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Aktueller Filmtipp: „Das Viertel“ - eine wahre Geschichte vom Widerstand

Bis 31. Mai gibt es noch die Möglichkeit sich im Wiener Gasometerkino, dem Kino in der Lugnercity und im Innsbrucker Metropol den Film „Das Viertel“ anzusehen. Dieser liefert einen seltenen und hochaktuellen Einblick in den Kampf der Bevölkerung eines Viertels in Istanbul gegen Gentrifizierung, Repression und den gemeinsamen Angriff von Polizei und Drogenmafia. Der gut gemachte Spielfilm beruht auf wahren Gegebenheiten.


„Das Viertel“ spielt in einem Vorort von Istanbul. Es ist ein blühendes Viertel direkt am Bosporus. Der Film stellt uns zuerst Rüstem und Aslı vor, ein junges Liebespaar. Doch ihr Leben, wie das großer Teile der Bevölkerung, die 12 bis 14 Stunden arbeiten müssen und mit großen Mühen ihr Viertel selbstständig aufbauen (sich sogar selbst Windräder konstruieren), ist nicht leicht. Und die Probleme im Viertel nehmen zu. Große Immobilienunternehmen haben im Auftrag von amerikanischen Finanzinstituten ein Auge auf diese „Perle des Bosporus“ geworfen. Um das „Gsindl“, die Bewohner die dort leben, zu vertreiben sind ihnen alle Mittel recht.


So kommt es, dass im Viertel bald die ersten Todesfälle durch Drogen auftreten. Es handelt sich um die gefürchtete Droge „Bonsai“. Diese tötet oft schon beim ersten Gebrauch. Manch einer fragt sich: „Aber wenn man beim ersten Gebrauch daran stirbt, dann zerstören die Dealer ja ihren eigenen Markt!“ Die Frage wird im Film jedoch umgehend beantwortet: „Drogen wie diese werden mit Millionen subventioniert und weit unterm Produktionspreis verbreitet um die Jugend des Landes zu vergiften.“ So soll die Bevölkerung gefügig gemacht werden. Diese Theorie ist nicht „aus der Luft gegriffen“, gibt es doch zum Beispiel Vorwürfe an den führenden AKP-Politiker Binali Yıldırım selbst im Drogengeschäft tätig zu sein (1). Der Film zieht auch (richtigerweise) Parallelen zu anderen Fällen, wo durch Drogen soziale Bewegungen bekämpft wurden. Wie zum Beispiel die Taktik des CIA im „subversiven“ Kampf gegen die schwarze Befreiungsbewegung, wo im Rahmen des „Kriegs gegen die Drogen“ sogar von der Regierung selbst unter Zusammenarbeit mit der Drogenmafia Crack in die schwarzen Vierteln gespült wurde (2). In „dem Viertel“ drückt das ein Geheimpolizist nüchtern aus: „Was ist schon der Unterschied zwischen den offiziellen und den inoffiziellen staatlichen Kräften?“


Die wollen sogar einen Film über mich drehen“, sagt der Immobilienmogul bei zirca halber Laufzeit, „niemand dreht einen Film über Osman Tan!“ „Das Viertel“ ist nicht einfach „interessante Fiktion“, oder ein Dokumentarfilm aus ferner Vergangenheit. Diese Repression passiert jetzt gerade. Und so kam es, dass am 11. Tag der Dreharbeiten, in diesem Viertel in Istanbul, der Drehort von türkischen Sicherheitskräften mit Wasserwerfern und einem gepanzerten Fahrzeug gestürmt wurde. Obwohl alle Genehmigungen vorlagen, wurden die Dreharbeiten auf der Stelle verboten. Die Beteiligten mussten das Land verlassen. Die Produzenten Selma und İnan Altın, die Teil der berühmten Musikgruppe „Group Yorum“ sind, berichteten selbst bei der Premiere in Wien von diesen Schwierigkeiten. Dass der Film zu 40 Prozent aus Animationen besteht, hat den Grund, dass diese Szenen eben nicht mehr vor Ort gefilmt werden konnten. Über Selma und İnan Altın wurde ein Fahndungsbefehl verhängt, weshalb sie in den Animationsstudios per Videokonferenz zugeschalten werden mussten.

So ist das „making of“ Teil der Geschichte, die der Film selbst erzählt – einer Geschichte des Widerstands. Denn die Bevölkerung des „Viertels“ lässt sich von den Schlägern, Mördern und Geheimpolizisten der Eliten nicht vertreiben, sondern organisiert sich. „Das sind Revolutionäre!“, wie ein Drogendealer mit Schrecken feststellt. Durch dieses Beispiel lernen die „ganz normalen Leute“ des Viertels sich gegen diese Schikanen zu wehren und zu kämpfen.

Der Film „das Viertel“ ist ein beeindruckendes Beispiel für Kino, das die Perspektive der Bevölkerung einnimmt. Es ist allen, die die Möglichkeit haben, sehr angeraten sich den Film anzusehen, der auch ein gutes Beispiel für die Bevölkerung in Österreich liefert.


Nähere Informationen zu Film finden sich unter: www.mahallefilm.com, press@mahallefilm.com


(2) siehe dazu: Dark Alliance: The CIA, the Contras, and the Crack Cocaine Explosion by Gary Webb (1996)

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