Die Paralympischen Spiele sind die Olympischen Spiele der Sportlerinnen und Sportler mit Behinderung. Sie genießen in Österreich vergleichsweise viel Berichterstattung und eine gewisse Popularität, da die heimischen Athleten traditionellerweise relativ erfolgreich sind. Der Beginn der diesjährigen Paralympics in Tokio sorgte auch für ein politisches Statement in der österreichischen Delegation, das jedoch von den meisten kapitalistischen Monopolmedien verschwiegen wurde.
Tatsächlich ist Österreich bei Paralympics relativ erfolgreich: 2004 in Athen holte man 22 Mal Edelmetall, bei den ersten Paralympics in Rom überhaupt gleich 30 Stück. Im ewigen Medaillenspiegel der paralympischen Winterspiele steht Österreich unbestritten am ersten Platz. Dennoch sind die Preisgelder relativ gering. So wurde heuer in Tokio (Die Medaillenbilanz blieb unter den Erwartungen und belief sich „nur“ auf 9 Stück, davon jedoch ein beachtlicher Dreifach-Sieg im Handbike) eine Goldmedaille mit gerade mal 12.000 Euro belohnt. Ein Betrag, der in den meisten Fällen nicht einmal die Trainingskosten deckt.
International standen die Olympischen und Paralympischen Spiele vielfach in der Kritik, wurden sie doch inmitten der Corona-Pandemie abgehalten, während der Alltag der Bevölkerung Japans strengen Maßnahmen unterworfen wurde. Wie in vielen anderen Ländern auch, haben die Maßnahmen in Japan nur bedingt den Gesundheitsschutz zum Ziel, vielfach werden sie aber genutzt, um das Sozial- und Gesundheitswesen auszuhöhlen und das Arbeitsrecht zu untergraben. Daher erregte die Abhaltung der Spiele heftige Proteste und Demonstrationen der Bevölkerung Japans, insbesondere Tokios.
Thomas Geierspichler ist Rennrollstuhlfahrer und einer der Top-Athleten des österreichischen Teams. Seine bisherige Bilanz kann sich sehen lassen: er alleine gewann schon neun paralympische Medaillen. Nicht zuletzt deshalb wurde er auch dazu bestimmt, beim Einmarsch der Delegation während der Eröffnung der Wettkämpfe die österreichische Fahne zu tragen. Doch Geierspichler weigerte sich! Er sagte, dass er an den Spielen teilnehme, weil er einerseits lange dafür gearbeitet hat und zweitens auch das mögliche Preisgeld braucht um seinen Sport weiter auf hohem Niveau ausführen zu können. Aber er sieht den Rahmen in dem die Spiele stattfinden kritisch und versteht die Proteste und Demonstrationen gegen das Event. Aus „Respekt vor der Bevölkerung“ verzichtete er daher darauf die Fahne zu tragen. Damit zeigte Geierspichler bemerkenswerte Haltung und Mut dazu, sich auch im Sport deutlich zu politischen Fragen zu positionieren. Diese Haltung muss im modernen Sportbetrieb leider sehr oft vermisst werden. Thomas Geierspichlers Entscheidung ist daher umso erfrischender und zeigt, dass auch der moderne Sportbetrieb in manchen Fällen als Bühne für politische Stellungnahmen genutzt werden kann.
Bildquelle: Ernest Juárez Vilchis, CC BY 2.0, via Wikimedia Commons
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