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Kulturgut: Breitensportvereine und ihr Kampf ums Überleben



Vereinssterben – dieses Damoklesschwert hängt vor allem über den Breitensportvereinen, insbesondere den Fußballvereinen. Die Rede ist dabei natürlich nicht von den „großen“ Vereinen, die Unsummen für Legionär-Spieler zur Verfügung haben, die millionenschwere Sponsoren an ihrer Seite haben und staatliche Förderungen gestellt bekommen. Nein – die Rede ist von den kleinen Vereinen in den unteren Liegen, doch gerade diese sind essenziell für den Massensport.

Der Rückgang der Vereine die für den Spielbetrieb angemeldet sind, ist erheblich. Waren es 2018/19 laut ÖFB noch 2.087 Vereine, sank die Zahl in der Saison 2021/22 auf nur mehr 2.015 Vereine. Regional gibt es eklatante Unterschiede. Niederösterreich hat dabei den höchsten Rückgang. Allein im Jahr 2022 zogen sich 13 Vereine in Niederösterreich zurück. Die Ursachen des Vereinsschwunds sind vielfältig und stehen einerseits im Zusammenhang mit bürokratischen Auflagen, der enormen Teuerungswelle, den vielen Lockdowns während der Corona-Zeit und andererseits auch mit persönlichen Belangen.




Sportvereine verloren rund 500.000 Mitglieder durch Beschränkungen und Lockdowns


Der rasanteste Mitgliederrückgang fand eindeutig zu Corona-Zeiten mit den rigorosen Einschränkungen und teilweisen Schließungen der Vereine statt. Es durfte kein Massensport mehr betrieben werden. Dies führte dazu, dass viele Mitglieder ihre Mitgliedschaft aufkündigten und sich anderen „Freizeitmöglichkeiten“ zuwandten. Durch die Umorientierung in der Freizeitgestaltung während der Lockdowns, gab es kaum Wiedereintritte in die Vereine nach der Lockdownzeit. Zudem traf die Teuerungswelle große Teile der Bevölkerung mit aller Härte und viele konnten sich die Mitgliedsbeiträge und sonstigen Ausgaben hinsichtlich der Vereinstätigkeiten nicht mehr leisten. Zählten die drei Hauptverbände (ASKÖ, ASVÖ, Sportunion) im Jahr 2018 noch insgesamt 2.957.882 Mitglieder in allen Breitensportvereinen, so sind es im Jahr 2022 nur noch 2.726.870 Mitglieder. Bei den Fußballvereinen konnten im Jahr 2018 noch 432.443 Mitglieder gezählt werden und im Jahr 2022 trotz „Sportbonus“ nur noch 297.421 Mitglieder. Der Sportbonus wurde durch das Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport finanziert. Dieser Bonus übernahm 75 Prozent des Mitgliedsbeitrags für die Saison 2021/22, das Kalenderjahr 2022 oder die Saison 2022/23 und war gedeckelt mir 90 Euro pro neuer Mitgliedschaft. Durch den Sportbonus konnten über 208.000 Mitglieder in den Breitensportvereinen gewonnen werden. Wie viele davon auch nächstes Jahr ohne diese Förderung noch Mitglied sein können, wird sich erst zeigen. Weitere Gründe für das Vereinssterben sind finanzieller Natur, durch die Einschränkungen im Breitensport konnten keine Veranstaltungen oder Wettbewerbe abgehalten werden. Dies führte zu Einnahmenentfall bei den Vereinen, hinzu kommen jetzt die Preissteigerungen im Energiebereich, die den Vereinen zu schaffen macht.



Personelle Ressourcen sind große Herausforderungen.


