-gesteuerte, faschistische Marionettenregierung in Kiew natürlich nichts Gutes verheißt) und seine Verbündeten in Syrien und dem Iran weniger unter Druck stehen. Russland und auch der chinesische Imperialismus erkannten schon frühzeitig die Probleme der westlichen Allianz in Afghanistan, weshalb sie sich „schon seit einiger Zeit um Einfluss in Afghanistan bemühen“ (25), was nicht zuletzt in den schon jahrelang abgehaltenen „Moskauer Afghanistan-Konferenzen“ zum Ausdruck kommt, wo China eine überaus prominente Rolle spielte, Deutschland hingegen nicht mal bei allen eingeladen war. Die russischen und chinesischen Imperialisten handelten noch während des Truppenabzugs des Westens auf ökonomischer und diplomatischer Ebene sehr schnell. Während im Westen über den chaotischen Abzug noch Ratlosigkeit herrschte und man die Bilder vom Kabuler Flughafen erst zu verdauen hatte, anerkannten Russland und China umgehend die Talibanregierung als legitime politische Vertretung Afghanistans und schlossen weitere Wirtschaftsvereinbarungen ab. Für China ist dies besonders wichtig, nicht so sehr wegen unmittelbarer Rohstoff- oder Grenzinteressen (die afghanisch-chinesische Grenze ist ein überschaubarer, nur wenige Kilometer breiter Landstreifen), sondern wegen der internationalen ökonomischen Pläne dieser aufstrebenden imperialistischen Macht: mit dem Zusammenbruch der westlichen Besatzung in Afghanistan und dem guten Einvernehmen das China mit den Taliban fand, ist politisch der Weg für die Nordwestroute der „Neuen Seidenstraße“ bis nach Europa freigelegt. Dabei handelt es sich um nicht weniger, als das offiziell wichtigste internationale Projekt des chinesischen Imperialismus, der die Nordwestroute dieses Megaprojekts bisher nicht schließen und daher auch nicht voranbringen konnte. Nun hat er das geschafft.

 

So tief die Krise des US-Imperialismus auch ist, seine Stellung als hegemoniale Supermacht und „Führer der westlichen Welt“ demonstrierte er selbst in seinem Rückzug. Denn alle seine Alliierten haben durch die Kapitulation massive Nachteile und waren offensichtlich auch in die Vorbereitungen zu Demobilisierung nicht vollständig eingebunden. Der US-Imperialismus setzte dennoch seine Pläne um und musste dabei kaum Rücksicht auf seine Verbündeten nehmen (was auch in deren Kritik an den Verhandlungen der Trump-Administration mit den Taliban im Mai 2020 zum Ausdruck kam). Nachdem die deutsche Bundeswehr nicht in der Lage war den Flughafen von Kabul zu sichern, wurde diese Aufgabe von der US-Army übernommen. Es versteht sich von selbst, dass die Besatzung Afghanistans werder militärisch noch finanziell ohne die USA aufrecht zu erhalten gewesen wäre, auch wenn es eine wilde Allianz mittlerer und größerer Imperialisten versucht hätte. Die enge Bindung an den US-Imperialismus wird somit für den deutschen Imperialismus zu einem immer größeren Problem, denn einerseits kann er ohne die USA seine Interessen militärisch international nicht durchsetzen, gleichzeitig aber entsprechen weder die neuen militärpolitischen Paradigmen, noch die vom US-Imperialismus verfolgte militärstrategische Konzentration seinen obersten Plänen. Daher gerät der BRD-Imperialismus in seinem Block mit den USA massiv unter Druck. Er muss darauf orientieren sich nicht nur langfristig zu „emanzipieren“, sondern sich auch unmittelbar in die Lage bringen, seine Interessen militärisch wahrnehmen zu können. Daher änderte sich auch die Afghanistan-Propaganda der herrschenden Kreise in Deutschland. Während des ISAF-Einsatzes war sie sehr darum bemüht die Rolle der Bundeswehr im wesentlichen als „uniformierte Brunnengräber“ darzustellen, es dauerte jahrelang, bis die deutsche Politik offiziell von einem „Krieg“ in Afghanistan sprach, als dies dann doch geschah, wurde es skandalisiert auszusprechen was ist. Im Gegensatz zu den USA, die sich massiv der Propagandamethode des „Body Counting“ bedienten, ist es betreffend des deutschen Einsatzes überaus schwierig verlässliche Zahlen über von der Bundeswehr getötete Zivilisten und OMF zu erhalten. Die belastbarsten Zahlen stammen von antimilitaristischen Initiativen, welche diese in mühevoller Kleinarbeit recherchieren. Der Krieg den die Bundeswehr führte, wurde über Jahre hinweg in seinem Charakter als Krieg „tabuisiert“. Das hatte politische Gründe, denn die deutschen Herrschenden wollten die Widersprüche ihrer Politik zur deutschen Bevölkerung und zu antiimperialistischen und antimilitaristischen Bewegungen in Deutschland während des Kriegs möglichst wenig anheizen.

