Nach der Wiederwahl Van der Bellens versuchen die Monopolmedien 55 Prozent als großen Sieg zu präsentieren. Es waren aber die Reichen und Zufriedenen welche diese Wahl für den amtierenden Präsidenten entschieden haben. Sind die Medien nicht schon genug „Meinungsmacher“, stellten sie auch noch zwei „unabhängige“ Kandidaten auf. Die Großparteien hingegen erstmals in ihrer Geschichte keine. Eine enorm sinkende Wahlbeteiligung zeigt wie wenig die „Protest-Kandidaten“ ihren Zweck erfüllen konnten. Die Wahl zum Bundespräsidenten, ihre Kandidaten und Ergebnisse dokumentieren die Vertiefung der Krise des alten politischen Systems, insbesondere des bürgerlichen Parlamentarismus.
Während für große Teile der Bevölkerung die Teuerungen existenzbedrohend sind, Aufrüstung und mit den EU-Sanktionen der Wirtschaftskrieg vorangetrieben wird, läuft ein millionenschwerer Wahlzirkus sondergleichen. Von sieben Kandidaten positionierten sich bei dieser Wahl gleich sechs als sogenannte Protestkandidaten, die sich in irgendeiner Form gegen das Establishment richten. Alle also, außer dem bereits amtierenden Präsidenten selbst. Fast alle Kandidaten wurden nicht müde zu betonen „unabhängig“ zu sein. Innerhalb der Bevölkerung steigt die Unzufriedenheit und das Misstrauen in die Systemparteien. Die lange Liste der „Unabhängigen“ sollte dem Abhilfe schaffen und scheinbare „Alternativen“ geben.
MFG: einziges Resultat 2,5 Prozent höhere Wahlbeteiligung
Die MFG mit ihrem Kandidaten Brunner zeigte am deutlichsten was der Zweck sogenannter „Protestparteien“, oder „Protestkandidaten“ ist. Mit ihrer Niederlage von 2,5 Prozent ist es nichts als Betrug, wenn hier von „Systemwandel“ oder „Rückeroberung demokratischer Rechte“ gesprochen wird, besonders weil ihre Anfänge in der Bewegung gegen die Covid-Maßnahmen liegen. Wurde die Impflicht zurückgenommen wegen des Widerstandes einer Parlamentsfraktion? Nein! Es waren die Hunderttausenden die auf die Straße gingen und Druck ausgeübt haben. Mit der MFG gibt es nur noch eine weitere Partei, die um einen Sessel in Parlament und Hofburg feilscht. Ihr Wahlantritt brachte als einziges Resultat eine Steigerung der Wahlbeteiligung um 2,5 Prozentpunkte. Innerhalb der Bewegung schürte sie aber Illusionen mit einer Wahl eine Verbesserung für die Bevölkerung zu bringen. Die MFG wurde entzaubert - anstatt des angekündigten „Rebellen“, entpuppt sie sich als konservativ und systemtreu.
Monopolmedien stellen eigene Kandidaten auf.
Als nicht weniger „unabhängig“ traten die zwei Kandidaten Wallentin und Grosz auf. Sie haben niemanden geringeres als die Monopolpresse selbst hinter sich: Krone und Puls24. Dass selbst die Medien „ihre“ Kandidaten ins Rennen schicken zeigt einmal mehr ihre völlige Verschmelzung mit dem Staatsapparat.
Dass es für die Kandidaten quer durch die Bank wichtig war, sich als „unabhängig“ zu positionieren, ist ein weiterer Ausdruck der politischen und moralischen Krise dieses Systems zugleich. Es gibt kaum mehr Vertrauen in die „alten“ Kräfte, es gibt ein großes Misstrauen sowohl in die etablierten Parteien, als auch in „neue“ und „unverbrauchte“ Kandidaten. Denn auch sie predigen, dass man doch nur ein „richtiges“ Kreuzerl machen müsse. Auch der Taschenspielertrick der „unabhängigen“ Kandidaten brachte keine höhere Wahlbeteiligung, im Gegenteil sank diese verglichen mit der vergangenen Bundespräsidentschaftswahl um neun Prozentpunkte. Die „Unabhängigen“, „Rebellen“ oder „Protestkandidaten“ schafften es offensichtlich nicht ihre Rolle gut zu spielen, die Tribüne bliebt halb leer und dieser Zirkus verliert weiter seinen Zauber.
Reiche und Zufriedene retteten die Wahl.
Reich und zufrieden? Dann ist Van der Bellen der Richtige, das zeigten die Wahlanalysen. Hätten alleine jene gewählt, die als wohlhabend gelten, hätte Van der Bellen mit 70 Prozent gewonnen. Zählt man alleine jene die angeben zufrieden zu sein, so hätte Van der Bellen mit 83 Prozent gewonnen. Doch nicht nur für Van der Bellen machte diese soziale Gruppe das Rennen, sie waren es auch, die am meisten zur Wahl liefen. Van der Bellen ursprünglich ein Kandidat der Grünen, gewann seine Stimmen von ÖVP und SPÖ Wählern, an dritter Stelle erst von den Grün-Wählern. Lediglich 74 Prozent (verglichen mit den Nationalratswahlen) der Grün-Wähler stimmten für Van der Bellen. Es zeigt sich, dass die Ablegung der antidemokratischen Covid-Maßnahmen bis weit in die Grüne Wählerschaft hineinreicht.
