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Opel-Werk Wien Aspern: Ein Ende auf Raten.



Das endgültige Aus des einzigen noch in Österreich verbliebenen Opel-Werks steht vor der Tür. Die letzten beschäftigten 300 Arbeiter des Opel Werks Wien-Aspern verlieren ihre Arbeit. Stellantis begründet die Schließung des Werks mit einem gravierenden Wandel in der Automobilindustrie. Wenn, dann ist das nur die halbe Wahrheit, denn in den letzten vier Jahren wurde mit über 1.000 Kündigungen dieser Weg schon vorgezeichnet.



Das langsame Sterben-Lassen des Opel-Werks in Aspern


Seine Geschichte begann im Jahr 1979 mit der Unterzeichnung eines Vertrags von General-Motors Austria zur Errichtung eines Motorenwerks. In der Hochphase der Produktion im Jahr 1983 waren rund 2.700 Arbeiter und Angestellte beschäftigt. In den letzten Jahren wurden immer mehr Stellen abgebaut. 2019 waren noch 1.350 im Werk beschäftigt, 2020 waren es dann nur noch rund 600 und heute sind nur mehr 300 davon übriggeblieben. Der „Grund“ für die Kündigungen wurde 2019 mit einem „Modellwechsel bei Kleinwagen“ betitelt, 2020 war es dann der Verlust eines Großauftrages und heute ist es der „Wandel in der Automobilindustrie“. Jetzt sehen die verbliebenen Arbeiter und Angestellten, dass diese zahlreichen Begründungen für sie keinerlei „Halt“ gaben, denn unterm Strich wird gekündigt und gekürzt wie es den Kapitalisten passt. 2015 gab es einen „Standortsicherungsvertrag“. Dafür erklärte sich der Betriebsrat bereit, dass sich die Arbeiter in Lohnverzicht üben würden, um den Standort für neue Aufträge zu attraktiveren. Die Löhne wurden zweimal um zwei Prozent verringert, im Gegensatz solle die Geschäftsführung Aufträge heranziehen. Ein guter Streich der da den Arbeitern gespielt wurde! Und all das wurde mitgetragen durch die Gewerkschaftsführung. Nebenbei war die Arbeiterbetriebsratsvorsitzende des Werks, Renate Blauensteiner, bei den Kündigungen gegen Kampfmittel der Arbeiter, da man sich von Protestaktionen nichts erhoffen würde. Heute wird vielen Arbeitern klar sein, dass sie doch lieber schon früher für den Erhalt der Arbeitsplätze kämpfen hätten sollen.


Bis ins Jahr 2020 wurden am Standort noch Motoren hergestellt, dann verlor das Werk den letzten Großauftrag von General Motors. Danach wurden im Werk nur noch Sechs-Gang-Getriebe für Verbrenner hergestellt. Die Stadt Wien förderte diese Umstellung mit einer Million Euro – jedoch ohne Auflagen zur Sicherung der Arbeitsplätze. Dies sei bei Forschungsförderungen nicht üblich, hieß es Seitens der Stadt Wien. Heute erinnert sich offenbar niemand mehr daran. Auch in Zeiten der Corona-Pandemie wurde das Werk aufgrund von Chipmangel vor Probleme gestellt. Die Presse erhält keinen Zutritt zum Werk. Für den Standort Wien sieht der Weltkonzern keine Perspektive – die Schließung ist nur der letzte Akt des langsamen Sterbens.



Welche Automarken und Unternehmen gehören zu Stellantis?


Zu Stellantis gehören mehrere Tochtermarken, darunter Opel, Peugeot, Citroën, Fiat, Chrysler, Jeep und Alfa Romeo. Zu Stellantis in Österreich gehören die Automarken Abarth, Alfa Romeo, Citroen, DS Automobiles, Fiat und Fiat Professional, Jeep, Opel und Peugeot, die „Mobilitätsmarke“ Free2Move, die Finanzorganisationen Stellantis Financial Services und Leasys Austria sowie die Händlerbetriebe Stellantis&You und das Produktionswerk Wien-Aspern. Auch die Marke Maserati, jedoch ist der Vertrieb separat organisiert. Im weltweiten Ranking der Automobilhersteller nach Absatz belegte Stellantis mit einem Umsatz von 179,59 Milliarden Euro und fast sechs Millionen verkauften Fahrzeugen den vierten Platz (2022). Stellantis wurde die Fusionierung von Fiat Crysler Automobiles und der Groupe PSA (Peugeot Societe Anonyme) zur Holding Stellantis mit Sitz im niederländischen Hoofddorp.


