Die weltweit zunehmende Repression gegen vor allem demokratische und revolutionäre Kräfte zum Anlass nehmend, möchten wir die historische „Rote Hilfe“, eine Organisation der damaligen Kommunistischen Partei Österreichs (KPÖ), ins Blickfeld rücken und zwei wichtiger Kommunisten in ihr gedenken, die beide in einem Oktober ihr Leben ließen.
– In Gedenken an Malke Schorr und Dr. Egon Schönhof –
Im September vor 100 Jahren gründete sich, als Teil der „Internationalen Roten Hilfe“ (IRH), die „Rote Hilfe Österreich“ (RHÖ). Die IRH war eine internationale Organisation, die durch die Kommunistische Internationale ins Leben gerufen wurde. Die Rote Hilfe war wesentliche Stütze für demokratische und revolutionäre Kräfte, die von Repression betroffen waren. Sie organisierte Rechtsschutz für politisch Gefangene und ihre Familien, Spenden- und Solidaritätskampagnen (auch international) sowie Unterbringungen von politisch Verfolgten. Im Juli 1927 (Schattendorfer Prozesse (1)), als über 1.300 Arbeiter und Arbeiterinnen verhaftet wurden, organisierte die Rote Hilfe Österreich (trotz Verbot durch den Wiener Bürgermeister Karl Seitz (SPÖ)) eine Freilassungskampagne, die von verschiedenen Sektionen der Internationalen Roten Hilfe unterstützt wurde. Viele der verhafteten Arbeiter wurden auf Grund dieser Massenverteidigung freigelassen. Auch in der Illegalität, nach ihrem Verbot am 20. Mai 1933 durch die Austrofaschisten, führte die Rote Hilfe Österreich ihre Arbeit fort. Im Zuge der Verhaftungswelle im Februar 1934 konnte die Rote Hilfe Österreich für 600 Angeklagte Rechtsanwälte stellen. Die Mitglieder in der Roten Hilfe waren zu großen Teilen Frauen, und die Rote Hilfe erwies sich als eine eine wichtige Organisation für deren Politisierung. Zudem war die Rote Hilfe Österreich eine der größten Massenorganisationen der Kommunistischen Partei Österreichs.
Die Internationale Rote Hilfe
An der Leitungsspitze der Roten Hilfe Österreich stand das Zentralkomiteemitglied der KPÖ Malke Schorr. Unermüdlich leitete und organisierte sie die Rote Hilfe Österreich als Abteilung der KPÖ. Ihr Arbeitsschwerpunkt lautete: „Organisation der Solidaritätsarbeit mit den politisch Verfolgten“. Malke Schorr wurde 1885 in Lipsko (heutiges Polen) geboren, wurde Textilarbeiterin und organisierte im Jännerstreik 1918 verdeckte Spendenaktionen für die Gefangenen der Klassenjustiz. In einem Porträt wurde Malke Schorr folgendermaßen beschrieben: „Eine Frau, unermüdlich tätig in ihrem Zweizimmersekretariat am Neubau. Hin- und hergerissen zwischen Manuskriptblättern, unzähligen Telefonaten und den Besuchen jener meist mageren Gestalten, die dem weißen Terror eben erst entronnen waren.“ Malke Schorr verstarb am 15. Oktober 1961 in Wien.
Malke Schorr
Ein wichtiger Rechtsanwalt in der Roten Hilfe war der Kommunist Dr. Egon Schönhof. In russischer Kriegsgefangenschaft von der Oktoberrevolution inspiriert, kehrte er nach Österreich als Kommunist zurück und wurde in der KPÖ aktiv. Besonders war er in die Arbeit der Roten Hilfe involviert und verteidigte viele Arbeiter, sowie auch Johann Koplenig, Vorsitzender der KPÖ, der nach seiner Rede für die Opfer des 27. Juli 1927 am Wiener Zentralfriedhof verhaftet und angeklagt wurde. Nicht nur als aktiver vertretender Anwalt spielte Dr. Egon Schönhof eine wesentliche Rolle in der Roten Hilfe Österreich, sondern leistete auch wichtig Beiträge mit dem Ratgeber „Wie verhält sich ein Proletarier vor Gericht“ , zudem arbeitete er bei der Verfassung des „Rotbuch gegen Schobers Weißbuch“ mit.
Dr. Egon Schönhof war auch eine wichtige Lehrkraft der marxistischen Schulung und wurde Vorstand und Vortragender des Vereins der Marxistischen Arbeiterschule (MASCH – sie wurde, wie alle wesentlichen kommunistischen Institutionen und Organisationen, im Oktober 1933 verboten). In seiner Biografie wird er folgendermaßen beschrieben: „Vor Gericht kamen Schönhof seine umfassende Gesetzeskenntnis sowie seine Klarheit des Verstandes und der Formulierung in höchstem Maße zustatten. Nicht selten gestanden Richter und Staatsanwälte, selbst wenn sie gegen ihn voreingenommen waren, dass sie ganz im Banne der Argumentation des hoch gewachsenen schlanken Mannes mit dem scharf profilierten Antlitz standen.“ Weiters heißt es dort: „Was immer Gegenstand der Diskussion war – stets war der Kernpunkt die Wahrheitsliebe Schönhofs. Nie gab er sich mit noch so schönen Worten zufrieden, sondern er forderte unbedingte Klarheit über die wahren Verhältnisse. Ungeduldig war er mit Menschen, deren Worte und Taten einander nicht entsprachen.“
Im Zuge der Februarkämpfe 1934 wurde Dr. Egon Schönhof vorbeugend für zwei Jahre festgenommen, danach unter Polizeikontrolle gestellt. Nach dem Einmarsch der Nationalsozialisten und der Okkupation Österreichs wurde er ins Wiener Landesgericht verbracht, danach ins KZ Dachau und im September 1938 ins KZ Buchenwald, danach ins KZ Auschwitz. Zwei Wochen nach seiner Überstellung in das KZ Auschwitz wurde er am 19. Oktober 1942 mit einer Benzininjektion von der SS ermordet.
Dr. Egon Schönhof
Malke Schorr und Dr. Egon Schönhof verteidigten und unterstützten mit ihrem Wirken die gerechtfertigten Anliegen und Interessen der Volksmassen, indem sie die von Repression Gebeutelten und deren Familien unterstützten. Nicht nur im Anlassfall, sondern vorweg klärten sie auf und initiierten einen breiten Zusammenschluss zur Verteidigung dieser Anliegen und Interessen. Auch heute sehen wir, dass die Anliegen und Interessen der Unterdrückten und Ausgebeuteten unterstützt und verteidigt werden müssen. Die von unseren Vorkämpfern erkämpften demokratischen Rechte werden beschnitten und sukzessive abgebaut. Mit zunehmender Repression und verschiedenen Einschüchterungsmethoden wird versucht, demokratische Rechte wie Versammlungsfreiheit und Meinungsäußerungsfreiheit einzuschränken. Sie müssen verteidigt werden! Die Notwendigkeit der Wahrung und Verteidigung der demokratischen Rechte erfordert einen Zusammenschluss und die Solidarität im Volk. Dafür sind Schorr und Schönhof auch heute wichtige Vorbilder!
(1) Schattendorfer Prozesse: Faschisten, welche bei einer Arbeiterdemonstration zwei Arbeiter ermodeten, wurden freigesprochen.
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