 

Nun aber, nach der Niederlage des deutschen Imperialismus, verhält es sich genau entgegengesetzt. Nicht nur wird die Bundeswehr wie erwähnt für eine eingebildete „Offensive“ gelobt und dabei Traditionen der Wehrmacht bedient. Sondern Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer sprach auch davon, dass die Bundeswehr „in Afghanistan erwachsen geworden ist“ (26) und an anderer Stelle: "Ein historisches Kapitel geht zu Ende, ein intensiver Einsatz, der die Bundeswehr gefordert und geprägt hat, bei dem sich die Bundeswehr im Kampf bewährt hat.“ (27) Beides klingt nicht gerade nach Kriegstabu und Friedenstaube. Für den etwas glücklosen CDU-Kanzlerkanditaten Armin Laschet war wiederum die vollkommen nebensächliche Rolle der Bundeswehr in der Planung eines geordneten Abzugs ein „einschneidendes Erlebnis“ aus dem er schlussfolgert: "Warum sind wir als Europäer dazu nicht in der Lage? Es muss eine Lehre sein, international - nicht in der ganzen Welt - bei bestimmten Einsätzen als Europäer handlungsfähig zu sein." (28) Natürlich, wenn Armin Laschet sagt: Europäer, dann meint er in Wirklichkeit: Deutsche. Die Intensität der Kriegspropaganda welche die herrschende Klasse Deutschlands seit dem Rückzug aus Afghanistan entfacht, gab es in diesem Land tatsächlich schon lange nicht mehr (Ähnlich rabiat doch mit viel weniger internationalem Anspruch, hetzten sie seinerzeit gegen Jugoslawien). Hintergrund dessen ist, dass für den deutschen Imperialismus auf seinem Weg zur „militärischen Emanzipation“ von den USA eine EU-Armee auch keine besonders brauchbare Option ist, zumindest wenn sie so ausgestaltet wird, wie es bisher aussieht. Denn das würde auf längere Sicht eine militärische Unterordnung Deutschlands unter den französischen Imperialismus bedeuten, der dem deutschen sowohl technisch, besonders aber im Erfahrungsschatz und im militärpolitischen Bewusstsein um Welten voraus ist. Um was es dem deutschen Imperialismus geht, ist eine EU-Armee unter deutscher Führung und Hegemoie zu schaffen, die folglich vor allem deutsche Interessen militärisch durchsetzt. Das ist die Lehre des germanischen Imperialismus aus der Niederlage in Afghanistan. Laschets und Kramp-Karrenbauers Aussagen sind in Wahrheit ernste Drohungen gegen die Völker Europas und der ganzen Welt, denn sie verheißen, dass der deutsche Imperialismus als Reaktion auf die Niederlage in Afghanistan, sowie auf die militärische Nebenrolle die er dort spielen musste, seine militärische Aggressivität steigern wird. Er muss an Kriegserfahrung und militärischer Durchsetzungsfähigkeit schnell und massiv aufholen, wenn er im Rahmen neuer internationaler Kräfteverhältnisse und der Vertiefung der Krise des Imperialismus militärisch nicht zurückbleiben will.

 

Für das deutsche Kapital, die deutschen Eliten geht es also um viel, weshalb es Deutschland in den kommenden Jahren vermehrt in militärische Abenteuer führen wird. Gleichzeitig werden internationale Militärmissionen mit Bundeswehrbeteiligung einer genauen Prüfung unterzogen werden, denn man will die militärische Hilfsrolle Deutschlands für potentere Imperialisten beenden und selbst vorne mitspielen. Zusammengefasst ist die Lehre die das deutsche Kapital aus seiner Niederlage am Hindukusch zieht die, dass es mehr Aggression und Kriegstreiberei braucht, denn ohne das wird die Welt für seinen Geschmack noch viel zu lange nicht am „deutschen Wesen genesen“. Diese neue und abenteuerliche Aggressivität des deutschen Imperialismus wird in Europa unmittelbare Auswirkungen haben, auch für kleinere imperialistische Länder wie Österreich, deren Kapitalisten gegenüber diesen strategischen Entwicklungen des BRD-Imperialismus selbst unter Zugzwang geraten und entsprechend handeln werden müssen.

