Am 12. August organisierte das Komitee „Hände weg von der Ukraine“ eine Podiumsdiskussion in Wien. Im Zentrum der Diskussion standen Fragen über Möglichkeiten und Perspektiven im Kampf gegen Militarisierung und NATO-Einbindung, sowie Debatten zur derzeitigen Lage in der Ukraine. Mit über 50 Gästen war die Veranstaltung gut besucht und ein wichtiger Impuls für weitere gemeinsame Tätigkeiten gegen Imperialismus und Militarisierung.
Dass die Veranstaltung eine solide Grundlage für weitere Initiativen und Tätigkeiten legen konnte, lag wesentlich am gut besetzten Podium. Die Vertreterinnen und Vertreter verschiedener Initiativen und Organisationen, darunter auch des Redaktionskollektivs der Roten Fahne, vertraten teilweise zwar durchaus unterschiedliche Ansichten (bspw. in der Charakterisierung des Kriegs in der Ukraine), waren aber gleichzeitig sehr darum bemüht, die gemeinsamen Standpunkte und Ansichten herauszuarbeiten und sich positiv darauf zu beziehen. Das bildete einen guten und solidarischen Rahmen dafür, dass die Teilnehmer eine Fortsetzung von Aktivitäten und Diskussionen zum Thema begrüßten.
Noch vor Eröffnung der Diskussion richtete Peter Weish, Mitglied des Österreichischen Naturschutzbundes, in dessen Räumlichkeiten die Veranstaltung stattfinden konnte, einige Worte an die Anwesenden. Die Vorstellung der verschiedenen Positionen und Anschichten im Rahmen der Podiumsdiskussion begann danach mit einem interessanten internationalen Beitrag: ein Aktivist der ukrainischen antiimperialistischen Organisation „Borotba“ (dt.: Der Kampf) schickte eine zuvor aufgezeichnete Videobotschaft an die Veranstaltung. In dieser sprach er über die aktuelle Lage im Land, die Perspektiven antiimperialistischer, demokratischer Kräfte und die Einschätzungen seiner Organisation zur russischen und ukrainischen Kriegsführung, was durchaus kontrovers diskutiert wurde.
Direkt am Podium sprach Helga Suleiman, von der Steirischen Friedensplattform, die in ihrem Redebeitrag herausarbeitete, dass die Frage nach einer neuen Friedensbewegung immer auch damit verknüpft werden muss, zu fragen, aus wem sich diese Friedensbewegung zusammensetzen soll. Eine neutral formulierte Friedensforderung, die davon ausgeht, dass „alle, ganz unterschiedslos zusammenstehen müssen“, und damit beispielsweise auch die herrschenden Eliten (die Teil der Kriegstreiber sind) mit einschließen würde, wurde von der Rednerin in diesem Zusammenhang als rückständig kritisiert. Darüber hinaus schlug Helga Suleiman vor, eine Kampagne für die Abschaffung der NATO zu entwickeln.
Ein weiterer Podiumsgast war Gerhard Mack von der Gewerkschaftsinitiative Komintern (Kommunistische Gewerkschaftsinitiative – International). Er präsentierte eine Menge überaus aufschlussreichen Zahlenmaterials, mit dem verschiedene Legenden der Kriegspropaganda durch handfeste Argumente widerlegt werden konnten. Einen Schwerpunkt seines Beitrags bildete die Forderung, dass antimilitaristische und antiimperialistische Ziele in der Gewerkschaftsbewegung wieder stärker betont werden sollten, sowie gewerkschaftliche Kampfformen auch gegen Aufrüstung und Militarisierung zum Einsatz kommen müssen. Die imperialistische Kriegstreiberei betreffend, ging Mack über den Rahmen des Ukrainekriegs hinaus und verwies auch auf die Zündelei und Provokationen der USA in der Frage Taiwans.