Bankrott der Großparteien
Mit dieser Wahl stellten erstmals die systemtragenden Großparteien ÖVP und SPÖ keinen eigenen Kandidaten. Unter dem Vorwand, diese Zeiten der Krise würden Stabilität brauchen, versuchen sie die politische Krise in der sie sich befinden zu verschleiern. Doch schon die letzte Wahl zum Bundespräsidenten zeigte ihren Bankrott. Die Kandidaten von ÖVP und SPÖ, Kohl und Hundsdorfer schafften es jeweils lediglich auf rund 10 Prozent. Das zeigt nicht nur das große Misstrauen der Bevölkerung gegenüber den alten Systemparteien, sondern die Vertiefung der politischen Krise dieses alten Systems, besonders des bürgerlichen Parlamentarismus.
Antidemokratische Maßnahmen noch am Wahlabend aufgewärmt.
Auch durch die erste politische Diskussion nach der Wahl wurde die politische Krise der herrschenden reflektiert. Die etablierten Parteien und Monopolmedien stellten sogleich die Möglichkeit in den Raum, die Kandidatur einzuschränken. Van der Bellens Kommentar dazu war keines Falls ablehnend: „das muss man sich anschauen“. Dies ist durchaus keine Frage, etwaige Peinlichkeiten oder „Betriebsunfälle“ rund um die Wahl zu verhindern, es ist schlicht eine Möglichkeit den bürgerlichen Parlamentarismus und Demokratismus abzubauen. Neben diesem Vorstoß trat besonders die Grüne Sigi Maurer hervor, welche noch am Wahlabend in einem Puls 24 Interview die Wiedereinführung der Maskenpflicht forderte. Während am Vorabend der Wahl die Demokratie „hochgelobt“ wurde, werden schon unmittelbar am Abend nach der Wahl antidemokratische Maßnahmen gefordert.
Abkehr vom Parlamentarismus
Die Wahlbeteiligung sank erneut, trotz der vielen Alternativen, welche nach dem Motto „für jeden ist was dabei“ scheinbar eine ganze Bandbreite an Interessen abdecken sollten. Trotz dieser „Bandbreite“ hatten die Nichtwähler den stärksten Zuwachs. Van der Bellens Ergebnis als „Erfolg“ darzustellen, ist schon alleine angesichts der sinkenden Wahlbeteiligung ein Schwindel.
Die Initiative Aktion für demokratische Rechte des Volkes (wir berichteten darüber in unserer Zeitung), verbreitete ein Flugblatt für den Boykott der Wahl, wo unter anderem klargestellt wird, dass es mit Nichtwählen alleine noch nicht getan ist: „Wir wollen unsere Ablehnung der Wahlen zum Ausdruck bringen: mit Boykott, indem wir an diesem Theater nicht teilnehmen. Wir geben unsere Stimme nicht ab, denn wir wissen: Am Weg der Wahlen wird sich keine Lösung für die grundlegenden Probleme finden lassen.“ Auch die Erfahrung zeigt, dass nicht durch eine Wahl, sondern durch den Widerstand und Kampf der Unterdrückten Erfolge erkämpft werden.
Wir sehen eine Situation, wo die herrschenden Eliten immer tiefer in die politische Krise schlittern und es immer schlechter verstehen ihre Hegemonie aufrechtzuerhalten. Gleichzeitig spitzt sich ebenso die ökonomische Krise deutlich zu, welche im Wesentlichen auf die breite Bevölkerung abgewälzt wird. Breite Teile der Bevölkerung haben schon keine Illusionen mehr in den Zirkus der Wahl, gehen nicht mehr wählen, oder stellen sich von vorn herein die Frage, wer wohl das geringere Übel sei. Auch in den zahlreichen Zerstörungsaktionen und Beschmierungen, welche vielerorts in Österreich auftauchten, drückte sich diese tiefe Ablehnung aus. „Faschist“ war unter anderem zu lesen, sowohl bei Van der Bellen, als auch bei Rosenkranz. Die Plakate Van der Bellens wurden zudem mit „Neutralität“, „NATO-Freund“ oder „Kriegstreiber“ beschmiert. Es zeigte sich zudem, im Vergleich zu den letzten Jahren, dass der Zorn auf diesen Zirkus der Wahl ganz und gar nicht nachließ.
In dieser Situation, wo sich die Krise des alten Systems zunehmend manifestiert, ist es die entscheidende Frage den Zusammenschluss der Bevölkerung zu stärken. Wichtige Kämpfe stehen bevor: für Lohnabschlüsse über der Inflationsrate, gegen Betriebsschließungen und Massenkündigungen, gegen Kriegstreiberei, EU-Aufrüstung und NATO-Unterstützung. Diese Kämpfe lassen sich nicht über das Parlament bestreiten, sondern verlangen den festen Zusammenschluss und Organisierens der Arbeiter und anderer unterdrückter Teile der Bevölkerung.
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