In Oberösterreich wurde einem 70-jährigen Ehepaar die Sozialhilfe gestrichen. Dieser Ablehnung liegt das von ÖVP und FPÖ erarbeitete und beschlossene oberösterreichische Sozialhilfe-Ausführungsgesetz zu Grunde. Ein Härtefall - einer von vielen seit der Einführung der neuen Sozialhilfe.
Mit 01.06.2019 löste die neue Sozialhilfe die bis dahin bestehende Bedarfsorientierte Mindestsicherung ab. Daraufhin ging die Zahl der Sozialhilfeempfänger im Jahr 2020 in Oberösterreich drastisch, um unfassbare minus 9,5 Prozent zurück, wobei der österreichweite Durchschnitt bei minus 2,8 Prozent liegt. Diese Tatsache bezeugt jedoch keinen gesunkenen Bedarf, sondern zeigt sehr deutlich die Mängel, die bereits vor der Einführung der neuen Sozialhilfe von diversen Organisationen und Personen aufs schärfste kritisiert und deren Folgen aufgezeigt wurden. Auf einen für Betroffene nicht unwesentlichen Faktor wurde beim Sozialhilfe-Grundgesetz verzichtet: Armut zu verhindern! Im Gegensatz zur Bedarfsorientierten Mindestsicherung, bei der, wie der Name schon sagt, ein Anspruch auf einen gewissen Mindestbetrag bestand, gibt es bei der Sozialhilfe eine Obergrenze. Diese liegt bei 978,- € für einen Ein-Personen-Haushalt (1.369,- € bei einem Zwei-Personen-Haushalt), die Armutsgefährdungsschwelle liegt derzeit bei 1.328,- € pro Person. Zudem wird nun die Wohnbeihilfe als „Einkommen“ hinzugerechnet. Wer also Wohnbeihilfe erhält, dem wird die Sozialhilfe um diesen Betrag gekürzt. Sehr bedenklich ist die Staffelung des Bezugs für Kinder. Je mehr Kinder in einer Familie leben, desto geringer wird der Betrag pro Kind: bei einem Kind 25 Prozent, bei zwei Kindern 20 Prozent pro Kind, bei drei Kindern 15 Prozent pro Kind und ab vier Kindern je 12 Prozent pro Kind. Ein Faktor der Kinderarmut fördert und nicht verhindert.
Bei Menschen mit Behinderungen sieht es nicht besser aus. Ein Großteil dieser Bevölkerungsgruppe arbeitet in sogenannten „Tagesstrukturen“ und erhält für die geleistete Arbeit ohnehin nur ein Taschengeld, welches nun von der Sozialhilfe abgezogen wird. Ein Bonus für den erhöhten Aufwand in Höhe von 18 Prozent des Ausgleichszulagenrichtsatzes ist gegeben (bei mind. 50 Prozentiger Minderung der Erwerbsfähigkeit), jedoch fällt dieser gleich wieder weg, wenn z.B. eine persönliche Assistenz in Anspruch genommen oder betreutes Wohnen benötigt wird, denn dies wird als „Sachbezug“ betrachtet. Auch für die Gruppe der Wohnungslosen ist der Zugang zur Sozialhilfe erschwert. Eine Anspruchsvoraussetzung ist ein Hauptwohnsitz und tatsächlicher Aufenthalt in Oberösterreich, was vor allem für Wohnungslose eine große Hürde darstellt, da auch der Ersatz die §19a-Meldegesetzbestätigung durch eine betreuende Institution einen laufenden Kontakt erfordert. Die Wohnsituation ist eine weitere Hürde bei der neuen Sozialhilfe. Lebt man in einer Wohngemeinschaft, wird das Haushaltseinkommen als Einkommensgrundlage herangezogen. Als Wohngemeinschaft werden jedoch auch Frauenhäuser oder Obdachlosenunterkünfte betrachtet, und die Höhe der Sozialhilfe wird für die Betroffenen gekürzt. Ein weiterer Kritikpunkt der neuen Sozialhilfe ist jener, dass keine Pensionszeiten angerechnet werden.
Von einer “sozialen Absicherung” kann mit dieser neuen Sozialhilfe keine Rede sein. Sie ist vielmehr Teil eines politischen Programms der Herrschenden, um den Sozialabbau voranzutreiben. Einer seit Jahren steigenden Arbeitslosigkeit und vor allem höheren Langzeitarbeitslosigkeit wird mit Verschlechterungen und Kürzungen begegnet. Vor allem die Langzeitarbeitslosen, oder andere Teile der Bevölkerung, die nicht unmittelbar in den Produktionsprozess verwertet werden können, werden drangsaliert und der Armut überlassen. Bei hoher Arbeitslosigkeit braucht sie das Kapital nicht, weshalb bspw. statt Untergrenzen Obergrenzen eingeführt werden. Die Einsparungen und Kürzungen der letzten Jahre im Bereich „Soziales“ zeigen ihre erschreckenden Auswirkungen. Es liegt an uns dagegenzuhalten, schließen wir uns zusammen und wehren wir uns gegen diese Politik des Sozialabbaus.
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