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Arbeitskampf vs. Sozialpartnerschaft



Demonstrationen, Blockaden, Betriebsversammlungen, Streiks… in den vergangenen Wochen beteiligten sich so viele Arbeiter und Angestellte an Protestaktionen wie schon seit vielen Jahren nicht mehr. Es herrscht hohe Kampfbereitschaft – die Ergebnisse der KV-Verhandlungen sind jedoch mehr als kritikwürdig.


Eingeleitet wurde die diesjährige „Herbstlohnrunde“ bereits mit dem Streik der Arbeiter bei Ardo in Niederösterreich, sowie mit öffentlichen Betriebsversammlungen der Kindergärten und Freizeitpädagogen. Beides waren wichtige Signale an die österreichische Arbeiterschaft und eine Warnung an die Herrschenden, die mit ihrem Geschrei von „Wettbewerbssicherheit“ die Forderungen der Arbeiter abwürgen wollen. Die Protestaktionen sorgten für Aufmerksamkeit, vor allem die außerhalb der üblichen KV-Verhandlungen stattfanden. Es ist bereits mehr als spürbar: der Arbeiterschaft reicht es und die (SP-)Gewerkschaftsführung muss sich anstrengen ihren Einfluss nicht zu verlieren.


Wie viel heiße Luft erscheint es heute vielen, wenn von Seiten der ÖGB-Spitzen von „Kampf“ und „wir werden nicht nachgeben“ gesprochen wird. Wie ein Zirkus, der veranstaltet wird, um die eigene Legitimation zu beweisen und die Millionen an Mitgliedsbeiträgen zu rechtfertigen. Für den SWÖ-Abschluss, der 130.000 Beschäftigte im privaten Gesundheits-, Pflege- und Sozialbereich betrifft, und zur Durchsetzung von 15 Prozent und mindestens 400 Euro Lohnerhöhung, wurde eine Betriebsrätekonferenz abgehalten und ein Streikbeschluss eingeholt. Wofür? Offenbar damit im Zirkuszelt ein wenig Frust abgebaut werden kann, während hinter den Kulissen ein schlechter Abschluss für die Beschäftigten ausverhandelt wird. Von den ursprünglichen Forderungen sprach niemand mehr! Die Metaller Chef-Verhandler legten noch eins drauf. Zehntausende Arbeiter in hunderten Betrieben streikten, blockierten Straßen und setzten sich für wirkliche Lohnerhöhungen ein. Nun ist das wohl schlechteste Ergebnis seit Langem ausverhandelt worden: Ein Abschluss für zwei Jahre! Das heißt natürlich für die Arbeiter Schlechtes, denn sie haben keine Möglichkeit bei den nächsten KV-Verhandlungen Forderungen zu stellen. Offenbar rechnen die Kapitalisten mit einer sich weiter vertiefenden Krise und wollen von vornherein jegliche Protestmaßnahmen unterbinden. Wichtige Forderungen wie die Erhöhung nach Fixbeträgen, Steuerfragen, Personalverbesserungen etc, fielen unter den Tisch, während schlechte Abschlüsse als Erfolg präsentiert werden!


Das Problem sind nicht die Kampfmaßnahmen oder der Streik. Streik ist durchaus notwendig und gerechtfertigt. Die Bereitschaft zu kämpfen ist unter der Arbeiterschaft hoch, denn sowohl Lohn als auch Arbeitsbedingungen drücken das Lebensniveau zunehmend herab. Es ist auch offensichtlich was möglich wäre, wenn die Arbeiterklasse einen Streik durchsetzt und konsequent weiterverfolgt. Alleine ein paar Stunden Warnstreik verursachten massive Aufmerksamkeit, Solidarität und Gewinnverluste für die Kapitalisten. Die Arbeiterklasse ist nicht nur zahlenmäßig überlegen, sie sitzt auch an Stellen wo sie Kraft und Stärke entfalten kann, um ihre Ziele zu erreichen!


Bild: Die Chefverhandler Karl Dürtscher (GPA) und Reinhold Binder (PRO-GE) bei der Forderungsübergabe © PRO-GE/GPA



Das wissen auch die Herrschenden, denn nicht umsonst wurde die sogenannte „Sozialpartnerschaft“ installiert. Wer tritt sich da gegenüber? Auf der einen Seite Vertreter von Industrie, Monopole und Regierung, auf der anderen Seite der von der SPÖ geführte Gewerkschaftsapparat. Die SPÖ stellt nun offensichtlich keine Opposition zum Verhandlungspartner dar - im Gegenteil findet sich die Spitze der SPÖ mehr im anderen Lager wieder, als im Lager der Arbeiterklasse. Die Vergangenheit zeigte, dass es im Wesentlichen zwei Anlässe für die ÖGB-Führung gibt, zum Kampf zu mobilisieren. Erstens, wenn sie als Verhandlungspartner übergangen wird und die SPÖ den Verlust ihrer Macht und ihres Einflusses befürchtet, wie beispielsweise bei den Streiks gegen die Pensionsreform 2003. Und zweitens, wenn der Druck in der Arbeiterschaft zu explodieren droht und sich zunehmend der Drang nach unabhängigen Initiativen äußert.


Die hohe Kampfbereitschaft schafft gute Bedingungen. Bei den Kampfmaßnahmen der Arbeiter wurde jedoch heuer von Seiten der ÖGB-Führung alles getan, um die Streiks großteils ins Leere laufen zu lassen und zu begrenzen. Beispielsweise streiken im Handel, jene Branche mit besonders niedrigem Lohnniveau, nur ausgewählte Filialen für rund eineinhalb (!) Stunden. Der „Streik“ bei Thalia auf der Mariahilfer Straße wurde zusätzlich dadurch untergraben, dass die Unternehmensführung einfach Mitarbeiter aus anderen Filialen holte, um den Betrieb aufrecht zu erhalten. Alleine für diese Frechheit und Untergrabung des Streiks müsste ein unbefristeter Streik ausgerufen und andere Betriebe zur Solidarität mobilisiert werden.


Arbeitskampf um bessere Bedingungen kann immer nur gegen die Kapitalisten, die Monopole und deren Helfershelfer durchgesetzt werden. Die Arbeiter und Angestellten sitzen eben nicht im „selben Boot“ wie die Großunternehmer und Konzernchefs – das sehen wir heute ganz deutlich. Wichtige Lehren aus der jüngeren Vergangenheit, wie wir bei MAN, Ardo oder oder auch den jetzigen KV-Verhandlungen gesehen haben, sind erstens: Arbeitskampf ist nicht auf die Lohnverhandlungen zu reduzieren und zweitens: die Arbeiter und Angestellten, ob ÖGB-Mitglieder oder nicht, müssen sich selbst auf die Füße stellen, um nicht verkauft zu werden!




Bildquelle: Gewerkschaft ÖGB/PRO-GE

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