 

In Anbetracht dieser Entwicklungen hielt das österreichische Bundesheer fest: „Der Abzug der NATO-Truppen aus Afghanistan signalisiert das Ende einer westlich dominierten Welt und damit der Hoffnung, dass sich nach dem Verfall des Kommunismus die liberale Demokratie weltweit durchsetzen würde.“ (29) Die Niederlage der westlichen Imperialisten und der „liberalen Demokratie“ in Afghanistan eröffnet definitiv eine neue Periode im Kampf der imperialistischen Mächte um Neuaufteilung der Welt. Die Zeichen stehen auf Krieg, die Völker der Welt sollten sich dagegen rüsten.

 

(1) Thomas Wiegold: Bundeswehreinsatz in Afghanistan. Bundeszentrale für Politische Bildung (BPB), 15.10.2016

(2) Wiliam Glucroft: Nach Afghanistan-Abzug: Deutsche Auslandseinsätze auf Prüfstand. dw.com, 20. August 2021

(3) Oblt.d.R. Bundeswehr Stefan Goertz: Afghanistan. Eine aktuelle sicherheitspolitische Analyse – Erste Bilanz und Ausblick. In: Österreichische Militärische Zeitschrift, 06/2021, S.742

(4) ZDFinfo: „Abrechnung mit Afghanistan“, Min.21:00 (zu finden in der ZDFMediathek und auf youtube).

(5) Winfried Natwei: Die Bundeswehr in Afghanistan – ISAF und Resolute Support. In: „Wegweiser zur Geschichte. Afghanistan.“ Hrsg. vom Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr, Verlag Ferdinand Schöningh, Paderborn 2020, S. 112

(6) Ebd.

(7) Ebd.

(8) Ebd., S.113

(9) Thomas Mickan: Wie viele Menschen hat die Bundeswehr in Afghanistan getötet? In: Informationsstelle Militarisierung (IMI), 1/2015.

(10) Ebd.

(11) Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr, 2020, S.115-116, s.o.

(12) Vgl: Ebd, S.160 Insgesamt beteiligte sich die Bundeswehr in Afghanistan bei sechs Offensivoperationen: Anaconda (2002), Harekate Yolo (2007), Karez (2008), Oqab (2009), Taohid (2010) und Towse A Garbe II (2011/2011)

(13) Abgehalten wurde dieses Seminar von der  Deutschen Atlantischen Gesellschaft e.V. gemeinsam mit der Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. und dem Analytischen Zentrum CASSIS von der Universität Bonn. Quelle: rt.de, Bilanz des Afghanistan-Kriegs: Adenauer-Stiftung lobt erste „Offensive“ der Bundeswehr; 9. September 2021

(14) Österreichische Militärische Zeitschrift, 06/2021, S.740, s.o.

(15) Ebd.

(17) Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr, 2020, S. 117

(18) Österreichische Militärische Zeitschrift, 06/2021, S.743, s.o.

(19) Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr, 2020, S.116, s.o.

(20) Jochen Hippler: Militärische Gewalt, Aufstandsbekämpfung und humanitäre Intervention. Krieg im 21. Jahrhundert. Promedia Verlag, Wien 2019, S.249-254

(21) Vgl. dazu: Bernard E. Harcourt: Gegenrevolution. Der Kampf der Regierungen gegen die eigenen Bürger. S. Fischer Verlag, Frankfurt a.M. 2018

(22) Ebd., S.141-142

(23) Vgl.: Ebd.

(24) Österreichische Militärische Zeitschrift, 06/2021, S.743, s.o.

(25) Ebd.

(26) rt.de, Bilanz des Afghanistan-Kriegs: Adenauer-Stiftung lobt erste „Offensive“ der Bundeswehr; 9. September 2021

(27) Die Bundeswehr verlässt Afghanistan. Wurde Deutschland wirklich am Hindukusch verteidigt? Chronik eines umstrittenen Einsatzes. Auf: stern.de, 30.6.2021

(28) Armin Laschet in Bild.tv am 22. August 2021, nach: Björn Hendring: Wie lautet die Bilanz der Bundeswehr-Mission in Afghanistan. heise.de, 6.9.2021 (Telepolis-Magazin)

(29) Österreichische Militärische Zeitschrift, 06/2021, S.743, s.o.

Dossier Aghanistan 3
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