Aus den Vereinen hört man, dass es vielen Vereinen nicht besonders gut geht. Dies lässt sich daran erkennen, dass die meisten Vereine bei der Reserve gerade mal elf Leute stellen können. Es war schon vor Corona schwer, aber Corona hat die Problematik beschleunigt. Im ländlichen Bereich haben sich schon einige Vereine zusammengeschlossen, um überhaupt eine vollständige Mannschaft aufstellen zu können. Durch die Vorgaben der Verbände haben Vereine mit Sanktionen zu rechnen, wenn sie beispielsweise keine Jugendmannschaft aufstellen können. Nicht nur bei den Spielern gibt es hohen Bedarf an personellen Ressourcen, bei den Funktionären, Trainern und „Helfern“ sieht es nicht besser aus. Sowohl der zeitliche Aufwand als auch die teilweise sehr hohe Verantwortung und Haftungen schrecken viele davon ab, sich zu engagieren. Viele wollen mitmachen, wenn es „zeitlich“ passt, aber wenige wollen sich zu etwas „Regelmäßigem“ verpflichten. Das hat nicht wenig mit den enorm flexibilisierten Arbeitszeiten und dem hohen Arbeitsdruck zu tun. Ein wesentlicher Faktor für mangelnde Mitglieder sind auch die enormen Preissteigerungen. Viele Familien können es sich schlicht nicht mehr leisten ihre Kinder in einen Verein zu schicken, denn es fallen nicht nur Mitgliedsbeiträge an. Kosten für Sportkleidung, Schuhe und Zubehör wie Schienbeinschoner und Sporttaschen fallen ebenso an wie die Kosten für Fahrten zum Training/Spiel und retour. Der Zeitaufwand um die Kinder zum Training/Spiel zu bringen ist von den Eltern auch noch zu stemmen.



Sport hat eine positive Auswirkung auf unsere Gesundheit


Die Gesundheitsfördernde Wirkung von Sport der regelmäßig ausgeübt wird ist hinreichend belegt. Bewegungsmangel verursacht verschiedenen Krankheiten und erhöht das Sterblichkeitsrisiko. Zu wenig Bewegung erhöht das Risiko von Darmkrebs, Brustkrebs, Herzerkrankungen, Schlaganfall, Bluthochdruck, Diabetes und Übergewicht. Regelmäßige körperliche Aktivität erhöht die Leistung von Muskeln, Herz und Kreislauf. Dass hier die Herrschenden so wenig tun, um die sportliche Aktivität der breiten Massen zu fördern, zeugt wieder einmal davon, dass Gesundheit im modernen Kapitalismus vor allem ein Geschäft ist und die Prävention keinerlei Rolle spielt.



Gesellschaftliche Relevanz der Breitensportvereine


Natürlich geht es vordergründig um Sport, dennoch haben die Breitensportvereine eine hohe gesellschaftliche Relevanz. Hier lernen die Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen sich im Team zu trainieren, hier wird Zusammenhalt gestärkt und gemeinsamer, solidarischer Wettkampf geübt. Im Verein helfen alle zusammen, nicht nur die Spieler und Trainer, sondern auch die Helfer – jene die den Rasen vor dem Spiel mähen, jene die die Karten für das Match verkaufen, jene die die Zuschauer mit Getränken und Essen versorgen, jene die die Trikots waschen – alle helfen und wirken zusammen, um die sportlichen Aktivitäten zu ermöglichen. Nach dem Spiel setzt man sich noch zusammen, um zu plaudern oder um das gerade beendete Spiel zu diskutieren und um sich generell auszutauschen. Breitensportvereine sind ein wichtiger Bestandteil unserer Kultur. Der Mitgliederschwund, als auch das Vereinssterben sind nichts „zufälliges“, was sich daran zeigt, dass vor allem mit den Corona-Maßnahmen und der Teuerung ein Sprung einsetzte. Während Milliarden in Aufrüstung gesteckt werden, wird über die Sportvereine wenn überhaupt alibimäßig diskutiert und die soziale Isolation vorangetrieben. Dem entgegenzuwirken ist also die Aufgabe der Vereinsmitglieder selbst, und all jener die den Breitensport als sportliches und kulturelles Gut erhalten wollen.





Quellen: laola1, Sportbonus, sportaustria, stiftung gesundheitswesen

Bildquelle: Fußball, dimitrisvetsikas1969, Pixabay


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