Anna Mornar, Autorin und Journalistin der Roten Fahne, betonte, dass es sich im Ukrainekrieg einerseits um einen Widerspruch zwischen Imperialisten handle (Russland gegen durch die USA geführten westlichen Imperialisten), hauptsächlich jedoch um einen Widerspruch zwischen der ukrainischen Nation und dem Imperialismus. Im Kampf gegen den Imperialismus komme, so Mornar, den insbesondere im Osten und Süden des Landes organisierten antifaschistischen und antiimperialistischen Kräften eine überaus wichtige Position zu. Mornar betonte dabei, dass eine neue Friedensbewegung keinen engen, abstrakten Pazifismus verfolgen sollte, sondern die Positionierung gegen imperialistische Kriegstreiberei immer auch die Unterstützung antiimperialistischer und demokratischer Befreiungskämpfe einschließen sollte. Abschließend unterstrich die Rednerin, dass es gegenüber den aktuellen Entwicklungen dringend geboten ist, die Podiumsdiskussion nicht als einmalige Sache zu behandeln, sondern als Ausgangspunkt für weitere Aktivitäten.
Der letzte Redner am Podium war Alfred Almeder. Er ist langjähriger Gewerkschafter und Aktivist der Donbas-Solidarität. In dieser Funktion kann er auf zahlreiche längere Aufenthalte und viele Erfahrungen in der Ukraine zurückblicken. Er erzählte über den festen Willen der dort lebenden Menschen, ihr Leben nicht von reaktionären und imperialistischen Kräften bestimmen zu lassen, von der Aufbauarbeit die sie leisteten, doch ebenso wie von den militärischen Kampagnen, welche die Kiewer Regierung gegen die östlichen Gebiete Luhansk und Donezk führte. Damit gab er den Gästen überaus interessante, doch ebenso erschütternde Einblicke in die tägliche Realität in der Ostukraine. Seine Ausführungen verband er mit einem klaren Appell der Kriegsgegnerschaft und einer solidarischen Haltung gegenüber vielen Ukrainern, die heute auf der Flucht vor dem Krieg nach Österreich kommen.
All diese Positionen wurden, wie viele weitere, in kurzen Stellungnahmen der Podiumsredner vorgetragen und anschließend mit dem Gästen der Veranstaltung besprochen. Die Diskussionen wurden lebendig im Zeichen von Einheit und Widerspruch geführt, denn selbstverständlich gab es neben viel Übereinstimmung auch im Publikum kontroverse Ansichten, die aber dennoch diskutiert werden konnten. Aus dem Publikum folgte nach den Reden am Podium auch noch eine Stellungnahme des Bunds werktätiger Migranten in Europa (AGEB), in welcher sich die Organisation überaus bestimmt gegen imperialistischen Krieg und weitere Militarisierung positionierte. Die Situation der Kriegshetze und des Rassismus, wie sie von den Herrschenden in Österreich und der EU geschürt wird, rief leider auch eine kleine Gruppe von vier geschulten Provokateuren auf den Plan, die sich nicht an den gemeinsamen Zielen der Diskussion beteiligen wollten, sondern versuchten die Veranstaltung zu stören und zu verhindern. Die Diskussion konnte aber nach einer kurzen Unterbrechung fortgesetzt werden und die Veranstaltung nahm vom Störversuch keine weitere Notiz.
Rednerinnen, Redner und Publikum waren sehr einhellig der Meinung, dass es eine gute Veranstaltung war, die auch zur richtigen Zeit abgehalten wurde. Die Haltung, dass die Veranstaltung als Ausgangspunkt, als Beginn für weitere gemeinsame Arbeit verstanden werden sollte, erhielt von allen Seiten Zustimmung. Die Ereignisse der Zeit machen deutlich, dass es kräftigeren und größeren Widerstand gegen reaktionäre Entwicklungen geben muss. Der Imperialismus bereitet neue Kriege vor und wird in der gegenwärtigen Phase seines Niedergangs und seiner Zersetzung auch immer aggressiver. Dass antiimperialistische und antimilitaristische Tätigkeiten ein unverzichtbarer Bestandteil des Widerstands dagegen sind, wurde mit dieser erfolgreichen Veranstaltung ein weiteres Mal unter Beweis gestellt. Die Einheit und Solidarität, die an diesem Abend in vielen Punkten hergestellt werden konnte, stimmt gegenüber diesen wichtigen Anliegen auf jeden Fall sehr optimistisch!
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