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Obdachlosigkeit steigt enorm: ein Drittel ist unter 30.



Seit 2017 stieg die Zahl der obdachlosen Menschen in Österreich um mehr als siebzehn Prozent. Gab es im Jahr 2017 noch 17.000 Obdachlose, waren es im Jahr 2022 bereits 20.000, die kein Dach über dem Kopf haben. Etwa 60 Prozent davon leben in Wien. Ein Drittel der Betroffenen ist unter 30 Jahre.



Diese Zahlen ergeben sich aus den offiziellen Statistiken – die Dunkelziffer dürfte jedoch um ein Vielfaches höher, denn bei vielen ist Wohnungslosigkeit „unsichtbar“ und werden statistisch nicht erfasst, da sie nicht als obdachlos registriert sind. Obdachlosenverbände kritisieren schon sehr lange, dass die Statistik nicht die reale Situation abbildet und fordern bessere Erhebungsmethoden. Tausende leben „verdeckt obdachlos“, weil sie bei Freunden oder Bekannten vorübergehend unterkommen können. Vor allem Frauen, junge Erwachsene oder Familien mit Kindern sind überwiegend „verdeckt obdachlos“. Europaweit schlafen rund 700.000 Menschen jede Nacht auf der Straße.


Steigende Mieten und stagnierendes Einkommen als Hauptursache für Obdachlosigkeit

Es gibt verschiedene Ursachen, die zur Obdachlosigkeit führen können – meist ist es mehr als nur ein Grund, der in die Obdachlosigkeit führt. Persönliche Schicksalsschläge wie Trennung, Scheidung oder Krankheit, Mietschulden und Delogierung, Arbeitslosigkeit, Flucht vor Gewalt oder Missbrauch, Flucht vor ständigen Konflikten mit den Eltern oder anderen Familienmitgliedern usw... Diese „persönlichen Gründe“ haben jedoch eine Systematik: Durch den Anstieg von Armut, den Mangel an leistbarem Wohnraum und enorm gestiegenen Lebenshaltungskosten sind Familien mit niedrigem Einkommen, Alleinerziehende, Familien mit mehreren Kindern, sowie junge Menschen besonders gefährdet in die Wohnungslosigkeit zu geraten. Die Sozialwissenschaftlerin Elisabeth Hammer sieht vor allem in der Kombination der steigenden Wohnkosten und stagnierendem Einkommen den Hauptgrund. Armutsgefährdete müssen einen sehr hohen Anteil ihres Einkommens für Wohnen aufwenden, jedoch wird leistbarer Wohnraum immer mehr zur Mangelware. Viele Betroffene hätten nie gedacht, dass es ihnen einmal passiert obdachlos zu werden.


Unterstützungsangebote zielen oft an den Bedürfnissen der Betroffenen vorbei

Obwohl etliche Vereine und Verbände Hilfe und Unterstützung anbieten, verschwindet die Obdachlosigkeit nicht, sondern steigt sogar von Jahr zu Jahr an. Denn Kältebus, Wärmestuben und Notunterkünfte lösen nicht die Ursachen von Obdachlosigkeit. Zudem sind viele Angebote an Bedingungen geknüpft, die nicht für die Bedürfnisse der Betroffenen geeignet sind. Obdachlosigkeit bedeute für die Betroffenen nicht nur „kein Dach über dem Kopf“ zu haben, sie leiden auch an fehlender medizinischer Betreuung, keine oder mangelnde Waschgelegenheiten, sie leiden an Verelendung und Verwahrlosung, Vereinsamung und Verzweiflung, Unterernährung und mangelnder körperlicher Erholung. Im Winter droht die Gefahr von Tod durch Erfrieren. Zunehmend steigt auch das Risiko, Opfer von gewalttätigen Übergriffen zu werden. Laut einer englischen Studie (Homelessness: A Silent Killer (1)) haben Obdachlose eine um dreißig Jahre geringere Lebenserwartung.


Gerade die letzten Jahre der explodierenden Teuerungen zeigen sehr deutlich, dass Kältebus, Wärmestube und Notunterkünfte die unmittelbaren Leiden der Obdachlosen zwar kurzfristig lindern können, aber eine Lösung der Obdachlosigkeit in der Gesellschaft bringen diese Maßnahmen nicht. Der moderne Kapitalismus produziert in steigendem Maße Armut und Verelendung. Erste unmittelbare Forderungen im Kampf zur Verbesserung der Lage des Volkes, müssen niedrigere Mietpreise, mehr verfügbaren Wohnraum und Lohnerhöhungen sein.





Quellen: (1) theguardian.com, orf.at

Bildquelle: Nick Fewings auf Unsplash

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