Bekanntgegeben wurde die Fusionierung bereits im Jahr 2019, die Untersuchung der EU-Wettbewerbskommission erteilte Ende 2020 die Genehmigung zur Fusionierung. Die Zulieferfirma Faurecia wurde nach der Fusionierung ein eigenständiges Unternehmen, jedoch hält Stellantis den Großteil der Aktien.



Verbrennungsmotoren nicht mehr nötig?


Stellantis begründet die Schließung des Werks mit dem gravierenden Wandel in der Automobilindustrie, die für Verbrennungsmotoren weniger bzw. keinen Bedarf mehr vorsieht. Dass diese Argumente lediglich vorgeschoben sind, lässt sich daran erkennen, dass die Getriebeproduktion nicht eingestellt, sondern nach Frankreich verlegt wird. Es geht also grundsätzlich nicht um verringerten Bedarf, wie auch ein weiteres Beispiel der österreichischen Automobilherstellung verdeutlicht. Bei den BMW-Werken in Steyr wurden vor kurzem wieder Schichten von E-Motoren auf Verbrennungsmotoren umgestellt. Stellantis hat offensichtlich beschlossen, dass Österreich als Standort keine Rolle mehr spielt, denn an anderen Orten wird seitens Stellantis groß investiert. Zum Beispiel in Nordfrankreich wo gerade ein riesiges Werk zur Herstellung von Hochleistungsbatterien eröffnet wurde – weitere zwei sollen folgen. Der Konzern stellt derzeit über 28 Elektroautomodelle her und will diese Zahl bis Ende 2024 verdoppeln. Die durch die permanente Reduzierung der Produktion in Wien Aspern frei gewordenen Betriebshallen und Freiflächen – das Betriebsgebiet umfasst rund 600.000 Quadratmeter, Eigentümer ist die Bundesimmobiliengesellschaft – hätten genauso zur Herstellung von E-Auto-Teilen umgebaut werden können.



Gewerkschaft gibt sich empört – bleibt jedoch tatenlos


Es ginge jetzt um die Beschäftigten, eine Reihe von sozialen Maßnahmen, wie Umschulungen oder ein eigens eingerichtetes Jobcenter sei geplant, hieß es von Seiten der Firmenleitung. Seitens der Produktionsgewerkschaft PRO-GE wird die Schließung des Werks als absolute Hiobsbotschaft betitelt, viele Versprechen hätten sich in Luft aufgelöst, da trotz Millionenförderung der Standort geschlossen wird. Zu einem Arbeitskampf wir dennoch in keinster Weise aufgerufen, dies war auch schon im Jahr 2019, als ein Drittel der Arbeitsplätze reduziert wurden, der Fall. Auch damals plante der Betriebsrat keinerlei Proteste, sondern feilte lieber an einer „bestmöglichen Lösung“ für die betroffenen Arbeiter. Gerade in der Automobilherstellungsbranche gäbe es einige wichtige und erfolgreiche Arbeitskämpfe, wie zum Beispiel die großen Arbeitskämpfe der 1950er und 1990er in den Steyrer Automobil Werken, aus denen Lehren gezogen werden können. Gleichzeitig ist alleine die Geschichte des langsamen Sterben-Lassens von Opel-Aspern eine Lehre für die Beschäftigten. Die Arbeiter dürfen sich nicht von der Gewerkschaftsführung verkaufen lassen, sondern müssen sich zusammenschließen und für ihre Anliegen und Interessen organisiert und selbständig kämpfen. Ansonsten werden Beispiele wie diese nicht die Letzten gewesen sein.





Quelle: ORF, Standard, APA, Statista


Bildquelle: Aspern (Wien) - Opel-Werk, Verwaltungsgebäude, C.Stadler/Bwag; CC-BY-SA-4.0



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