Einer langjährigen Forderung der Wirtschaftskammer wurde nun durch die Gewerkschaft GPA nachgegeben: der vierte Adventsonntag wird für den Handel geöffnet. Nun ist es an der Zeit sich an eben solange Versprechungen von Seiten der Gewerkschaft zu erinnern, die Sonntagsöffnung wäre eine rote Linie die nicht überschritten werden würde.
Wie bei so vielem anderen wird auch nun die Corona-Pandemie als Vorwand genützt, „rote Linien“ zu überschreiten und Grenzen zu verschieben. So vehement wie sich die Wirtschaftskammer seit Jahren für die Sonntagsöffnung im Handel einsetzt, so vehement gab sich die Gewerkschaft bisher sich dagegenzustellen. Im November 2020 erschien ein Beitrag auf der Homepage des ÖGB mit dem Titel „Klares Nein zur Sonntagsöffnung“. Relativ zeitgleich ließ auch der vorarlberger ÖGB-Landesvorsitzender Stemmer wissen: „Finger weg vom arbeitsfreien Sonntag als Ruhetag für die eh schon schwer belasteten Beschäftigten im Handel“. Diese Liste an Vertretern des ÖGB die sich in der Vergangenheit klar gegen die Sonntagsöffnung aussprachen könnte man noch lange fortführen. Mit einem großen Schwenk wird diese Öffnung nun von den selben Vertretern als „notwendig“ dargestellt. „Notwendig“ jedoch nicht für die Beschäftigten, die nun am vierten Adventsonntag arbeiten müssen, sondern nur für die Unternehmer, die an so einem starken Einkaufstag die Kasse klingeln hören.
Im Artikel der GPA der über die Sonntagsöffnung am 19. Dezember informiert wird gleich mehrmals betont, dass es „einmalig“ und eine „Ausnahmesituation“ sei und die Gewerkschaft „weiterhin strikt gegen generelle Öffnung des Handels an Sonntagen“ ist. Wie „strikt“ diese Haltung ist, sieht man nun durch diesen Türöffner. Klar ist, dass jede Aufweichung in Richtung Sonntagsöffnung nicht dazu führen wird, dass die Forderung der Öffnung durch die Wirtschaftskammer seltener kommt, sondern im Gegenteil häufiger. Das legt die Vermutung nahe, dass bei einer nächsten „Ausnahmesituation“, beim nächsten „Verlust“ für die Unternehmer diese „einmalige Öffnung“ erneut zum Tragen kommen wird. Es ist kein „notwendiges Übel“ dass hier den Angestellten durch die Gewerkschaft aufgehalst wurde, sondern eine Entscheidung einzig und alleine im Sinne der „Wirtschaft“, des Kapitals.
Nun wurde im Sonderkollektivvertrag für den 19.12.2021 vereinbart, dass „für die Überstunden an diesem Sonntag ein Zuschlag von 100% zu zahlen ist“. Dass ein Sonntag doppelt bezahlt werden muss ist kein Weihnachtsgeschenk, sondern normales Arbeitsrecht in einem Großteil der Betriebe. So etwas als „Entschädigung“ für die Angestellten zu präsentieren, weil sie am 19. Dezember arbeiten müssen, ist eine Verhöhnung der Beschäftigten.
Die ÖGB-Spitzen haben den Arbeitern und Angestellten damit gezeigt: wenn es Kollektivverträge und die Löhne der Arbeiter und Angestellten geht, wird nicht einmal die aktuell sehr hohe Teuerungsrate abgegolten, aber wenn die Unternehmer nur allzu laut schreien kann man auch „jahrelange Prinzipien“ schnell über den Haufen werfen!
Bildquelle: Lugner City Wien by Spock1801, CC BY-SA 4.0
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